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Bergmannslied, Bergmusik
Spielt in der Bergbaukultur eine wesentliche Rolle und erfüllte für den Bergmann von Anfang an wichtige Funktionen (psychische Kompensation, motorische Koordination, Repräsentanz, religiöse Erbauung, Unterhaltung u. a.). Zu den frühesten Musikpraktiken zählt der Tanz (Reigen), für den im österreichischen Raum der früheste Beleg aus St. Oswald bei Zeiring/St stammt (1511); im Weiteren gehören die Schwert(Reif)-Tänze aus Innsbruck und Hüttenberg zu dieser Tradition. Aus der frühen Neuzeit stammen sog. Bergreime (Eisenerz/St, Gastein/Sb, Röhrerbühel bei Kitzbühel/T, Schwaz in Tirol, Vordernberg/St), die Lobsprüche auf die betreffenden Bergbaugebiete darstellen. Die Melodien entziehen sich größtenteils unserer Kenntnis, da sie im Kontrafakturverfahren auf heute verschollene Weisen gesungen wurden bzw. in späterer Zeit neue Melodien erhielten.

Das reichhaltige Gesangsrepertoire enthält neben lokal begrenzten auch viele Lieder aus entfernten Bergbaugebieten, die z. T. – wie in der mündlichen Tradierung üblich – melodische Änderungen und/oder textliche Anpassungen erfahren haben (z. B. wurde das berühmte Tarnowitzer Fahrtenlied in Eisenerz mit der abgeänderten Anfangszeile „Schon wieder tönt vom Turme her“ auf den Schichtturm bezogen). Als steirische Knappenlieder gelten Wann i die Ständ der Welt betracht und Es gräbt der Bergmann in den Schacht; eines der bekanntesten Tiroler Lieder ist Der Bergmann im schwarzen Gewande; aus Kärnten hat sich u. a. Die Knappen sein brave Leut erhalten; die Anfangszeile „Gfreits mi im Schneeberg nimmer“ bezieht sich auf den historisch bedeutsamen Silber-Abbau bei Sterzing/Südtirol. Interessante Einblicke in das Gesangsrepertoire einer Gewerkenfamilie des 18. Jh.s gibt das handschriftliche Liederbuch der C. J. v. Sulzberg, das inmitten allgemeiner Unterhaltungskunst das Thema Bergbau distanziert als Mode widerspiegelt. Neben der vokalen Musikpraxis ist die Instrumentalmusik zu erwähnen, in der zuweilen bergmännisch bezogene Stücke vorkommen (z. B. die Polka française Glück auf aus Ridnaun/Südtirol). Ikonographisch fassbar ist eine alte „Bergmusik“ in der Weihnachtskrippe von Rinn bei Innsbruck.

Einen wichtigen Beitrag zur Repräsentanz der Bergbaukultur in der Öffentlichkeit leisteten die vielen Knappenkapellen, die bei Festen und Umzügen mitwirkten und heute oftmals zu den letzten Traditionsträgern eines vormals wichtigen Bergbaugebietes geworden sind (Blasorchester). Das Spielrepertoire ist aufgrund dieser Situation mit jenem der örtlichen Blasmusikkapellen weitgehend identisch. In jüngerer Zeit erfolgten immer wieder Versuche, das bergmännische Brauchtum wiederzubeleben (z. B. öffentlichen Mettenschichten in Leoben oder Eisenerz), aber auch Neukompositionen zu schaffen (z. B. Donawitzer Hüttenlied von Karl Heinrich v. Tinti, Bleiberger Knappenmesse von Erwin Lackner, Eisenerzer Festprolog von Ernest Majo). Um die Herausgabe älterer Lieder hat sich besonders Franz Kirnbauer verdient gemacht (siehe die Veröffentlichungen in der Reihe Leobener Grüne Hefte), V. Zack aus Vordernberg zählt zu den wichtigen Sammlern.

Einen eigenen typischen Bereich macht die Rezeption bergmännischer Sujets in der Kunstmusik aus, wobei jedoch der musikalische Aspekt mangels spezifischer Charakteristika im Hintergrund bleibt. Hier stellte die UA des Singspiels Die Bergknappen von I. Umlauf im Wiener Burgtheater (1778) eine Art Nationaloperette mit staats- und wirtschaftspolitischem Hintergrund dar. In der 1. Hälfte des 19. Jh.s wurden bergmännische Themen richtiggehend modern; so verfassten C. Stegmayer und v. a. J. N. Vogl eine Reihe einschlägiger Liedtexte (Sammlung Aus der Teufe, 1849). C. Kreutzer, B. Randhartinger oder Fr. Schubert vertonten einschlägige Texte. Späte Beispiele dieser Tradition sind die Operetten Der Obersteiger von C. Zeller und Der Minenkönig von R. Stolz.


Literatur
G. Heilfurth, Das B. 1954; W. Suppan in ZHVSt 76 (1985); H. Hermann-Schneider in [Kat.] Silber, Erz und Weißes Gold. Bergbau in Tirol 1990; E. W. Partsch in [Kgr.-Ber.] Das kulturelle Erbe Leoben 1995, 1997.

Autor*innen
Erich Wolfgang Partsch
Letzte inhaltliche Änderung
2.2.2021
Empfohlene Zitierweise
Erich Wolfgang Partsch, Art. „Bergmannslied, Bergmusik‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 2.2.2021, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f859
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

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10.1553/0x0001f859
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