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MoserMosertrue (eig. Müller), Johann Baptist
* 1799 -09-2525.9.1799 Wien, † 1863 -12-066.12.1863 Wien. Volkssänger, Liedautor und -komponist. Gilt als „Reformator“ des Wiener Volkssängerwesens. Sohn des Trödlers Johann Müller, musste sein Lehrerstudium aus finanziellen Gründen abbrechen, ging als Herrschaftsdiener auf Reisen, erwarb sich Fremdsprachenkenntnisse und gab nach seiner Rückkehr nach Wien Sprachunterricht, schrieb Lieder und Soloszenen für Harfenisten. Nach dem Erfolg einer Soloszene für die Harfenistengesellschaft Jonas und Stöckel gründete M. 1829 mit Franz Gatter und dem Hofoperntenor K. Hagen eine eigene Gesellschaft, nannte sich und seine Kollegen erstmals „Volkssänger“ und bemühte sich um die Salonfähigkeit seines Ensembles. Er führte an Stelle der Harfe das Klavier als Begleitinstrument ein, ersetzte das Absammeln durch Eintrittsgelder und veranstaltete seine Soireen mit humorvollen dramatischen Szenen aus dem Wiener Volksleben und Liedvorträgen in besseren Vortragslokalen (Sperl, Zweites Kaffeehaus im Prater, Metzen, Großer Zeisig). Druckveröffentlichungen bei den Verlagen Dirnböck und T. Haslinger machten M. bald wohlhabend. 1834 kam J. Kwapil zur Gesellschaft M., 1855 J. Matras, 1856 Karl Kratky. Nach 1848 hatte M. seine führende Stellung unter den Volkssängern bereits eingebüßt, galt mit seinem allzu moralischen, pädagogischen Standpunkt als altmodisch und wurde in der Popularität von J. Fürst abgelöst. M. führte erstmals in Wien das Refrainlied ein. Er gebrauchte in seinen Texten einen gepflegten, zotenfreien, mit Fremdwörtern gespickten Sprachstil. Sein Ruf als Reformator führte dazu, dass er von der Polizei als Experte für die Erstellung von Auftrittslizenzen für die Harfenistengesellschaften herangezogen wurde, wodurch er großen Einfluss auf die Wiener Musikantenszene erwarb. Durch sein Bestreben, den lockeren Lebensanschauungen seiner Kollegen entgegen zu wirken, ging aber wahrscheinlich auch viel Ursprüngliches am Wiener Volkslied verloren. Während der Volksdichter W. Wiesberg bereits früh erkannte, dass M. „das Harfenistentum vernichtete“, schrieben ihm die Chronisten der Wiener Musikgeschichte eine Rolle als „verdienstvoller Neugestalter“ zu.
Gedenkstätten
Ehrengrab Wr. Zentralfriedhof.
Werke
Texte zu zahlreichen Szenen („Conversationen“, z. B. Conversation im Paradeisgartel) und Liedern („Wiener Lokalgesänge“, z. B. Dessert-Gstanzeln, Mein Testament, Da muß ich noch vorher die Meinige frag’n), u. a. zu Melodien von J. Strauß Vater u. Sohn (z. B. Tritsch-Tratsch-Polka), teilweise auch Komponist eigener Melodien. – Ausg.: Das Wr. Volksleben in komischen Szenen, 20 Bde. 1842–65; Wr. Lokal-Gesänge (74 Nrn.).
Literatur
E. Brauner-Berger, Volkssängertum im Wandel, Diss. Wien 1993; Czeike 4 (1995); I. Ganster/H. Kretschmer, [Kat.] Allweil lustig, fesch und munter, Altwiener Volks- und Natursänger 1996, 6; Giebisch/Gugitz 1964; R. Holzer, Wr. Volkshumor, Harfenisten und Volkssänger 1943, 107ff; J. Koller, Das Wr. Volkssängertum in alter und neuer Zeit 1931; C. Kölz in bockkeller 4 (Dezember 2004); ÖBL 6 (1975); F. Schlögel in Wr. Blut, Kleine Culturbilder aus dem Volksleben der alten Kaiserstadt an der Donau 1875, 160ff; D. Schmutzer, Wienerisch g’redt 1993, 298ff; H. Spiehs, Der Volkssänger J. B. Moser, Diss. Wien 1934; R. Wolkan, Wr. Volkslieder aus fünf Jh.en 1/1 (1926), XLVff; E. Kremser, Wiener Lieder und Tänze, 3 Bde. 1911–25. – Teilnachlass: Wienbibliothek im Rathaus.

Autor*innen
Ernst Weber
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Ernst Weber, Art. „Moser (eig. Müller), Johann Baptist‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001da1c
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0001da1c
GND
Moser(eig. Müller), Johann Baptist: 116938153
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