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Csakan (Czakan)
Stilisierte Spazierstockblockflöte, von ungar. Csákány = Spitzhacke. Zunächst Bezeichnung für eine im osmanischen Raum verbreitete Streitaxt. Später praktischerweise als Hacke und Gehhilfe gebraucht. Auch eine Affinität zum Berghäckel ist denkbar. Im ungarischen Sprachraum wurde in den Schaft des Cs.s des Öfteren auch eine Kernspaltflöte eingebaut. Aus dieser musikalischen Kuriosität entwickelte sich durch die um 1800 in Mode kommenden Spazierstockinstrumente eine starke Nachfrage nach dem „ungarischen Cs.“. Zahlreiche bekannte Instrumentenmacher, wie Anton Schulz, F. Schöllnast, St. Koch und J. Ziegler modifizierten das einfache Volksmusikinstrument zum sog. „Wiener und Pressburger Cs.“.

Dieses Instrument hat sieben vorderständige Löcher und ein Daumenloch. In der Regel ist der Cs. in as’ gestimmt, wird jedoch transponierend in C notiert.

Über einen doppelten Anblaskanal, welcher durch den Stockgriff in einen Blockflötenkopf führt, kann das Instrument angeblasen werden. Unterschieden wird zwischen dem Einfachen Cs. mit einer Klappe nach Vorbild der einklappigen Querflöte und dem weiterentwickelten Complizierten Cs. mit einer ausgefeilten Mechanik von bis zu 13 Klappen und Stimmzug. Nach Abflauen der Spazierstockinstrumentenmode wurde der Cs. meist nur noch ohne Stock und in seiner komplizierten Art gebaut, in der Form ähnlich einer Oboe oder Klarinette.

Der Cs. als Kunstinstrument erlebte seine Hochkultur in den Donauländern 1800–50. Danach wurde er nur noch vereinzelt gebaut. Um 1900 verkam er im Markneukirchner Instrumentenbau zum sog. Schul-Czakan geringer Güte.

Der Cs. wurde seines lieblichen Tones wegen von den Dilettanten der Biedermeierzeit geschätzt und brachte Instrumentalschulen und sogar eine eigenständige Spielmusik hervor. Einige Berufsmusiker und reisende Virtuosen wie Anton Heberle, K. Scholl, E. Krähmer und J. Fahrbach favorisierten das Instrument und arrangierten und komponierten dafür. Der einflussreichste Verleger für den Cs. war A. Diabelli, welcher bekannte Opern von G. Rossini und Vincenzo Bellini als „Cs.auszug“, Walzermelodien von J. Strauß Vater und J. Lanner und Lieder von Fr. Schubert und H. Proch einrichtete.

Die Grenze zwischen Originalkomposition und Arrangement ist beim Cs. stets fließend. Neben zahlreichen Kleinmeistern sind Kammermusiken von Erzhzg. Rudolph, St. Franz und C. Kreutzer erhalten. Auch eine Beteiligung Beethovens am Cs.repertoire ist nicht auszuschließen. Einen kurzen Einzug ins Orchester hält der Cs. mit Hans Christian Lumbye.

Interessant ist, dass die erst um 1750 aus der Mode gekommene Blockflöte im Cs. eine weiterentwickelte Fortführung und eine gewisse Beteiligung am bürgerlichen Musikleben der klassischen Romantik erfahren hat.


Literatur
M. Betz, Der Cs. und seine Musik 1992; B. Hubmann/K. Hubmann in Res Montanarum, Zs. des Montanhistorischen Vereines für Österreich, H. 20 (1999); H. Moeck in [Fs.] E. Emsheimer 1997; N. Tarasov in Windkanal, das Forum für die Blockflöte 3 u. 4 (2000); P. Thalheimer in Tibia 4 (2000).

Autor*innen
Nikolaj Tarasov
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Nikolaj Tarasov, Art. „Csakan (Czakan)‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001cb3c
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Kunsthistorisches Museum Wien, Sammlung alter Musikinstrumente, Inv.-Nr. SAM 830© KHM-Museumsverband, CC BY-NC-SA 4.0
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