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Hainburg an der Donau
Stadt im politischen Bezirk Bruck an der Leitha im östlichen Niederösterreich, an der Grenze zur Slowakei und in unmittelbarer Nähe von Pressburg (Bratislava) liegend; 2001 5.651 Einwohner. Wahrscheinlich auf keine größere römische Ansiedelung (Austria Romana) zurückgehend, wurde H. vermutlich ca. 1065/70 gegründet, wobei der Name anscheinend von einer älteren Heimenburc bei Bad Deutsch-Altenburg/NÖ übernommen wurde. Die planmäßige Anlage erfolgte unter den Babenbergern Ende des 12. Jh.s; Stadtrecht ca. 1244. Als älteste H.er Stadtpfarrkirche galt die ca. 1260 errichtete Martinskirche, die Ende des 17. Jh.s verfallen ist und im 18. Jh. abgetragen wurde. Die heutige barocke Pfarrkirche (Hl. Philipp und Hl. Jakob) geht auf die 1236 erstmals urkundlich erwähnte Katharinenkapelle zurück; Umbauten Ende des 14. Jh.s und 1697–1710 (Turm 1756/57), Pfarrkirche seit 1628. 1240–1525 waren die Minoriten und 1645–1784 die Franziskaner in H. ansässig, mehrere Bruderschaften fielen den Josephinischen Reformmaßnahmen (Joseph II.) zum Opfer.

Die Leitung der Kirchenmusik an der H.er Pfarrkirche lag traditionellerweise zunächst in den Händen der Schullehrer. Das Bestehen einer Schule ist 1343 erstmals bezeugt, 1544 gab es neben dem lateinischen Schulmeister auch bereits einen Succentor. Das Pfarrinventar von 1662 führt außer einem Graduale und einem Psalterium auch ein Antiphonar mit dem Zusatz „zerrissen“ an. Als Schulrektoren und Chorregenten sind Georg Wädeskowitz (vor 1686), Johann Jacob Eberl (1686–89, zuvor Organist in Pressburg), Andreas Welser (1689–94), Simon Samuel Wolff (ab ca. 1694, danach in Bruck an der Leitha), Leopold Weindl (1702–20?), Adam Ladner († 1723), Philipp Pudler (bis 1732) und J. M. Franck (1732–83) belegbar. Aus dem Jahr 1734 stammt eine umfangreiche Dienstanweisung für Franck, in der u. a. festgehalten wird, dass an hohen Festtagen größer besetzte Ämter (neben Streichern auch Hörner, Trompeten und Pauken) aufzuführen seien, an normalen Sonntagen dagegen nur mit einer Streicherbegleitung auszukommen ist. Wenig erforscht sind bislang die H.er Thurnermeister, jedoch stammen aus dem 18. Jh. bestimmte Nachrichten, die ihre Mitwirkung bei kirchlichen wie auch weltlichen Festen belegen. Auf Franck folgte dessen Schwiegersohn Philipp Schimpel, unter dem jedoch das Chorregentenamt vom Schuldienst getrennt wurde. Diese Trennung war nicht unumstritten, so gab es 1837 bei einer Lehrerbestellung Differenzen innerhalb des Stadtrates bzw. zwischen Stadtrat und Pfarre betreffend die Gewichtung der musikalischen Kenntnisse der Stellenbewerber und die damit verbundene Möglichkeit der Wiedervereinigung der beiden Ämter. Schimpel war bis 1805 Regens chori, von den Chorleitern des 19. Jh.s sind dann Martin Seehofer (1805–mindestens 1818), A. Huebmer (ca. 1855–64), Carl Bernhard? Oehn (ca. 1869, Vater von F. Oehn) und J. Völgyfy (1872–1922) namentlich bekannt, alle vier komponierten auch. Mehrere Kircheninventare aus dem 19. Jh. beweisen ein reges kirchenmusikalisches Leben, da eine Vielzahl von Instrumenten genannt wird; neben den obligatorischen Streichinstrumenten auch Oboen, Klarinetten, Bassetthörner, Traversflöten, Posaunen und Pauken sowie verschiedene Hörner und Trompeten. Über das Repertoire bis 1857 sind die Nachrichten dagegen sehr dürftig, einschlägige Kircheninventare führen stets nur je eine Messe von M. Haydn und eine von L. Hofmann an. 1857 finden dann Kirchenmusikalien von F. Grutsch, Joseph Ignaz Schnabel und F. Panny Erwähnung, 1864 sind auch bereits Werke R. Führers vorhanden. In den folgenden Jahrzehnten bis zum Ende des Jh.s können weiters Kompositionen u. a. von Franz Bieger, F. Reisinger, Karl Kempter, Caspar Aiblinger, J. Blahak, A. Diabelli, Ludwig Drobisch, A. Gyrowetz, Carl Greith, J. Haydn (u. a. Nelsonmesse, Schöpfungsmesse, Die sieben Worte), Wenzel Emanuel Horak, C. Kreutzer, J. G. Lickl, W. A. Mozart (u. a. Krönungsmesse), L. Rotter, J. B. Schiedermayr, J. N. Batka sen., Johann Nepomuk Wozet, L. Cherubini, J. Eybler, M. Nagiller, J. Preindl, C. Wolf, Fr. Schubert, S. Sechter und J. G. Reutter am H.er Chor nachgewiesen werden. Auf J. Völgyfy folgte 1922 dessen Schüler Ka. Mätzl, während seiner Ära existierte bis 1938 auch ein H.er Kirchenmusikverein. An der Orgel wurde Mätzl ab 1945 von Melanie Emich (bis 1997) unterstützt, W. Gmeindl vertrat ihn unmittelbar nach dem Krieg als Chorregent und Organist. Seit 1970 leitet der auch komponierende Hans Karl Mayer (* 1942) den Kirchenchor. 1975 war Mayer Initiator der H.er MSch.

