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Anday, Anday, true Rosette (eig. Piroska, gesch. Ketschendorf, verh. Bünsdorf)
* 1899-12-2222.12.1899 [nicht 1903] Budapest, † 1977-09-1818. [nicht 28.] 9.1977 Wien. Sängerin (Alt, Mezzosopran). Tochter des jüdischen Börseagenten Lajos (Ludwig) Andauer (* 17.7.1870 Mischkolz/Ungarn [Miskolc/H], † 1.4.1900 Budapest [Freitod]) und von dessen Ehefrau Ella, geb. Holländer (* 8.8.1877 Budapest, † 8.9.1942 Budapest). Ab 1915/16 studierte sie zunächst Violine bei Julius Mambriny und J. Hubay an der MHsch. Budapest, später Gesang bei Georg Anthes. Nach der Matura soll sie auch ein Philologie-Studium begonnen haben. Darüber hinaus nahm A. privaten Gesangsunterricht bei M. Gutheil-Schoder, Mme. Charles Cahier, M. Brossement und Gino Tessari. Im Dezember 1919 trat sie in ihrer Heimatstadt erstmals als Sängerin an die Öffentlichkeit. Nach dem Studienabschluss wurde sie 1920 am Budapester Nationaltheater nach einem Gastauftritt als Dalila in Camille Saint-Saëns’ Oper Samson et Dalila engagiert. Von hier engagierte sie F. Schalk direkt an die Wiener Staatsoper, wo sie am 1.9.1921 ohne übliches vorhergehendes Gastspiel einen Sechsjahresvertrag erhielt. Am 14.9. debütierte A. als Dritter Knabe in W. A. Mozarts Die Zauberflöte, am 23.9. folgte ihr Hauptrollendebüt als Carmen. Zu A.s umfangreichem Repertoire, das sie im Lauf der Jahre erwarb, zählten lyrische und dramatische Partien wie Cherubino, Dorabella, Amneris, Azucena, Orpheus, Dalila, Brangäne und Klytämnestra. In P. Mascagnis Freund Fritz spielte sie im Jänner 1925 in der Rolle des Beppo auch das Violinsolo selbst. Ab 1922 zahlreiche Auftritte bei den Salzburger Festspielen, später auch bei den Seefestspielen Mörbisch sowie an ausländischen Opernhäusern (u. a. Paris, London, Buenos Aires, Amsterdam, Mailand, München, Berlin, Prag). Darüber hinaus machte sie sich auch einen Namen als Oratorien- und Liedersängerin, trat u. a. regelmäßig mit den Wiener Philharmonikern und den Wiener Symphonikern auf und setzte sich besonders für das Werk G. Mahlers ein. Man bescheinigte ihr eine „ganz spezielle Eignung für den Vortrag Mahlerscher Musik, für den sie Sensitivität und feine Nervenreaktion, Visionäres und ‚der Welt abhanden Gekommenes‘ in einem Umfange mitbringt, wie vielleicht heute keine zweite Sängerin“ (Hamburger Fremdenbl. 4.11.1930, 3). 1923 sang sie Mahlers Lied von der Erde zunächst in Wien und später bei den EA.en in Paris (1929 unter Oskar Fried) und London (1930 unter → B. Walter). Ab 1924 nahm sie auch mehrere Schallplatten auf. Bei A.s erstem Auftritt auf Radio Wien am 15.1.1925 interpretierte sie u. a. Mahlers Lieder eines fahrenden Gesellen, wenig später sang sie im Rahmen eines Dr. Wilhelm-Kienzl-Abends mehrere von dessen Liedern. Auch Lieder anderer zeitgenössischer Komponisten wie J. Hubay, R. Strauss, H. Pfitzner und E. W. Korngold, der auch als ihr Klavierbegleiter auftrat, hatte sie im Repertoire. Erfolgreiche Gastspiele bzw. Konzerttourneen führten sie u. a. nach Südamerika und Afrika. Im Winter 1930 unternahm A. eine mehrwöchige gefeierte Tournee durch Deutschland, Belgien, Spanien und die Schweiz. Während einer dreimonatigen USA-Tournee heiratete sie am 15.2.1932 in New York den jüdischen Adeligen Egon Ernst Martin Richard Hermann Freiherr Mayer von Ketschendorf (* 22.3.1892 Ketschendorf [heute Coburg/D], † ?, Scheidung 1933). Im Sommer 1933 sprang sie kurzfristig – nach einer Rippenfellentzündung noch rekonvaleszent – bei den Salzburger Festspielen als Orpheus in Ch. W. Glucks Orpheus und Eurydike ein und erhielt dafür ein Dankschreiben von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wehrte sie sich mit Hilfe ihres zweiten Ehemanns (Heirat am 10.6.1937 in Wien), des Rechtsanwalts Karl Bünsdorf (* 15.1.1898 Wien, † 15.6.1986 Baden [begr. Wien]), der angeblich illegales Mitglied der NSDAP gewesen war, lange gegen die drohende Entlassung aufgrund ihrer jüdischen Abstammung (um 1920 war sie zum evangelischen Glauben A. B. übergetreten). U. a. versicherte der zweite Ehemann ihrer Mutter, der Richter László (Ladislaus) Albert Maria Battha de Vatta (* 10.5.1877 Szabadka/Ungarn [Subotica/SRB], † 18.2.1942 Budapest), den diese am 15.9.1938 geheiratet hatte, eidesstattlich, ihr biologischer Vater gewesen zu sein. Im Mai 1939 wirkte A. noch in Wien bei einer Benefizveranstaltung des Roten Kreuzes mit und gastierte im Herbst des Jahres in München. Letztendlich kündigte die Staatsoper sie jedoch aufgrund ihrer jüdischen Herkunft per 31.1.1940. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte A. dorthin zurück (Pensionierung 1961). Am 6.8.1947 kreierte sie bei der UA von G. v. Einems Oper Dantons Tod bei den Salzburger Festspielen die Frau des Simon. 1948 gab sie noch ein Gastspiel an der Mailänder Scala, 1949 in den Niederlanden. Danach trat A. noch an der Volksoper Wien auf. A. lebte in Wien IV und in ihrer Villa in Pressbaum/NÖ und unterstützte den Verein Künstler helfen Künstlern.
