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Perioche
Inhaltsangabe, Kurzfassung (griech. περιοχή, lat. periocha = „Umfassen“). Ursprünglich Terminus technicus der Botanik (Theophrast, 4. Jh. v. Chr.). Seit dem 2. Jh. n. Chr. (C. Sulpicius Apollinaris, metrische Inhaltsangaben der Terenz-Komödien) der Literaturgeschichte. In der Barockzeit insbesondere gedruckte Programmhefte lateinischer Schul- und Ordensdramen (Ordenstheater), im Humanistendrama (Macropedius, Frischlin; Humanismus) Inhaltsangabe von Werken (synonym zu Argumentum). Im katholischen Ordensdrama entstanden sie aus dem Bedürfnis, auch dem Lateinunkundigen die Handlung darzulegen und die Lehren des Stückes zu vermitteln. Erste nachweisbare P.n entstammen aus München 1597, Innsbruck 1606, Wien 1611, Luzern 1615; erste P.n der Benediktiner aus Salzburg 1620 (Drama Palladem captivam et redemtam exhibens). Der Umfang der P.n reicht von wenigen (durchschnittlich 4–7) Seiten bis zum Abdruck des Gesamttextes. Das Format ist unterschiedlich, im 18. Jh. war Oktavformat bevorzugt. Farbe und Ausstattung des Einbandes entsprachen in Salzburg dem sozialen Rang des Empfängers, dem die P. als Einladung überreicht wurde. Die Programme enthalten (lat. und/oder dt.): Titelblatt mit Titel, Anlass, Widmung und Datum der Aufführung sowie Ort, Drucker und Jahr; das Argumentum (Zusammenfassung der Handlung, historische Zusammenhänge, Lehren des Stücks, oft auch Angabe der Quelle); Szenarium mit Einbezug der Musikeinlagen (Prologus, Chori, Epilogus) sowie von Pantomimen und Tanzszenen, schließlich Syllabus Actorum, d. h. Darstellerverzeichnis (Actores), wozu auch Musiker (Musici), Tänzer (Salii) und Darsteller in Fechtszenen gehörten. Komponist und Musiker werden oft am Anfang des Darstellerverzeichnisses genannt, nicht aber der Textautor, der zugleich meist pater comicus und Regisseur war. Oft ist der Autor auf der Titelseite jedoch handschriftlich nachgetragen. Vereinzelt finden sich zu den einzelnen Szenen Angaben zum Bühnenbild und Regieanweisungen. Gegen Ende des 18. Jh.s sind von den Musikstücken Partituren handschriftlich überliefert. Auf dem letzten Blatt der P. steht meist bei Jesuitendramen AMDG (= Ad maiorem Dei gloriam), bei benediktinischen UIOGD (= Ut in omnibus glorificetur Deus). Bei Visitationsdramen und Finalkomödien wurde der Text der Musikstücke in der Regel lateinisch und deutsch dargeboten; Mitte des 18. Jh.s findet sich der Text der Musikeinlagen mitunter gesondert gedruckt.
Literatur
Lit (alphabet.): H. Boberski in Studien u. Mitt. zur Gesch. des Benediktiner-Ordens u. seiner Zweige 86 (1975); H. Boberski, Das Theater der Benediktiner an der Alten Univ. Salzburg (1617–1778), 1978; J. Haider, Die Gesch. des Theaterwesens im Benediktinerstift Seitenstetten in Barock u. Aufklärung 1973; A. Haslinger in O. Menghin/M. Ölberg (Hg.), [Fs.] L. C. Franz 1965; S. Krump, In scenam datus est cum plausu. Das Theater der Jesuiten in Passau (1613–1773). Bd. 2: Dramen u. P.n 2000; E. M. Szarota, Das Jesuitendrama im dt. Sprachgebiet. Eine P.n-Edition. Texte u. Kommentare, 4 Bde. 1979–87.

Autor*innen
Franz Witek
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2005
Empfohlene Zitierweise
Franz Witek, Art. „Perioche‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2005, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001dcb7
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