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Finke, Finke, Fidelio Familie
Josef Fidelio (eig. Fidelis): * 1860-07-2323.7.1860 Heinersdorf an der Tafelfichte/Böhmen (Jindřichovice pod Smrkem/CZ), † 1940-07-3030.7.1940 Reichenberg/Böhmen (Liberec/CZ). Musikpädagoge, Komponist und Orchesterleiter. Sohn des Fabrikanten Fidelis F. F. erhielt vermutlich in Wien sowie in Böhmisch Leipa (Česká Lípa/CZ) eine musikalische Ausbildung und besuchte im Anschluss das Lehrerseminar in Trautenau (Trutnov/CZ), wo er die Reifeprüfung ablegte. Er unterrichtete in Wiesenthal an der Neiße (Lučany nad Nisou/CZ), lebte ab 1880 in Josefsthal (Josefův Důl/CZ) und ging 1894 nach Ober Maxdorf (Horní Maxov/CZ). Ab 1905 (1904?) unterrichtete er an der Volksschule in Grünwald (Mšeno nad Nisou/CZ). Neben seiner Lehrtätigkeit wirkte er als Komponist (hauptsächlich Kammermusik, Lieder) sowie Orchesterleiter und gründete das Orchester der Ortsgruppe Josefsthal-Maxdorf des Allgemeinen Richard Wagner-Vereins (ab 1885 Reinowitzer Streichorchester), das aus Lehrern umliegender Schulen bestand. Für dieses Ensemble bearbeitete er zahlreiche klassische und romantische Orchesterwerke (u. a. von L. v. Beethoven, Georges Bizet, G. F. Händel, G. Meyerbeer, W. A. Mozart, G. Rossini, R. Wagner, C. M. v. Weber). Zum Bühnenwerk Die Sünden der Väter (T: Rudolf Christoph Jenny), das 1902 am Deutschen Volkstheater in Wien uraufgeführt wurde, schrieb er die Musik. 1909–21 war er außerdem als Konzert- und Theaterkritiker für das Gablonzer Tagblatt tätig. Im Ruhestand unterrichtete er weiter Harmonielehre sowie Vorbereitungskurse zur Staatsprüfung in Musik. Er war Großneffe des Klavierpädagogen J. Proksch. Mit seiner Frau Berta Paulina Hoffmann (* 1872, † ?) hatte er die Kinder Berta (Bertha) und Fidelio Friedrich.
Werke
Bearbeitungen für Streichensemble (2 bis 9 Stimmen): Das Hausorchester (ab 1900, 26 Bde.); Klavierauszüge von R. Wagners Bühnenwerken; Lieder, Klavier- und Orchesterwerke.
Literatur
MGG 6 (2001); LdM 2000; Kürschner 1954; Leitmeritzer Ztg. 14.5.1898, 17; NFP 30.1.1902, 7; Illustrirtes Wr. Extrabl. 2.2.1902, 27; Prager Tagbl. 12.1.1905, 5; Musikalisch-literarischer Monatsbericht über neue Musikalien (Jänner 1909), 2f, (April 1914), 81; Curliste Karlsbad 7.8.1910, 11; Dt. Volksbl. 14.2.1911, 8. Taufbuch 1852–61 der Pfarre Heinersdorf an der Tafelfichte, fol. 139; Sterbematrik des Standesamts Reichenberg 1940, Bd. 3, Nr. 786.


