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Ball
Tanzveranstaltung. Das Wort B. (von ital. ballo = Tanz) rückte zu Beginn des 17. Jh.s in den Gesichtskreis der deutschen Sprache und löste hiebei den bislang für höfische Festlichkeiten verwendeten Begriff Dantz (Georg Rüxner 1532) ab. Als erster Lexikograph gebrauchte Kaspar Stieler 1691 das Wort B. im Sinne von Ballett und wies zugleich noch auf die überlieferte Verbindung von Tanz und Ballspiel hin. Im Teutsch-Lateinischen Wörter=Buch von Johann Leonhard Frisch 1741 wird B. schließlich als „öffentliche Lustbarkeit mit Tanzen“ definiert. Eine Voraussetzung für die Entwicklung der gesamten B.kultur stellte der Berufsstand der Tanzmeister dar, die bei Bällen eine Vielzahl von Funktionen zu erfüllen hatten.

In der Tanzliteratur des 18. Jh.s wurden in der Folge verschiedene Kriterien festgelegt, die einen B. vom allgemeinen Tanz abheben. Ein erstes Erfordernis stellte hiebei die entsprechende Lokalität dar, die bestimmten choreographischen Erfordernissen zu genügen hatte (Gennaro Magri 1779, Johann Pasch 1707, Kellom Tomlinson 1735). Ab der Mitte des 18. Jh.s entwickelte sich in Wien eine spezifische Tanzkultur mit dem B.saal als gesellschaftlichem Zentrum (z. B. Mehlgrube, Mondscheinhaus, Neue Welt, Apollosaal, Dommayersches Kasino, Elysium, Sophiensaal). Auch in Salzburg (Tanzmeisterhaus am Hannibal-Platz), in Klagenfurt (Landhaus) und in Innsbruck (Palais Ferrari) entstanden spezielle B.säle. Eine Besonderheit unter den Tanzstätten des 18. Jh.s nahmen im österreichischen Raum die sog. Redoutensäle ein, die den einzigen offiziell erlaubten Ort für öffentliche Maskenbälle (Redouten) darstellten (Wien 1752, Innsbruck und Linz 1773, Salzburg 1775).

Bälle, die stets soziale und gesellschaftspolitische Strukturen widerspiegeln, wurden durch allgemeine behördliche und kirchliche Erlässe sowie durch spezielle B.ordnungen strikt reglementiert. Die Reihenfolge der Tänze musste in gedruckten Tanzordnungen festgehalten und den Besuchern in Tanzkarten ausgehändigt werden. In den 1830er Jahren verselbständigten sich diese Tanzkarten speziell in Österreich zur kunstgewerblich ausgestalteten Damenspende (erste bekannte in Wien bei einem Juristenball am 15.1.1834).

Im 18. und 19. Jh. sind diverse B.arten zu nennen (Hofbälle, Maskenbälle, Hausbälle, Tanzmeisterbälle etc.), wobei Ablauf, Zeremoniell, Tänze und Choreographien der Hofbälle vorbildgebend für andere B.arten waren. Am Wiener Hof wurde im 18. Jh. neben Menuetten und englischen Tänzen auch „Deutsch getanzt“ (Johann Khevenhüller/Joseph Metsch 1745). Für den Gebrauch französischer Kontertänze (Country Dance) findet sich in der Wiener Tanzliteratur zwar nur eine handschriftliche Quelle (Wiener Kontertanzhandschrift, ÖNB, Musiksammlung, SM 1824), ihr Vorkommen bei höfischen Maskenbällen ist jedoch belegt (Khevenhüller/Metsch 1756). Speziell im 19. Jh. fanden politisch relevante Ereignisse, wie z. B. der Wiener Kongress, in den für Hofbälle verfassten Tänzen ihren Niederschlag (Graf August De la Garde 1815). Öffentliche Redouten wiesen von allen B.arten die geringste Abwechslung im Tanzrepertoire auf und bestanden in der zweiten Hälfte des 18. Jh.s ausschließlich aus Menuetten, englischen und deutschen Tänzen, die z. B. für den Großen und Kleinen Redoutensaal in Wien jeweils eigens verfasst wurden. Die stereotype Tanzabfolge ist aus den Redouten-Ordnungen ersichtlich (z. B. Linz 1772, Wien 1794, Innsbruck 1816 und 1822), die keine Unterschiede erkennen lassen. Französische Kontertänze werden in den Tanzordnungen der Redouten zwar nicht erwähnt, doch lässt sich ihr Vorkommen – wie auch bei den Wiener Hofbällen – aus anderen Quellen nachweisen. Allgemeine Popularität erlangte die Quadrille in Wien erst in den 1820er Jahren.

Hausbälle des Adels sind im süddeutsch-österreichischen Raum seit Beginn des 18. Jh.s nachweisbar, ihre allgemeine Verbreitung auch in bürgerlichen Kreisen setzte jedoch erst ab ca. 1750 ein. Wie im gesamten deutschsprachigen Raum erweisen sich auch in Österreich Hausbälle sowohl als Wegbereiter wie als Bewahrer von Tanzformen, die in der Öffentlichkeit noch keine bzw. keine Bedeutung mehr hatten (z. B. Aufnahme des Ländlers oder Steyrischen in die Hausbälle Ende des 18. Jh.s, Anton Pichler 1801). Als weitere für Wien typische B.form seien die ab 1728 veranstalteten Kinderbälle (Johann Basilius Küchelbecker 1732, Pichler 1801, Franz Pietznigg 1832), für die speziell im 19. Jh. eigene Tanzsammlungen angelegt wurden (u. a. von J. Strauß Vater, C. Haslinger, J. Lanner und Mechetti) sowie die Opernbälle erwähnt, deren Veranstaltung 1877 als Opernsoirée begann und 1935 mit dem erstmals als „Wiener Opernball“ benannten Ereignis zu weltweiter Nachahmung inspirierte. Von den B.formen haben u. a. der Opernball, der Philharmoniker-B. und der Concordia-B. ihre Tradition bis in die Gegenwart bewahrt.


Literatur
O. E. Deutsch in MozartJb 1957/58; M. Fink, Der B. 1996; R. Witzmann, Der Ländler in Wien 1976.

Autor*innen
Monika Fink
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Monika Fink, Art. „Ball‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f7c2
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