Ab 1712 ist der Orgelbauer Eberhardt Heinrich in H. nachweisbar, 1719/20 erneuerte er die Orgel der Stadtpfarrkirche, die 1695 F. J. und J. U. Römer (I/7) errichtet hatten. Die Vorgängerorgel dürfte im Zuge der zweiten Wiener Türkenbelagerung stark beschädigt worden sein, zumindest hatte der ab 1686 amtierende Schullehrer für ihre Instandsetzung zu sorgen und 1693 der Orgelbauer Johann Caspar 45 fl für eine Renovierung erhalten. Die Römer/Heinrich-Orgel wurde jedoch in den 1780er Jahren durch die hierher transferierte Orgel des 1782 aufgelassenen Karmeliterinnenklosters in Wiener Neustadt ersetzt (DAW, Pfarrkircheninventar 1808). 1844 errichtete J. Loyp um 1.600 fl eine neue Orgel (II/17), die 1877 einen größeren Blasbalg erhielt und 1894 sowie 1903 von J. Ullmann (d. Ä.) renoviert wurde. 1932 erbaute die Firma Dreher & Flamm (M. Dreher) die sog. Haydn-Gedächtnisorgel (III/33, elektropneumatisch), die großteils durch Spendengelder finanziert wurde. Die heutige Orgel (II/21) stammt von J. Pirchner (II) und wurde 1982 fertig gestellt.

