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Müller, Müller, true Wenzel
get. 26.9.1759 Türnau/Mähren (Městečko Trnávka/CZ), † 1835 -08-033.8.1835 Baden bei Wien/NÖ. Komponist und Kapellmeister. Sohn des herrschaftlichen Gutsverwalters Bartholomäus M., sollte ursprünglich Geistlicher werden. Nach erster musikalischer Ausbildung bei verschiedenen Schullehrern wurde er im Stift Raigern (Rajhrad/CZ) bei Brünn als „Fundatist" (Chorknabe) aufgenommen, musikalisch unterrichtet vom dortigen Regens chori Maurus Haberhauer (1746–99). M. komponierte in Raigern Gelegenheitswerke und geistliche Musik, seine erste Messe bereits 1771. Ca. 1780 ging er an den Hof des damals in Johannesberg/Schlesien (Jánský Vrch/CZ) residierenden Bischofs von Breslau (Wrocław/PL), Philipp Graf Schaffgotsch, und wurde dort vom Leiter der Musikkapelle C. Ditters v. Dittersdorf unterrichtet oder zumindest beeinflusst. Zurückgekehrt nach Raigern, wurde M. 1782 3. Violinist, 1783 2., 1785 1. Kapellmeister am Theater in Brünn. Dort schrieb er auch seine ersten Singspiele (Das verfehlte Rendezvous oder Die weiblichen Jäger bzw. Die Reisenden in Salamanka – beide 1783 entstanden). Ab 1786 wirkte er, von K. Marinelli als Hauskapellmeister mit Kompositionsverpflichtung engagiert, am Theater in der Leopoldstadt, unterbrochen 1807–13 durch eine Verpflichtung als Operndirektor und Dirigent am Prager Landestheater, wo zur selben Zeit seine Tochter Therese, verh. Grünbaum sang, die dann gemeinsam mit ihrem Mann, J. Ch. Grünbaum, 1813 nach Wien an die Hofoper wechselte. M. war in Prag offenbar überfordert gewesen (sein Nachfolger C. M. v. Weber übernahm ein desorganisiertes Haus) und kehrte an das Theater zurück, das ihm eine seinen besonderen Anlagen gemäße Lebensstellung bot. Trotz bescheidener künstlerischer Mittel des Hauses, weniger orchestraler und gesanglicher als schauspielerischer Qualitäten des Ensembles wurde die Ära M. eine Glanzzeit des Leopoldstädter Theaters, die charakteristische Periode des volkstümlichen Wiener Singspiels. Neben ihm war F. Kauer als 2. Kapellmeister engagiert. M. musste die Musik zu vielen an diesem Theater aufgeführten Stücken – darunter auch literarisch Wertloses – schreiben (Opern, Singspiele, Zauberkomödien, Possen, Parodien usw.); sein Kompositionsstil scheint einfach, ist aber sehr wirkungsvoll. E. Schikaneder dürfte für sein Libretto für W. A. Mozarts Zauberflöte M.s Sonnenfest der Braminen (1790, T: C. F. Hensler) und Kaspar der Fagottist oder Die Zauberzither (1791, T: J. Perinet) als Vorbild genommen haben. M.s enge Zusammenarbeit mit Perinet, Hensler, K. Meisl und A. Bäuerle, besonders seine Musik zu Bäuerles komischer Zauberoper Aline oder Wien in einem anderen Weltteil (1822), die an anderen Wiener Theatern nachgespielt wurde, und die zu F. Raimunds noch heute (2015) oft aufgeführten Stücken Der Barometermacher auf der Zauberinsel (1823), Alpenkönig und Menschenfeind sowie Die gefesselte Phantasie (beide 1828) brachten M. die größten Erfolge. Etliche von M.s Liedern wurden europaweit bekannt. L. v. Beethoven verwendete das Lied „Ich bin der Schneider Kakadu“ aus den Schwestern von Prag (1794) als Variationenvorlage für sein Klaviertrio op. 121a. Einige Melodien erlangten sogar Volksliedcharakter („Was macht denn der Prater“ mit Refrain „Ja nur ein’ Kaiserstadt, ja nur ein Wien“; das ihm und Bäuerle meist zugeschriebene „’s kommt ein Vogerl geflogen“ aus Aline, in der Originalfassung nicht enthalten, soll jedoch in seiner Urfassung ein Volkslied aus Berlin gewesen sein, aufgenommen von Karl v. Holtei 1824 in sein Liederspiel Die Wiener in Berlin). Zum Begräbnis M.s, des bedeutendsten Wiener Singspielkomponisten, schrieb C. Kreutzer einen Trauermarsch. – M.s Sohn Wilhelm (1800–80) war ebenfalls als Kapellmeister und Komponist tätig.
Gedenkstätten
Gedenktafel am Sterbehaus in Baden bei Wien.
Werke
Musik zu ca. 250 Opern, Singspielen, Pantomimen, Schauspielen, Feenmärchen, Zauberspielen, Possen, Balletten, Parodien etc. (weitere beliebte Stücke: Evakathel und Schnudi 1790; Das Neusonntagskind 1793 (s. Abb.); Die Teufelsmühle am Wienerberg 1799; Der Teufelsstein in Mödlingen 1800; Die unruhige Nachbarschaft 1803; Die neue Alceste 1806; Die Bürger in Wien 1813; Tankredi 1817; Die travestirte Zauberflöte 1818; (siehe Lit.; nicht alle Werke sind erhalten); Kirchenmusik; Orchesterwerke; Kammermusik; Chöre.
Schriften
K. k. privilegirtes Theater in der Leopoldstadt in Wien [1781–1830; Ms. A-Wst; wichtige Quellenslg.]; Die von mir W. M. Kapellmeister … componirten Opern von 1786 bis 1828 [Ms., A-Wn].
Literatur
LdM 2000 [mit Korrektur des Geburtsjahres lt. Taufmatrikel]; W. Krone, W. M. Ein Beitrag zur Gesch. der komischen Oper, Diss. Berlin 1906 [mit WV]; L. Raab, W. M., ein Tonkünstler Altwiens 1928; Stieger II/2 (1977); MGG 9 (1961) u. 16 (1979); NGroveDO 3 (1992); NDB 18 (1997); Czeike 4 (1995); ÖBL 5 (1972); Riemann 1961; H. Riemann, Opernhb., Suppl. 2 (1893); Wurzbach 19 (1868); F. Hadamowsky, Das Theater in der Wr. Leopoldstadt 1781–1860, 1934; R. Holzer, Die Wr. Vorstadtbühnen 1951, 28ff.; R. Haas in Mozart-Jb. 1953 (1954); O. E. Deutsch in ÖMZ 13 (1958); MGÖ 2 (1995); Mitt. Hubert Reitterer.

Autor*innen
Uwe Harten
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Uwe Harten, Art. „Müller, Wenzel‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001da5c
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
© Regenterei Kremsmünster
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DOI
10.1553/0x0001da5c
GND
Müller, Wenzel: 118785230
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