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Lambach
Benediktinerkloster in Oberösterreich, 1056 durch Umwidmung eines Kanonikerstifts, das Graf Arnold II. von Wels-Lambach in seiner Stammburg am Zusammenfluss von Ager und Traun gestiftet hatte; durch Arnolds Sohn, den hl. Bischof Adalbero von Würzburg (1045–90) gegründet und von Schwarzach a. M. (Münsterschwarzach bei Würzburg/D) aus besiedelt. Zumindest ab etwa 1150 bestanden hier eine Schreibstube und eine Buchbinder-Werkstatt, erstere mit gewissen Beziehungen zum nahen Kremsmünster und zu Salzburg. Unter den mehr als 500 in der Stiftsbibliothek von L. erhaltenen Handschriften des Mittelalters befinden sich an die 60 Liturgika, 14 davon mit Notation. Am bekanntesten sind die Ritualien Cod. 73a (um 1160, mit Dedikationsbild des Abtes Bernhard) und Cod. 73 (um 1190, mit Dedikationsbild des Schreibers Haimo). In anderen Bibliotheken erhalten sind die Berliner Williram-Handschrift, das zuletzt in Garsten befindliche Missale Linz, Landesbibl. 466 (um 1160; demselben Umkreis sind die verstreuten 5 Bde. Enarrationes in psalmos von Augustinus zuzuweisen; vielleicht auch die Honorius-Handschrift der Walters Art Gallery in Baltimore/USA) sowie das Gradual-Sakramentar Cod. 709 der Stiftsbibliothek Melk (Ende des 12. Jh.s.). Um 1270/80 ist ein Schreibermönch Gottschalk, auch ein „Liebhaber der Musik“, hier tätig gewesen. Aus dem 12. Jh. stammen hervorragende Fresken im ehemaligen Westturm, u. a. einen Dreikönigszyklus enthaltend, der ein Pendant in dem Dreikönigsspiel eines wohl aus Schwarzach stammenden neumierten Fragments besitzt. Im 14. Jh. ist hier ein alljährliches Dorothea-Spiel belegt.

Von der fast gänzlichen Zerstörung 1233 im Zuge der Kämpfe zwischen den letzten Babenbergern und Otto v. Bayern erholte sich das Stift (und zweifellos auch die Bibliothek, mit Importen aus italienischen und französischen Univ.sstädten) nur langsam, v. a. im Zuge der Melker Reform, die aber keinen erkennbaren Einfluss auf die liturgische Musikpraxis des Klosters hatte. Die Mönche hielten im 15. Jh. an der älteren, auf die Hirsauer Reform zurückgehende, liturgische Praxis fest. Noch im Jahr 1592 wurde vom Augsburger Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra aus versucht, L. zur Übernahme der Melker liturgischen Ordnung zu bewegen. Zwei mit gotischer Notation ausgestattete Antiphonarien und ein Liber Ordinarius mit Melker Liturgie wurden dafür in Augsburg/D angefertigt und dem Kloster L. übergeben (Cod. 161-163). Abt Thomas Messerer (1436–74) erhielt die Pontifikalien, unter ihm wurde 1469 in der um 1430 gotisierten Kirche durch den vermutlichen Salzburger Hans Reycher eine Orgel errichtet. In der 2. Hälfte des 15. Jh.s erlebte auch die Schreibschule eine neue Blüte (an die 400 Papier-Hss., darunter die Prozessionarien Cod. 239, 470 und CLIX, das Antiphonar Cod. 199 mit einem Sonderoffizium für den Klosterpatron Kilian, das Hymnar Cod. LVII und das Graduale Cod. 60 [alle mit gotischer Choralnotation]). Neben einigen liturgischen Handschriften, die heute noch in der Stiftsbibliothek von Kremsmünster aufbewahrt werden, befindet sich auch in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart/D ein notiertes L.er Missale festivum (Cod. Sl Cod. brev. 166.). Aus der Zeit zw. 1470/85 stammt die sog. Lambacher Liederhandschrift (ÖNB Cod. 4696) mit Liedern des sog. Mönchs v. Salzburg und dem berühmten Martinskanon (Martinslied). Damals muss die Musikpflege auf hohem Niveau gestanden sein, da 1497 der L.er Mönch P. Stephan Engeigl nach Göttweig zur Aushilfe geschickt und 1502 ein P. Andreas aus Waldhausen zur Erlernung des Orgelspiels aufgenommen wurde. Das 1509 begründete „Musäum“ (Museum) ist als Sängerknabeninstitut zu verstehen.

Nach den zu erwartenden Tiefpunkten infolge der Reformation (zw. 1574/86 sind immerhin ein Schulmeister, Cantor und Organist belegt, ab dieser Zeit auch das gelegentliche Auftreten der „Cantorei mit Singknaben“ im benachbarten Kremsmünster) und der oberösterreichischen Bauernkriege (1610, 1626, 1632) nahm das Stift im Barock einen großen Aufschwung: Neubau der Kirche unter Abt Plazidus Hieber v. Greifenfels (1640–78) mit einer Orgel von Chr. Egedacher (1657) und Positiv dazu von J. Freundt (1668); Ausbau der Bibliothek, Errichtung eines Hornwerks (1638/39), Erbauung der berühmten Dreifaltigkeitskirche im nahen Stadl-Paura und besondere Förderung der Musik unter Abt Maximilian Pagl (1705–25, J. B. Hochreither, B. A. Aufschnaiter). Als musikalisch tätige Konventualen sind bekannt P. Julian Nütz und Fr. Adalbero Khegel (beide Profess 1642) sowie P. Ulrich Jacob (Profess 1661). In den 1660er Jahren hat auch J. Beer in L. seine erste musikalische Ausbildung erhalten (vgl. Schilderung in seinen Sommertaegen), später war P. A. Seidler 30 Jahre lang Leiter der Kirchenmusik; P. M. Weichlein, der erste namentlich bekannte Konventuale als Organist, und sein auch kompositorisch tätiger Bruder R. R. Weichlein stammten aus einer bekannten Linzer Musikerfamilie. Bedeutsam ist auch der L.er Organist B. L. Ramhaufsky.