Sein Bruder

Romeo Gustav Josef: * 8.3.1868 Heinersdorf an der Tafelfichte, † 10.7.1938 Unterach am Attersee/OÖ. Musikpädagoge, Chorleiter. 1882–88 studierte F. Trompete und Klavier am Prager Konservatorium, danach unterrichtete er Klavier zunächst in der MSch. seiner Tante 2. Grades M. Proksch, die 1876 die Leitung des Instituts von ihrem Vater Joseph übernommen hatte. Vermutlich nach ihrem Tod 1900 gründete R. F. eine eigene Klavierschule. Daneben war er als Chorleiter tätig, hauptsächlich im Rahmen kleinerer Vereinskonzerte (z. B. ab 1894 im Deutschen Kaufmännischen Verein in Prag; ab 1898 beim Sängerbund Holleschowitz-Bubna); ab 1900 war er Chorleiter in der privaten Gesangsschule von Adele Gerl-Benetti. 1910 erhielt F. eine Professur für Klavier am Prager Konservatorium, daneben engagierte er sich weiterhin in zahlreichen Vereinen: 1892 wurde er Obmann (1893 Ehrenmitglied) des Vereins Deutscher Bund Humor in Prag, 1899 übernahm er die Leitung der Prag-Bubnaer Radrennbahn und ab 1916 war er Obmann des Verschönerungsvereins in Unterach am Attersee in Oberösterreich. F. wurde 1920 zum ersten Direktor der neugegründeten Deutschen MAkad. Prag ernannt; 1926 wurde er Vorsitzender der Prager deutschen Musik-Staatsprüfungs-Kommission. Aus Gesundheitsgründen verließ F. 1927 die Akad., woraufhin zunächst provisorisch sein Neffe Fidelio F. die künstlerische sowie Leopold Kramer die administrative Leitung übernahmen. Danach übersiedelte F. nach Unterach am Attersee, wo er ab 1928 den MGV Unterach leitete. 1928 wurde er außerdem Vorsitzender der Prager Reger-Gesellschaft, der neben Fidelio F. u. a. auch L. Kramer, P. Nettl und Erich Steinhardt angehörten. Am 17.2.1900 hatte er die Tochter des Gemeindearztes Karl Angelis, Johanna Angelis, geheiratet.


Schriften
Handbuch für den Klavierunterricht In Arbeit 1924.
Literatur
LdM 2000; Prager Tagbl. 19.6.1892, 7, 7.1.1894, 4, 20.3.1898, 7, 11.1.1899, 26, 18.11.1899, 10, 16.2.1900, 5, 27.4.1904, 8, 29.6.1924, 8, 3.7.1927, 6, 2.11.1927, 3, 6.6.1928, 6; Montags-Revue aus Böhmen 9.1.1899, 11; Prager Abendbl. 22.10.1910, 2; [Linzer] Tages-Post 19.8.1916, 5, 12.7.1924, 4, 3.7.1928, 6, 4.1.1929, 6, 2.7.1930, 5; Neue Zs. f. Musik H. 1 (1924), 380; H. 5 (1926), 307; Linzer Volksbl. 11.7.1924, 3; Neues Wr. Journal 31.10.1930, 8f; Taufbuch 1861–68 der Pfarre Heinersdorf an der Tafelfichte, fol. 140; Sterbebuch-Duplikat 1938 der Pfarre Unterach am Attersee, RZ 9; www.deutsche-biographie.de (11/2020); eigene Recherchen (www.anno.onb.ac.at).


