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Dietrichstein, Dietrichstein, true Familie
Aus Kärnten stammendes Adelsgeschlecht, 1002 erstmals urkundlich erwähnt. Das Haus D. konnte in den folgenden Jahrhunderten seinen Einfluss sukzessive erweitern (begütert auch in Böhmen, Mähren [ab 1575 Nikolsburg (Mikulov/CZ)], der Schweiz) und teilte sich im 16. Jh. in zwei Hauptlinien. Reichsfreiherrenstand 1514, Reichsgrafenstand 1600/12, Reichsfürstenstand 1624. Im Laufe der Jahrhunderte konnte die Familie ihrem Namen noch weitere Titel hinzufügen (u. a. zu Tarasp 1684, v. Proskau 1769, v. Leslie 1802). Mehrere Familienmitglieder traten als Mäzene auf.

Zu nennen ist hier zunächst Johann Baptist Leopold Graf D. (* 24.6.1703 Brünn/Mähren [Brno/CZ], † 11.3.1773 [Ort?]), der in Brünn und Boskowitz (Boskovice/CZ) eine Musikkapelle (Adelskapelle) unterhielt. J. Umstatt stand 1741–48 als Kapellmeister in seinen Diensten, wird aber auch als Komponist bei seinem Bruder, Karl Maximilian Philipp Fürst D. (* 28.4.1702 Brünn, † 24.10.1784 Brünn), genannt. Weitere Musiker bei J. L. waren Karel Suchánek, Reymund Albertini und Ludwig Detri, an Sängern sind ca. 1740 die Tenöre Ottavio Albuzzi und Carl Beer (Börr) sowie der Bassist Dominik Klopfan greifbar. F. A. Míča widmete einem Johann Nepomuk Graf D. (?–?) mehrere Harfensonaten, vielleicht ist dieser mit J. L. zu identifizieren.

Unter den geistlichen Würdenträgern der Familie ist v. a. Franz Fürst D. (* 22.8.1570 Madrid, † 19.9.1636 Brünn) hervorzuheben. Er war 1599–1636 Bischof von Olmütz (Priesterweihe 1597, Kardinal 1599) und residierte vorwiegend in Nikolsburg, wo er 1631 die Piaristen ansiedelte (erste Niederlassung nördlich der Alpen) und sich eine reiche Musikkultur entfaltete. An seinem Hof wirkten die italienischen Komponisten Carolo Abbate, Giovanni Battista Aloiisi, Claudio Cocchi und V. Scapitta.


Literatur
J. Sehnal in O. Biba/D. W. Jones (Hg.), [Fs.] H. C. Robbins Landon 1996; J. Perutková, Der glorreiche Nahmen Adami 2015; Wurzbach 3 (1858) und 18 (1868) [Mitscha]; I. R. v. Schönfeld, Adels-Schematismus des österr. Kaiserstaates 1 (1824); Taufbuch 1687–1704 der Pfarre Brünn-St. Jakob, pag. 600 und 671; de.wikipedia.org (10/2023).


Karl Maximilians Enkel

Moriz (Moritz) Joseph Johann (eig. Mauritius Joannes Carolus Josephus Georgius): * 19.2.1775 Wien, † 27.8.1864 Wien. Bibliotheksdirektor, Mäzen und Komponist. Sohn von Karl Johann Fürst D. (1728–1808) und Christine Marie Josefa, Tochter von F. J. v. Thun. Nach einer militärischen Laufbahn quittierte er 1800 den Dienst und widmete sich in der Folgezeit ganz den Wissenschaften und Künsten. Musikalischer Unterricht bei M. Stadler. Im väterlichen Haus verkehrten damals führende Persönlichkeiten des geistigen Wien (u. a. L. v. Beethoven, A. Gyrowetz, J. G. Albrechtsberger). Bis 1815 auch führend in der Gesellschaft der Musikfreunde tätig (Vizepräsident). 1815 Erzieher des Hzg.s von Reichstadt, 1819–26 Hofmusikgraf (Nachfolger: K. L. v. Harrach), 1820–1826 Protektor der Tonkünstler-Sozietät, 1821–26 Hoftheaterdirektor. 1826–45 Präfekt (Direktor) der Hofbibliothek. In letzterer Funktion legte er den Grundstein für eine eigenständige Musiksammlung innerhalb der Hofbibliothek (Musiksammlung der ÖNB [Archive und Bibliotheken]). 1845 Oberstkämmerer, 1846 Obersthofmeister-Stellvertreter. 1848 verlor er seine Ämter und lebte seither zurückgezogen. Als Hofmusikgraf setzte er sich u. a. für die Besserstellung der Musiker ein und legte ein Notenarchiv an. D. komponierte ab ca. 1805 kleinere Werke, von denen er 1810–47 einige herausgab, v. a. Lieder auf Texte von E. A. v. Steigentesch, Johann Wolfgang v. Goethe und Ludwig Heinrich Hölty. Trat selbst als Freund und Förderer von Musikern auf, N. Paganini widmete ihm das Capriccio per Violino Solo di P. Umigliato a S. E. il Sig.r Conte Maurizio Dietrichstein. D. war stark von den vaterländischen Ideen H. v. Collins beeinflusst und ein Vertreter des Stadion’schen Gesamtstaatspatriotismus. Mit ihm starb das Haus D. im Mannesstamm aus.


Werke
Messgesänge und Kirchenlieder; Lieder (u. a. 10 Sammlungen), Tänze.
Literatur
NGroveD 7 (2001); MGG 5 (2001); Czeike 2 (1993); SchubertL 1997; G. W. Gruber in E. Badura-Skoda et al. (Hg.), [Kgr.-Ber.] Schubert Wien 1999, 2000; Th. Antonicek, Ignaz v. Mosel, Diss. Wien 1962; W. Nemecek, M. I. Graf v. D., Diss. Wien 1953; C. F. Pohl, Denkschrift aus Anlass des hundertjährigen Bestehens der Tonkünstler-Societät 1871; Taufbuch 1773–79 der Pfarre St. Michael (Wien I), pag. 179.

Autor*innen
Andrea Harrandt
Elisabeth Th. Hilscher
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
7.11.2023
Empfohlene Zitierweise
Andrea Harrandt/Elisabeth Th. Hilscher/Christian Fastl, Art. „Dietrichstein, Familie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 7.11.2023, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0015ce27
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Grab am Friedhof Hietzing© Hermann Zwanzger
© Hermann Zwanzger

DOI
10.1553/0x0015ce27
GND
Dietrichstein, Moriz: 116113669
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