Die Männergesangbewegung hielt 1857 mit der Gründung der Liedertafel H. durch den bürgerlichen Rauchfangkehrermeister, Musiker und Komponisten Leopold Massura Einzug in der Stadt. Als Chorleiter sind A. Huebmer (ca. 1863), J. Völgyfy (ca. 1880), Julius Gmeindl (ca. 1929) sowie Hans Seitz und Leopold Kräutler (1934–38) belegbar. Als sehr aktiver Verein nahm die Liedertafel u. a. auch an frühen Sängerfesten in Krems (1861), Nürnberg/D (1861) und Hietzing (1862; heute Wien XIII) teil. 1939 erfolgte die Auflösung. Fünfzig Jahre nach der Liedertafel erfolgte 1908 die Gründung des Chorvereins Haydn, erster Chormeister war bis 1914 J. Völgyfy. Im Gegensatz zur Liedertafel war dieser Chor von Beginn an ein gemischter Chor. 1914 fungierte Franz Rimele als Chorleiter, 1915–18 Josef Rosenits, 1918–21 und 1922/23 Franz Kronberger, 1921 H. Seitz, ab 1923 Wenzel Honsa und vor 1938 J. Maschkan. Nach der Neugründung des Vereins leiteten W. Gmeindl (1946–49), Hans Reindl (1949–54), Ka. Mätzl (1957–71) und M. Emich (1971–74) den Chor, der bereits ab Mitte der 1950er Jahre mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen hatte und sich daher mit Ende 1974 auflöste. Der Arbeiter-Musikbewegung zuzurechnen war der 1886 gegründete Arbeitersängerbund, der wie die beiden anderen H.er Gesangvereine ebenfalls J. Völgyfy zu seinen Chormeistern zählte (1886–93 und ab 1913). Mit Errichtung des Ständestaatregimes in Österreich wurde er 1934 aufgelöst. Im selben Jahr erfolgte dagegen die Gründung des H.er Kinderchors, der unter der Leitung von L. Kräutler neben Volks- und Kinderliedern auch kleine Theaterstücke zur Aufführung brachte und auch im Rundfunk ( RAVAG) auftrat. Vermutlich 1938 löste sich der Chor auf. Heute (2008) existiert als einzige größere H.er Chorvereinigung nur der 1990 als Bäuerinnenchor gegründete Singkreis H., dessen Repertoire sich vornehmlich aus Gospels, Folklore, Pop, Schlager und rhythmischen Messliedern zusammensetzt. Chorleiterinnen waren Elfriede Liedl, Bea Graf und Waltraud Wenninger. Neben den Gesangvereinen prägten in der ersten Hälfte des 20. Jh.s v. a. mehrere Musik- und Orchestervereine das musikalische Leben der Stadt. Mindestens 1912–23 ist die Kapelle Madlener nachweisbar, 1918 erfolgte die Gründung eines H.er Studentenorchesters, das 1922 in die H.er Musikfreunde (Dirigent: Karl Gottinger) umgewandelt wurde. Als Gegenstück zum 1923 ins Leben gerufenen Christlichen Musikverein (1939 aufgelöst) fungierte die Arbeiter-Musiksektion (1924–34), Kapellmeister waren Franz Weisskramer und Karl Ritter. Unterhaltungs- und Tanzmusik boten in jenen Jahren weiters das Mandolinenorchester Die Schwalbe (1928 gegr.), das Udo-Bodo-Quartett, das Madlener Tanzorchester und das Grauvogel-Jazz Orchester. Kammermusik pflegte das Leo Frühwirth Quartett, als Blasmusikorchester ist die Feuerwehrmusik zu nennen. 1921–32 existierte auch eine Organisation der vereinigten Musiker von H. und Umgebung. Während der NS-Zeit kam es durch den städtischen Musikbeauftragten H. Seitz zur Gründung des H.er Stadtorchesters, musikalischer Leiter wurde Ka. Mätzl. Die 1946 neu gegründete Musiksektion der Tabakfabrik geht in ihren Ursprüngen auf das Jahr 1935 zurück, Kapellmeister waren K. Ritter, Ka. Mätzl, Ferdinand Mödler, Raimund Stary, Karl Vavrina, Johann Marklt und Hans Peter Hahn; derzeit ist Remo Klacansky musikalischer Leiter. Seit 1976 besteht eine Spielgemeinschaft mit dem Musikverein Wolfsthal, die zunehmende Integration von Musiker/innen aus dem Jugendblasorchester der MSch. führte 1996 zur Umwandlung in die Stadtkapelle H. Austria Tabak, die u. a. 1999 eine Konzertreise nach Peking unternahm.