Fidelios Sohn

Fidelio (eig. Fidelis) F(riedrich, Fritz).: * 22.10.1891 Josefsthal, † 12.6.1968 Dresden/D. Komponist und Musikpädagoge. F. lebte seit 1894 in Ober-Maxdorf, besuchte die Schule in Gablonz (Jablonec nad Nisou/CZ) und bis 1908 das Lehrerseminar in Reichenberg. Er lernte Klavier, Orgel und Violine zunächst bei seinem Vater Fidelio sowie 1908 kurzzeitig bei F. Th. Moißl. 1908–11 absolvierte er ein Studium am Prager Konservatorium (Klavier bei seinem Onkel Romeo, Komposition bei V. Novák) und schrieb 1908 mit der Schauspielouvertüre sein erstes größeres Orchesterwerk. Noch als Student gewann er 1910 mit seinem Intermezzo B-Dur für Klavier den Brahmspreis des Wiener Tonkünstlervereins. Nach dem Studium unterrichtete er privat, leitete einen Chor und war auch als Pianist, Organist und Autor tätig. 1915 erhielt er einen Lehrauftrag für Komposition, Musiktheorie und Klavier am Prager Konservatorium und wurde 1920 an der neugegründeten Deutschen MAkad. Prag angestellt, wo er Musiktheorie und Komposition lehrte. Außerdem gab er zeitweise die Zeitschrift Der Auftakt heraus. Am 18.5.1918 heiratete er die Pianistin Annie F.-Spengler († 1980 [Ort?]), die häufig F.s Werke spielte; Sohn Hans Peter (* 12.5.1922 [Ort?]) fiel 1944 im Zweiten Weltkrieg. Auch Annies ältere Schwester, die Pianistin Hildegard (Hilde) Spengler-Knobloch, führte häufig Kompositionen von F. auf, etwa die Reiter-Burleske (UA) oder Fünf Klavierstücke im Wiener Verein für musikalische Privataufführungen. (Die Schwestern stammten aus Pilsen, studierten am Prager Konservatorium bei Romeo F. und erhielten jeweils 1914 ihr Diplom.) 1926 erhielt F. eine Professur an der Prager MAkad. und wurde 1927 zum Rektor ernannt (bis 1945). 1922–38 war er außerdem Staatlicher Inspektor des Musikschulwesens sowie 1924–39 Vorstand des Deutschen Musikpädagogischen Verbands in der Tschechoslowakischen Republik. F.s Wirken in den 1930er und 40er Jahren ist ambivalent zu sehen, zwar wurde ihm mehrheitlich eine liberale Gesinnung zugeschrieben, dennoch lassen sich opportunistische Tendenzen feststellen. Seit den 1930er Jahren wurde F. in der nationalsozialistischen Presse u. a. aufgrund seiner Kontakte zu linken und jüdischen Künstlern sowie Vertretern der tschechischen Avantgarde (z. B. Emil František Burian) angegriffen. Nachdem die Akad. 1940 zum Hochschulinstitut für Musik bei der Deutschen Karls-Universität in Prag umgewandelt worden war, stand er vor der Entlassung, blieb jedoch bis 1945 im Amt. Er stellte einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP, der jedoch 1942 erlosch. F. schrieb in der Zeit u. a. auch den Hymnus O Herzland Böhmen (1942, Text: Herbert Hiebsch, Prager Kulturamtsleiter der NSDAP), in welchem er laut seines Verlages N. Simrock „dem deutschen Gedanken Ausdruck“ verlieh. Seine Deutsche Kantate (1938/39) wurde zur Gründung der Deutschen Musikgesellschaft, einer Gleichschaltungsbehörde für musikalische Angelegenheiten, aufgeführt. 1945 wurde er seiner Ämter enthoben und enteignet. Nach einem Selbstmordversuch musste F. die Tschechoslowakei verlassen, ging nach Dresden und trat 1946 der SED bei. In Dresden war er bis 1951 als Rektor der Staatlichen Akad. für Musik und Theater tätig und leitete Meisterklassen für Komposition; 1951 erhielt er eine Professur für Tonsatz an der MHsch. Leipzig/D (bis 1958). Außerdem war F. Gründungsmitglied des Verbandes Deutscher Komponisten und Musikwissenschaftler. Zu seinen Schülern gehörten u. a. Peter Brömse, Siegfried Köhler, Karl Michael Komma, Rainer Kunad, Siegfried Kurz, Heinrich Simbriger oder Siegfried Thiele. F.s kompositorisches Werk zeigt sich vor allem vom französischen Impressionismus, der Wiener Schule sowie der slawischen und deutschen Folklore inspiriert. Zu den bedeutendsten Werken gehören u. a. das 1. Streichquartett (1912–14, A. Schönberg gewidmet, UA 1922 in Donaueschingen/D), die Romantische Suite (1915/16), das Konzert für zwei Klaviere (1931) sowie seine Oper Die Jakobsfahrt (1936, UA unter George Széll). Seine Reiter-Burleske (1913) wurde mit weiteren Werken in A. Schönbergs Verein für musikalische Privataufführungen gespielt; im Prager Ableger des Vereins (ab 1922) wurde F. u. a. neben A. Zemlinsky und H. Jalowetz Vorstandsmitglied. An zwei Vereinsabenden (1923 und 1924) wurden die sechs Klavierstücke Marionetten-Musiken sowie sein Klaviertrio aufgeführt. F.s Nachlass befindet sich in der Stiftung Archive der Akad. der Künste der DDR in Berlin.


