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Hermagor
Die Bezirkshauptstadt H., seit 1973 offiziell H.-Pressegger See, im Gailtal (Kärnten) war bereits in vorrömischer Zeit besiedelt. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie 1169. 1288 wurde H.„in foro sancti Hermachor“ – als Markt bezeichnet. Seit 1342 gehörte H. zur Herrschaft der Grafen von Görz. Von überschaubarer Größe, hob sich der Markt im Hochmittelalter kaum vom ländlich-agrarisch geprägten Umfeld ab. Durch das Marktmonopol entwickelte sich H. zu einem Zentrum für Gewerbe und Handel im Tal. Die meisten Einwohner waren Landwirte, die wichtigsten Handelsrouten führten an der Stadt vorbei. Im Spätmittelalter war der Export von Vieh nach Oberitalien, vorwiegend Schafe und Pferde. 1422 ist erstmals die Existenz einer Lateinschule nachweisbar. Im 15. Jh. vernichteten die Türken den Markt, den keine schützende Stadtmauer umgab. Ab dem 16. Jh. gehörte H. zur Grafschaft Ortenburg. Während des 16. Jh.s blühte der Edelmetallbergbau und auch Wirtschaft und Handwerk florierten. Aber bereits am Ende des Jh.s waren die Lagerstätten erschöpft. 1692 wurde das Marktzentrum vom Hochwasser der Gössering verwüstet. 1726 brach ein Feuer aus, das sich über die ganze Siedlung ausbreitete, die meisten Häuser sowie das Markt- und Pfarrarchiv wurden vernichtet. 1809–14 gehörte Oberkärnten mit H. zur illyrischen Provinz und war somit Teil des französischen Kaiserreiches. 1826 bestand der Ort aus 86 Häusern. Die Hälfte seiner 541 Einwohner war in der Landwirtschaft tätig, 40% waren Gewerbetreibende, des Weiteren gab es zwei Pfarrer, zwei Beamte und einen Lehrer. H. wurde 1850 eine autonome Marktgemeinde. Die Eröffnung der Eisenbahnlinie im Jahre 1894 brachte deutlichen Aufschwung. 1868 wurde H. zum Sitz der Bezirkshauptmannschaft. Im 19. und 20. Jh. stellten Überschwemmungen weiterhin eine ständige Bedrohung dar, auch Großbrände sind zu verzeichnen. Durch den Wiederaufbau nach dem Brand von 1904 erhielt der Markt ein neues Aussehen. 1930 wurde H. zur Stadt erhoben. Mit der Eingemeindung von Möschach (1958) sowie Egg, Mitschig, Görtschach und Teilen von Rattendorf (1973) entstand die Stadtgemeinde H.-Pressegger See.

Die Pfarrkirche H.s ist den Heiligen Hermagoras und Fortunatus geweiht und liegt mitten im Ort. Die erste Orgel der Kirche ist im 18. Jh. belegt, als ein unbekannter Orgelbauer ein Werk mit fünf Registern anfertigte. J. Grafenauer baute 1860 eine neue Orgel. Sie wurde 1891 durch dessen Sohn F. Grafenauer instandgesetzt und auf „Normalton“ gestimmt. 1964 wurden größere Renovierungsarbeiten durch die Firma Novak vorgenommen. 1997 erfolgte eine weitere Instandsetzung durch die Orgelbauwerkstatt Walter Ottitsch. Diese Orgel ist eine der besterhaltenen Werke aus der Werkstatt Grafenauer und die einzige, die noch originale Prospektpfeifen besitzt. Ihr weicher, fülliger Klang bietet eine breite Klangpalette. Im Jahr 1884 ist ein Organist namens Johann Berger belegbar. Der Organist Jakob Berger wurde aufgrund seiner Fähigkeiten und seiner Festmessen sehr geschätzt. Er wurde 1937 für 40-jährige treue Dienste geehrt. Der Kirchenchor unter seiner Leitung war gut besetzt. Der Evangelische Chor H. wurde 1945 unter Chorleiter Philip Müller als CMV Gemeinschaftschor gegründet. Heute leitet Georg Egger den Chor.

Zu Beginn des 20. Jhs. entwickelte sich ein reges gesellschaftliches Leben, die Tanzunterhaltungen im Markt mussten aufgrund wiederholter Beschwerden seitens der Bevölkerung eingeschränkt werden. In früherer Zeit wurde das Wirtshaussingen in H. sehr gepflegt und nahm einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert ein. Der Bezirk H. ist sehr traditionsbewusst. Es finden sich althergebrachte Bräuche, viele aber sind mit dem Aussterben des traditionellen Handwerkes in Vergessenheit geraten, wie etwa das so genannte „Brecheln“ mit seinem „Brecheltanz“. Heute wird z. B. noch der traditionelle Kirchtag mit Kufenstechen und darauffolgendem „Tanz unter der Linde“ gefeiert. Das „Gailtaler Speckfest“ hat 1993 Einzug in das Brauchtum dieser Region gefunden.

