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Krauss, Krauss, true Friedrich Salomo
* 1859 -10-077.10.1859 Požega/Slawonien (heute HR), † 1938 -05-2929.5.1938 Wien. Volkskundler, Volksmusikforscher, Privatgelehrter in Wien. 1891–1901 Sekretär der Israelitischen Allianz, während des Ersten Weltkrieges Direktor und Prof. der Kriegsinvalidenschule in Wien. Sohn deutschsprachiger Juden, Matura in Požega, Studium in Wien, Doktorat aus klassischer Philologie und Geschichte 1882. Mitglied der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, in deren Auftrag 14-monatige Feldforschung 1884/85 zur ethnographischen Erhebung der 1878 unter österreichische Verwaltung gestellten Länder Bosnien und Herzegowina. Aufzeichnung zahlreicher Guslarenlieder, deren Publikation neben kleineren Werken wie den mit E. K. Blümml veröffentlichten erotischen Volksliedern, den Ausseer und Ischler Schnaderhüpfeln und dem Minnelied des deutschen Land- und Stadtvolkes seine bedeutendsten Leistungen auf dem Gebiet der Volksliedforschung darstellen. Seine Volksliedsammlungen dienten ihm hauptsächlich in ihren Texten als Quellen von kultur- und sozialhistorischen Forschungen, während der musikalische Aspekt für ihn untergeordnet war. Hauptsächlich verstand er sich als Volkskundler. 1890–98 war er Herausgeber der von ihm begründeten Zeitschrift Am Ur-Quell (ab 1897 Der Urquell), die neben der Zeitschrift des Vereins für Volkskunde in Berlin das wichtigste überregionale Organ der deutschsprachigen Volkskunde darstellte. 1904 gründete er die Zeitschrift Anthropophyteia. Erhebungen und Forschungen zur Entwicklungsgeschichte der geschlechtlichen Moral (Leipzig 1904–13); 1904 die Schriftenreihe Der Volksmund. Die Erotik im Volksleben wurde zu einem seiner wichtigsten Forschungsgebiete, wobei er auch in Kontakt mit Sigmund Freud stand. Wegen dieses Forschungsthemas, aber auch weil er in einem damals sehr fortschrittlichen Ansatz Volkskunde als eine Wissenschaft vom Menschen und nicht von Nationen oder Glaubensüberzeugungen betrieb, war er vielen Anfeindungen von Seiten des offiziellen Wissenschaftsbetriebes ausgesetzt und hatte mehrere Prozesse zu bestehen, was ihm schwerwiegende finanzielle Einbußen einbrachte. Während seine Leistungen für die Volkskunde gegen Ende des 20. Jh.s wiederentdeckt und gewürdigt wurden, hat die Volksmusikforschung nach dem Zerfall der Monarchie weder in Österreich noch in den betreffenden Balkanländern an seine Forschungen angeknüpft. Die bisher einzige (unvollständige) Bibliographie von K.’ Werken umfasst 261 Nummern; dazu kommt ein bisher unaufgearbeiteter Nachlass.
Schriften
Sagen und Märchen der Südslaven 2 Bde. 1883/84; Warum Volksepen gedichtet werden. Eine Betrachtung an der Hand eines bosnisch-herzögischen Guslarenliedes 1883; Sitte und Brauch der Südslaven 1885; Die vereinigten Königreiche Kroatien und Slavonien. Die Länder Österreich-Ungarns in Wort und Bild 14 (1889); Volksglaube und religiöser Brauch der Südslaven 1890; gem. m. K. Reiskel u. E. K. Blümml, Dt. Volkslieder. Erotische Lieder aus Österreich in Anthropophyteia 1 (1905); (Hg.), Österr. Volkslieder mit ihren Singweisen, gesammelt v. F. Tschischka und J. M. Schottky 1906; gem m. E.K. Blümml (Hg.), Ausseer und Ischler Schnadahüpfel, als Anhang Vierzeiler aus dem bayerisch-österr. Sprachgebiet mit Singweisen 1906; Zigeunerhumor. 250 Schnurren, Schwänke und Märchen 1907; Slavische Volksforschungen: Abhandlungen über Glauben, Gewohnheitsrechte, Sitten, Bräuche und die Guslarenlieder der Südslaven 1908; Das Geschlechtsleben in Glauben, Sitte und Brauch der Japaner 1907; Slavische Volksforschungen. Abhandlungen über Glauben, Gewohnheitsrechte, Sitten, Bräuche, und die Guslarenlieder der Südslawen 1908; Tausend Sagen und Märchen der Südslaven 1 (1914); Das Minnelied des dt. Land- und Stadtvolkes 1929; (Hg.), Der Urquell. Eine Monatschrift für Volkskunde 1897ff; (Hg.), Anthropophyteia. Erhebungen und Forschungen zur Entwicklungsgesch. der geschlechtlichen Moral 1904–13; (Hg.), Der Volksmund. Alte und neue Beiträge zur Volksforschung 13 Bde. 1906/07.
Literatur
R. L. Burt, F. S. K. (1859–1938), 1990; Ch. Daxelmüller in W. Jacobeit et al. (Hg.), Völkische Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der dt. und österr. Volkskunde in der 1. Hälfte des 20. Jh.s 1994; G. Haid in JbÖVw 44 (1995); M. Martischnig in S. Drexel et al. (Hg.), [Kgr.-Ber.] Interaktion 2. Das Nackte – der Hintergrund Wien 1988, 1988; B. J. Warneken in Zs. für Volkskunde 95 (1999/II).

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Krauss, Friedrich Salomo‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d5db
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN

DOI
10.1553/0x0001d5db
GND
Krauss, Friedrich Salomo: 118927663
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