Ehrungen
Brahmspreis des Wr. Tonkünstlervereins 1910; Chorpreis des Weltmusikbundes in Wien 1919; Tschechoslowakischer Staatspreis für Musik 1928 u. 1937; Nationalpreis der DDR 1956; Vaterländischer Verdienstorden in Bronze 1961; Ehrensenator der MHsch.n Dresden und Leipzig 1958.
Werke
Etwa 170 Kompositionen, darunter vier Opern, eine Tanzpantomime, Chorwerke, Konzerte, Kammermusik (u. a. fünf Streichquartette), Orchesterwerke (darunter acht Orchestersuiten), zahlreiche Lieder sowie Werke für Klavier und Orgel. Veröffentlicht u. a. bei Universal Edition, Edition Peters, Breitkopf und Härtel, Deutscher Verlag für Musik. – Vollständiges Werkverzeichnis bei D. Härtwig, Fidelio F. F. – Leben und Werk, 1968 (mschr.).
Schriften
Zahlreiche Schriften zu Musik und Politik. – Verzeichnis bei P. Ranft, Findbuch des Nachlasses von Fidelio F. F. 1891–1968, Komponist, Musikpädagoge, Hochschullehrer, Rektor 1990 (mschr.).
Literatur
MGG 6 (2001); NGroveD 8 (2001); F. K. Prieberg, Musik im NS-Staat 1982; T. Fuchs in Kongressbericht Ges. f. Musik Halle 1998, 2000; W. Hübner in Dresden und die avancierte Musik im 20. Jh. Teil II: 1933–1966, 2002; D. Härtwig in Sammelbände zur Musikgesch. der Deutschen Demokratischen Republik 1, 1969; E. K. Pohl in Zs. f. Musik H. 1 (1939); Beiträge von I. Vojtech u. W. Szmolyan in Arnold Schönberg Gedenkausstellung 1974 (1974); Kürschner 1954; Prager Tagbl. 22.2.1914, 7, 24.1.1915, 10, 25.3.1916, 8, 4.4.1916, 6, 28.11.1917, 5, 12.8.1922, 3, 11.2.1928, 8; Pilsner Tagbl. 11.7.1914, 3, 25.3.1915, 5; Signale für die musikalische Welt H. 30 (1922), 878; Radio Wien 1.5.1936, 42; Taufbuch 1885–1903 der Pfarre Josefsthal, fol. 119; https://de.wikipedia.org (11/2020).

Autor*innen
Meike Wilfing-Albrecht
Letzte inhaltliche Änderung
9.4.2021
Empfohlene Zitierweise
Meike Wilfing-Albrecht, Art. „Finke, Familie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 9.4.2021, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003c19bf
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Fidelio Finke (Illustrirtes Wr. Extrablatt 2.2.1902, 27) © ANNO/ÖNB
Fidelio F. Finke© Public Domain, via Wikimedia Commons
© Public Domain, via Wikimedia Commons

DOI
10.1553/0x003c19bf
GND
Finke, Fidelio: 1027435335
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Finke, Romeo: 126299064
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Finke, Fidelio: 122963814
OBV
Weiterführende Literatur

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