Der Gemischte Chor H. zählt zu den ältesten Chören Kärntens. Er wurde 1861 unter Obmann Leopold Ferweger als Männergesangverein durch die Bürger Josef Schellander, Andreas Eder, Jakob Wohlgemuth, Josef Edlinger, Max Rossbacher, Johann Bacher, Jakob Wutzl, Christoph Fleiß, Hans Gasser und Christoph Wohlgemuth gegründet. 1882 wurde der Verein unter Bezirks-Schulinspektor Kreutzer neu belebt. Ab 1896 nahmen die Bürger Christoph Gallin, Peter Rieder, Georg Kury, Rudolf Lasser, Andreas Eder und Hans Filippitsch führende Positionen ein. Jahrzehnte lang wirkte Josef Hackl als Chorleiter, weiters sind Rudolf Zazula und Heinz Kury als verdiente Chorleiter zu nennen. 1924 erreichte der Verein mit 103 singenden Mitgliedern seinen Höchststand. 1936 wurde ein Frauenchor angeschlossen. 1950 erfolgte die Umbenennung in MGV und Frauenchor Hermagor und 1953 in Gemischter Chor des MGV Hermagor. In den Jahren 1975–80 ruhte der Chor. 1980 wurde der Chor unter der Chorleitung von Hermine Hubmann und Obmann Josef Flaschberger wieder erweckt. Weitere ChorleiterInnen: Adelheid Wendling, Cornelia Flaschberger, Wilhelm Millonig und Hans Hubmann. 2003 übernahm Christina Zwitter die Leitung des Chores. Seit 2015 übt wiederum Hans Hubmann das Amt des Chorleiters aus. 2000 wurde der Frauenchor Melodie gegründet ( Chorleitung: Josef Wieser). Aus dem Frauenchor ging 2002 die Kleingruppe Ensemble Melodie hervor, das 2005 dem Kärntner Sängerbund beitrat. Die Anfänge des MGV Erika reichen bis 1920 zurück, damals bestand ein Doppelquartett. 1922 wurde der Verein in Sängerrunde Erika umbenannt, 1923 fand die offizielle Gründung des MGV Erika, Vellach unter Obmann Hans Bachmann und Chorleiter Gustl Srebernig statt. Als Chorleiter folgten Heinz Kury, Erhard Berger, Hans Filippitsch, Arnold Ronacher (1956). Das Kärntnerlied zählt zum Hauptliedgut, das Repertoire beinhaltet aber auch Volkslieder, internationale und geistliche Literatur. Heute steht Josef Rauscher dem Verein als Chorleiter und Obmann vor.

Die Orchestervereinigung 1910 (Orchesterverein) wurde 1910 gegründet, ihre Leistungen werden als überdurchschnittlich beschrieben. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden jeden Sommer Konzerte gegeben. Während des Krieges ruhte die Tätigkeit des Vereines. 1919 bildete sich wieder ein Streichquartett bestehend aus Hans Oberdorfer, G. Srebernig, Gustl Kury und Fritz Trinker. In weiterer Folge wurde ein Salonorchester unter der Leitung von J. Hackl gegründet. Gemeinsam mit dem MGV H. unter Chorleiter J. Hackl wurden Chor-Orchesterkonzerte aufgeführt. Auch die Zwischenaktsmusiken für die in den 1880er Jahren gegründete, in den 1920er Jahren wiedererstandene Theatergesellschaft Thalia wurde von diesem Musikverein dargeboten. 1927 formierte sich wiederum ein Streichquartett mit den Mitgliedern G. Kury, Franz Plattner, Gottlieb Langegger und Hans Kandolf. Dieses Streichquartett bestand noch nach dem Zweiten Weltkrieg; es wurde auch versucht, wieder ein Orchester aufzubauen, was aber scheiterte. Konzerte wurden gegeben, die von aushelfenden Musikern aus Villach getragen wurden, was auf Dauer aus Kostengründen jedoch nicht möglich war.

1956 wurde der Blasmusikverein Vellach (Blasorchester) unter Obmann Georg Bruchner und Kapellmeister Franz Beck gegründet. Der Verein wurde 1968, unter der Leitung Jakob Allmayers, zur Stadtkapelle H. erhoben. Weitere Kapellmeister: Friedrich Unterberger, Franz Obernosterer, seit 1986 Johann Grolitsch. Kurzzeitig leitete Cordula Zankl die Kapelle. Neben der MSch. H. gibt es auch eine Musik-Neue Mittelschule, die 2014 30 Jahre Musikschwerpunkt feierte. Aus H. stammten K. Orasch und G. Lampersberg.


Literatur
Beiträge von H. Rogy, A. Ogris, M. Maier, G. Wurzer und R. Bäck in H. Rogy (Hg.), Stadtgemeinde H.-Presseger See. Gesch. – Kultur – Natur 2010; Beiträge von G. Kury, J. Schabus und A. Ronacher in H. Gesch., Natur, Gegenwart, hg. von der Stadtgemeinde H. 1969; Archiv der Diözese Gurk (APA Hermagor/XIII/3. Org.); Mitt. Heinrich Kraker (Gründungsmitglied der Stadtkapelle H.); www.gemischter-chor-hermagor.at (7/2015); www.hermagor.at/ (7/2015); www.meinbezirk.at (7/2015); www.orgelsammlung.de (7/2015); volkskultur-kaernten.at (7/2015); weitere Internetrecherchen.

Autor*innen
Maria Streit
Letzte inhaltliche Änderung
11.8.2015
Empfohlene Zitierweise
Maria Streit, Art. „Hermagor‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 11.8.2015, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003277d5
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x003277d5
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