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Musikschule des Kirchenmusikvereins an der Votivkirche
Ehemalige Wiener Musiklehranstalt. Der 1889 von Cäcilianisten gemäßigter Prägung (die vorher dem Wiener St.-Ambrosius-Verein angehört hatten) gegründete Kirchenmusikverein an der Votivkirche schrieb bereits in seinen Statuten die Gründung und Erhaltung einer MSch. fest (§ 2). Die Schule wurde mit Beginn des Schuljahres 1890/91 in der Berggasse 11 (Wien IX) eröffnet; Leiter war von Beginn an Th. Kretschmann, seines Zeichens Vereinskpm. Am Lehrplan standen Solo- und Chorgesang, Klavier, Violine sowie Violoncello, und man wies ausdrücklich darauf hin, dass „in dieser Musikschule nicht nur kirchliche Musik gepflegt“ (Das Vaterland 19.10.1890, Beibl., 2) werde. Die MSch. war vom niederösterreichischen Landesausschuss konzessioniert und erhielt im Herbst 1891 auch eine staatliche Subvention. Zu Beginn des ersten Schuljahrs zählte man 40 Schüler, 1891 48, 1892/93 82 ordentliche und 16 außerordentliche Schüler, 1893/94 84, 1894/95 114 (darunter: H. Materna) und 1895/96 119. Am 7.5.1891 wurde der erste Vortragsabend abgehalten, bei dem Stücke von Th. Kretschmann, C. Reinecke, Friedrich Kuhlau, Wilhelm Taubert, Josef Stránský, F. Chopin und R. Schumann am Programm standen. Mit dem Engagement von R. Paumgartner-Papier als Sologesanglehrerin gelang 1892 ein vielbeachteter Coup, knapp eineinhalb Jahre später schied sie jedoch nach Differenzen mit Th. Kretschmann aus dem Institut. Ab 1894 warb man auch mit der Durchführung von Ausbildungskursen für Chorregenten, Vorbereitungskursen für Sängerknaben sowie Spezialkursen für Kammermusik und dramatischen Unterricht. Als Hauptfächer bot man ab ca. 1894 auch Viola und Harmonium an. Im Sommer 1895 wurde „Kirchenmusikalischer Ferialunterricht“ (Violine, Klavier, Chorgesang) angeboten. 1894–96 befand sich die Schule in der Währingerstraße 48 (Wien IX), dann wieder in der Berggasse 11. Zu Beginn des Schuljahres 1896/97 kam es zu einer Reorganisation der MSch. (Ergänzungen in den Lehrfächern und Erweiterung des Lehrstoffs), Orchesterübungen wurden nun angeboten und ein Chor sollte ins Leben gerufen werden (vornehmlich für geistliche Musik). Trotzdem ging es mit der Lehranstalt relativ schnell wieder bergab. Zuletzt wurden nur mehr Gesang, Klavier, Violine und Kammermusikübungen angeboten. Wann genau die Schule ihren Betrieb einstellte, ist nicht mehr genau nachvollziehbar, vermutlich aber mit Ende des Schuljahrs 1902/03 und der Beendigung von Th. Kretschmanns Tätigkeit als Kpm. an der Votivkirche.

Lehrkörper (soweit bekannt, für das Schuljahr 1890/91 liegen keine Angaben vor):

Gesang: Hermine Esinger (1891–97), J. Janda (1891/92), Ph. Hausleithner (1892–94), R. Paumgartner-Papier (1892–94), L. Tillmetz (1892–94), Johanna Vocke (Sologesang 1893–mind. 1900), Ida Fichna (1894/95), Anton Patzelt-Norini (1894/95), Hermine Galfy (1895), Isabella Raffay (1899/1900?), Anna Holzmaister (1901–?)

Klavier: Hermine Esinger (1891–97), Josef Janda (1891/92), Th. Kretschmann (1892–?), Franz Jelinek (1892–94), M. Unschuld v. Melasfeld (1896–1900)

Violine: O. Zert (1891/92), Paul Wehle (1891–94, 1896– mind. 1900), Hermann Czillag (Violine 1892/93?), Franz Jelinek (1892–94), Peregrin Lakomy (1894), L. Liebing (Violine 1894–96), Emil Gutmann (Violine 1895–97)

Violoncello: R. Glickh (1891–95), Th. Kretschmann (1895/96), Franz Giller (1896–98?), Musiktheorie und Harmonielehre: Th. Kretschmann (1891/92), J. V. v. Wöss (1891–94), R. Glickh (1894/95?), Anton Klatowsky (1895–96)

Choralgesang: J. V. v. Wöss (1891–93)

Chorgesang: Th. Kretschmann (1893–?)

Kammermusikübungen: Th. Kretschmann (1894–1903?)

Vortragsmeister: Rudolf Gotthardt (1894–97)

Flöte: M. Rubinsky (1897–1900)

Vorbereitung auf die k. k. Staatsprüfung: H. Krenn (1896–?)

Fach unklar: Franz Čzansky (1895/96), Franz Jaksch (1896–1900), C. Bayer (1900–?), H. Müller (1900–?)


Literatur
VI. Jahres-Bericht der vom hohen k. k. Landesschulrathe concessionierten Musik-Schule des Kirchenmusik-Vereines an der Votivkirche in Wien 1896; Statuten des Kirchenmusik-Vereines an der Votiv-Kirche in Wien 1889; Th. Kretschmann, Tempi passati 1 (1910), 158–163; Die Presse 9.11.1889, 11, 28.9.1890, 16, 10.9.1891, 10, 24.3.1894, 11, 23.5.1894, 15, 27.9.1894, 11, 16.2.1895, 11, 22.8.1896, 4; Das Vaterland 17.9.1890, 6, 19.10.1890, Beibl., 2, 28.9.1892, 7, 3.7.1894, Abendbl., 4, 4.9.1894, 6, 9.7.1895, Abendbl., 4, 5.9.1895, Abendbl., 4, 2.7.1896, 6, 24.9.1896, Abendbl., 4, 29.9.1896, 6, 29.3.1898, Abendbl., 3, 8.9.1898, Beilage, III, 24.8.1899, 5; Österr. Musik- und Theaterztg. 1891, Nr. 14–15, 5, Nr. 23–24, 10; Dt. Volksbl. 30.9.1891, 12, 29.10.1892, 7, 8.9.1893, 7, 29.9.1893, 8, 10.9.1895, Abends-Ausg., 4, 16.9.1900, 23, 16.9.1901, 5; Wr. Abendpost 8.7.1892, 3; Dt. Kunst- und Musik-Ztg. 10.9.1892, 238 und 241; Neues Wr. Journal 1.6.1894, 6, 14.9.1894, 6, 6.9.1895, 10, 25.9.1897, 7; Wr. Sonn- und Montags-Ztg. 24.9.1894, 8, 4.9.1899, 10, 9.10.1899, 10; Die Lyra 1.10.1894, 8; Neues Wr. Tagbl. 29.8.1896, 10; Reichspost 25.9.1895, 5, 16.9.1896, 4; Fromme 1892–1901; eigene Recherchen (Lehmann-Adressbücher).

Autor*innen
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
23.9.2022
Empfohlene Zitierweise
Christian Fastl, Art. „Musikschule des Kirchenmusikvereins an der Votivkirche‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 23.9.2022, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003d3d9d
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Dt. Kunst- und Musik-Ztg. 26 (1892), 241 © ANNO/ÖNB

DOI
10.1553/0x003d3d9d
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