Vornehmlich aus dem 18. Jh. stammen gesicherte Nachrichten, die das H.er Theaterleben betreffen, das maßgeblich durch die Theaterliebe von Philipp Graf Batthyány (1735–95) geprägt war, der über viele Jahre hinweg eine ständige Theatertruppe beschäftigte. Das Theater selbst war im 1767 fertig gestellten H.er Schloss integriert. Als Prinzipale sind Karl Wahr (1777), Franz Lutz (1779/80), F. Zöllner (ca. 1782–90), Christoph Ludwig Seipp (1790–93; sein Musikdirektor war eine zeitlang F. Tost, zu den Mitgliedern seiner Truppe zählte auch M. Stegmayer), Konstantin Paraskovits (1793) und G. Jung (1792–95, letzter gräflicher Theaterdirektor) nachweisbar, wobei die meisten von ihnen gleichzeitig auch das Pressburger Theater bespielten, mit dem ein reger Austausch herrschte. Zu den Glanzzeiten wurde an sechs Tagen in der Woche in H. gespielt. Das Repertoire umfasste Schau- und Lustspiele, Tragödien, Pantomimen (z. B. von F. Möller) und Ballette, aber auch Singspiele und Opern, wobei unter der Direktion von G. Jung der musikalische Anteil bedeutend höher war als z. B. unter Ch. L. Seipp. Das Publikum des H.er Schlosstheaters setzte sich vornehmlich aus österreichischen und ungarischen Aristokraten zusammen, die sich auf der Durchreise befanden. Im 20. Jh. sorgten dann der Deutsche Theater-Verein (1921–39) und die Theatersektion der Sozialdemokratischen Partei (1921–34) für ein entsprechendes Theaterleben.

1980 wurde die H.er Haydngesellschaft (HHG) ins Leben gerufen, deren Ziel die Aufführung von J. Haydns Werken durch international bekannte Interpreten in H. ist. An Haydns Lehrzeit in H. bei seinem (angeheirateten) Onkel J. M. Franck (1737–40) erinnern heute eine Büste am Haydnplatz und eine Gedenktafel am ehemaligen Schulgebäude. 1932 zelebrierte die Stadt seinen 200. Geburtstag mit einer groß angelegten Haydn-Feier (s. Abb.). An weiteren Komponisten und Musikern mit einem Bezug zu H. sind J. Amer (Marsch Hoch H.!, 1884, s. Abb.), Kl. Mätzl (Sohn von Ka. Mätzl), M. Pollak-Mayrhofer (Lied Mein H., ca. 1954), E. Schimana und F. Zottmann zu nennen.


Literatur
E. F. Schmid, Joseph Haydn. Ein Buch von Vorfahren u. Heimat des Meisters 1934; K. Walek (Hg.), Die H.er Vereinschroniken, , 3 Bde. 2003; J. Maurer, Gesch. der landesfürstlichen Stadt H. 1894; F. Goldmann/E. Oberhammer/J. Pradel (Red.), Die Städte Niederösterreichs 2 (1976); G. Staud, Adelstheater in Ungarn 1977; Erhart 1998; O. G. Schindler in Jb. der Ges. f. Wr. Theater-Forschung 17 (1970); E. Kral, Taschenbuch f. dt. Sänger 1864; Fs. zur Haydn-Feier in H. 1932; O. Eberstaller, Die Haydn-Gedächtnisorgel der Stadtpfarrkirche in H. 1932; K. Walek u. a., Stadtpfarrkirche St. Philippus u. Jakobus H. 2002; Eberstaller 1955; SK 29 (1981/82), 299; www.hainburg.at (12/2008); www.stadtkapelle-hainburg.at (12/2008); organ.library.uu.nl/eoi/ (12/2008); Diözesanarchiv Wien (Landpfarren-H.; Schulakten M. 16); eigene Recherchen.

Autor*innen
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
29.5.2020
Empfohlene Zitierweise
Christian Fastl, Art. „Hainburg an der Donau‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 29.5.2020, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x00206f65
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
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Josef Amer, Hoch Hainburg! (Dt. Kunst- und Musik-Ztg. Musikbeilage 24 [1884], 80)

DOI
10.1553/0x00206f65
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