Gedenkstätten
Ehrengrab Wr. Zentralfriedhof (s. Abb.); R.-A.-Straße (Pressbaum); A.weg (Wien XIV); Stolperstein in Salzburg vor dem Haus für Mozart (seit 17.8.2020).
Ehrungen
Kammersängerin 1932; Goldenes Ehrenzeichen der Republik Österreich 1933; Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper 1961; Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold 1963.
Literatur
K-R 2003; M. Stoy, Die Wr. Staatsoper. 1938–1945, 1 (2017); MGG 1 (1999); NGroveDO 1 (1992); Czeike 1 (1992); Teichl 1951; Kürschner 1954; Müller-Asow 1929; F. Planer (Hg.), Jb. der Wr. Gesellschaft (1928); A. Láng/O. Láng, Chronik der Wiener Staatsoper 1869–2009, 2. Teil: Künstlerverzeichnis 2009; [Kat.] 100 Jahre Wr. Oper 1969; F. K. Prieberg, Hb. Dt. Musiker 22009, 171; St. Stompor, Künstler im Exil 1994; ÖMZ 16 (1961), 548, 32 (1977), 521; Wr. Sonn- und Montags-Ztg. 15.12.1930, 6; Die Stunde 18.10.1933, 6; NFP 21.2.1932, 9; Wr. Allgemeine Ztg. 15.10.1933, 5f; Neues Österreich 3.5.1945, 3; Der Morgen 15.3.1933, 6; Neues Wr. Journal 30.5.1924, 4, 16.2.1932, 5; Neues Wr. Tagbl. 20.5.1939, 9, 6.10.1939, 7; Österr. Apotheker-Ztg. 21.12.1963, 762; Burgenländische Freiheit 23./24.8.1958, 6; Radio Wien 11.1.1925, 6, 25.1.1925, 11f; Pester Lloyd 4.4.1900, 6, 27.4.1920, 4; Neues Wr. Abendbl. 4.4.1900, 2; Die Bühne 278 (1930), 8f; K[arl] L[ustig]-P[rean], Das Leben der Kammersängerin R. A. Piroskas Fahrt ins Glück, mschr. Ms.ÖNB, Hs.Slg. SN. 20539; ÖStA, AdR 02, Gaupersonalakten Anday-Bündsdorf Rosette und Karl; OeStA, HHStA HA Oper SR 57-7; Zivilstandsregister Ungarn, Zivilstandsbezirk Budapest VI., Geburten 1899, fol. 219; Trauungsbuch der Reformierten Stadtkirche (Wien I) 1937–38, fol. 23; www.lexm.uni-hamburg.de (6/2023); https://legatomusic.ru (6/2023); www.stolpersteine-salzburg.at (6/2023); https://archiv.wiener-staatsoper.at/ (6/2023); www.wienerphilharmoniker.at (6/2023); https://konzerthaus.at/datenbanksuche (6/2023); https://archive.salzburgerfestspiele.at (6/2023); www.myheritage.at [E. Hollaender] (6/2023).

Autor*innen
Monika Kornberger
Letzte inhaltliche Änderung
4.3.2024
Empfohlene Zitierweise
Monika Kornberger, Art. „Anday, Rosette (eig. Piroska, gesch. Ketschendorf, verh. Bünsdorf)‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 4.3.2024, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f6df
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Die Stunde 18.10.1933, 6© ANNO/ÖNB
Tonfilm Theater Tanz 4/11 (1936), 4
Grab am Wiener Zentralfriedhof (Wien XI)© 2021 Monika Kornberger
© 2021 Monika Kornberger

DOI
10.1553/0x0001f6df
GND
Anday, Rosette (eig. Piroska, gesch. Ketschendorf, verh. Bünsdorf): 116303492
OBV
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