Das rege Theaterspiel im 17. Jh. umfasste nicht nur die üblichen Musikeinlagen (Cod. 201; Benediktinertheater), sondern fallweise auch regelrechte Opern. Unter Abt Amand Schickmayr (1746–94), einem „excessivus amator musicae“, zu dessen Wahl F. Sparry die Festmusik geschrieben hatte und der 1770 das noch erhaltene Theater errichtete, wirkten hier der Begründer der oberösterreichischen Mundartdichtung P. M. Lindemayr und der bedeutende Kupferstecher und erste Lithograph Österreichs, K. Fellner, der ab 1796 auch als Regens chori tätig war. Die traditionellen und seit Gründung der Benediktiner-Univ. wohl noch intensivierten Beziehungen L.s nach Salzburg zeitigten die persönliche Bekanntschaft des Abtes mit Vater und Sohn Mozart, die mehrmals in L. Station machten (daher auch die bedeutende Sammlung von Mozartiana daselbst), sowie von zwei weiteren Konventualen mit M. Haydn (der 1776 zum 30jährigen Abtjubiläum die Festmesse schrieb und ihre Aufführung von der Orgel aus leitete, seine Frau M. Lipp trat am Theater als Sängerin auf). Hauseigene Musiker dieser Zeit waren P. Michael Matscheko (1733–96), Joseph Langthaller (1722–90), Anton Obermayr (heiratete 1766, 1776 noch am Leben), Joseph Tischer (vielleicht Obermayrs Vorgänger), Stanislaus Reidinger (1734–94), Anton Walter (1748–90).

Unter den Franzosenkriegen (1800/09) hat das Stift sehr gelitten. Die wichtigsten Musiker dieser Zeit waren der Bassist Johann Wittmann (1757–1847), dem der reiche L.er M. Haydn-Bestand zu verdanken ist, P. Wolfgang Kollendorfer (1779–1863) und P. Maurus Payer (1789–1828).

Ein allgemeiner Wiederaufschwung sollte erst unter Abt Theoderich Hagn (1859–72) gelingen, der auch das Sängerknabenkonvikt erneuerte (er selbst war ein begeisterter Gitarrist). Der nicht-liturgischen Musik jedoch konnte in der Folge kaum mehr Bedeutung beigemessen werden. Regentes chori dieser Zeit waren: bis 1873 P. Carolus Heilmann, P. Magnus Köll († 1885; unter ihm hielt der strenge Cäcilianismus in L. Einzug), P. Bernhard Grüner (1895–1927), P. Erhard Danzer (ab 1927, als auch das Sängerknabeninstitut aufgelassen wurde) hatte seine Ausbildung in Regensburg genossen.

Die Aufbauarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg lag in den Händen von Prof. Hermann Lang (1907–93), also erstmals wieder einem Laien. Das reiche Musikarchiv (Archive), das bereits 1768 durch A. Obermayr und 1823 durch den umsichtigen Regens chori der Jahre 1828–51 P. Adalbert Donebauer (1794–1874) katalogisiert worden war, gehört zu den wichtigsten der heutigen österreichischen Stifte und ist in jüngerer Zeit durch H. u. Gerda Lang neu geordnet worden, die Bibliothek durch Hans Zedinek (1891–85).


Literatur
G. Lang, Zur Gesch. und Pflege der Musik in der Benediktiner-Abtei zu L., Diss. Salzburg 1978; MGG 8 (1960); W. Luger in Oberösterr. Heimatbll. 15 (1961); Ch. H. Sherman (Hg.), The L. Thematic Catalogue (1768),, 2001; K. Holter mehrmals in G. Heilingsetzer/W. Stelzer (Hg.), Kurt Holter, Buchkunst-Hss.-Bibliotheken 1996; [Kat.] 900 Jahre Klosterkirche L. Oberösterr. Landesausstellung 1989, Linz 1989; O. Lerner, Zum L.er Dreikönigsspiel, einer liturgischen Dreikönigsfeier des 11. Jh.s aus Schwarzach am Main. Eine Neumenfragmentstudie, Diss. München 1957; Kellner 1956; [Kat.] Romanische Kunst in Österreich, Krems 1964; G. Walterskirchen, Orgeln und Orgelbauer in Salzburg vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Diss. Salzburg 1982; R. Klugseder in Studien u. Mitt.en zur Gesch. des Benediktinerordens u. seiner Zweige 123 (2012); G. Lade in Das Orgelforum 5 (2002); http://www.cantusplanus.at/de-at/ (5/2012).

Autor*innen
Rudolf Flotzinger
Robert Klugseder
Letzte inhaltliche Änderung
17.5.2012
Empfohlene Zitierweise
Rudolf Flotzinger/Robert Klugseder, Art. „Lambach‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 17.5.2012, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d6c2
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0001d6c2
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