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Analyse
Untersuchung von Form und Struktur eines Musikstückes. Die A. (griech. = Auflösung, Zergliederung, Erklärung, Deutung) dient der Vermittlung sinntragender Zusammenhänge innerhalb eines Werkes oder einer Gruppe von Werken (auch verschiedener Komponisten) nach mehreren möglichen, jeweils wieder unterschiedlichen methodischen Ansätzen: satztechnische A. aufgrund von Strukturelementen und formalen Zusammenhängen, psychologische A. von Spannungsabläufen („Musik zwischen den Tönen“), Ausdrucks- bzw. Inhalts-A. (Tonartencharakteristik, Hermeneutik etc.). Die eigentliche A. entwickelte sich nach ersten Untersuchungen in Mittelalter und früher Neuzeit (Tinctoris, Glarean, Joachim Burmeister) im 19. Jh. aus den Bedürfnissen der Musikgeschichtsschreibung, der Musikkritik und der Unterweisung von Studierenden sowie Publikum, führte zu sog. Konzertführern (1886ff.) des der damaligen Hermeneutik verpflichteten Hermann Kretzschmar, den „formal-technischen A.n“ Hugo Riemanns und dem auf zahlenmäßigen Proportionen ausgerichteten Noten-Abzählverfahren Wilhelm Werkers. Als spätere Vertreter der Inhalts-A. sind u. a. Arnold Schering und C. Floros zu nennen. Im Dienste einer musikhistorischen Stilistik stand die A. u. a. bei G. Adler, E. Kurth, Ernst Bücken. Neuere Ansätze auf dem Gebiet der musikalischen A. basieren auf nonverbalen Methoden, Akkord- und Tongruppenaufschlüsselungen, aus Literaturwissenschaft sowie Linguistik und Semiotik übernommenen Theorien, werden z. T. durch graphische Darstellungen veranschaulicht und gehen bis zu Versuchen, die den Einsatz der Computertechnik forcieren.Auch in Österreich hatte Ende des 19. Jh.s die intensive Diskussion zwischen Form- und Inhaltsästhetikern (u. a. E. Hanslick gegen die Anhänger der Neudeutschen Schule) Auswirkungen auf analytische Darstellungen, die in immer stärkerem Ausmaß Eingang auch in Konzerteinführungen, symphonische Programme und Musikkritiken fanden. Eigene Wege ging H. Schenker mit seiner Schichtenlehre. Besondere Zustimmung, aber auch Kritik fand Schenkers Methode in Amerika. Von den Schriften A. Schönbergs, Alban Bergs und A. Weberns fanden wichtige Themen und Begriffe Eingang in die musikanalytischen Auseinandersetzungen.
Literatur
MGG 1 (1994) u. 1 (1949–51); NGroveD 1 (2001).

Autor*innen
Uwe Harten
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Uwe Harten, Art. „Analyse‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f6dc
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