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Schwarz Schwarz true (verh. Stöger), Vera
* 1929 -01-3131.1.1929 Hamburg/D, 1980 -06-2929.6.1980 Wien. Cembalistin, Musikforscherin. Klavier- und Cembalostudien bei Irmgard Lechner, Conrad und Elise Hansen in Detmold/D. 1950 Privatlehrerprüfung in Hamburg, 1954 Reifeprüfung in Detmold, 1956 Abschluss der Ausbildung in musikalisch-rhythmischer Erziehung in Hannover/D, 1956 Übersiedlung nach Wien, Cembalostudium bei Eta Harich-Schneider. Auftritte als Solistin (Cembalo und Hammerflügel) und in Kammermusikformationen. Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen, musikalische Zusammenarbeit mit Partnern wie E. Melkus, J. Mertin, R. Clemencic u. a.

Ab 1964 an der MAkad. Graz, leitete sie eine Ausbildungsklasse für Cembalo, 1971 ao. Prof.in, 1977 o. Prof.in mit dem Nominalfach „Cembalo und Aufführungspraxis“. 1967 erfolgte die Gründung des heutigen Instituts für Alte Musik und Aufführungspraxis (damals Institut für Werkpraxis, danach Institut für Aufführungspraxis), dessen von V. Sch. erstellter Aufgabenkatalog beispielgebend wurde. Aufbau des Ensembles Parnassum Musicum Graecensis, Gründerin und Präsidentin der Gesellschaft für Forschungen zur Aufführungspraxis. Ab 1970 Veranstalterin von Symposien mit der Zielrichtung, den produktiven Dialog zwischen VertreterInnen der Bereiche Theorie und Praxis in der Musik herzustellen. Kurse und Vortragstätigkeit im In- und Ausland (u. a. USA und Schweden).

Sch. war in ihrem künstlerischen Denken ihrer Zeit voraus. In ihrer Persönlichkeit und in ihrem Wirken als Musikerin, Pädagogin und Forscherin zeichnete sie sich durch Weitblick und einen unerschütterlichen Glauben an die Verbindung Kunst – Vergangenheit – Gegenwart aus, dies in einer Zeit, in der die Fachbereiche Alte Musik und Aufführungspraxis wenig etabliert, kaum auf Hochschulebene institutionalisiert waren und v. a. nicht „historisch informiert“, sondern eher positivistisch und historisierend vertreten wurden. Die heutige Auffassung einer „historisch informierten Aufführungspraxis“ nahm sie insofern voraus, als sie sich bereits damals (ab den späten 1960er Jahren) über den Bereich der Barockmusik hinwegsetzte und J. Haydn (1970), Fr. Schubert (1974), L. v. Beethoven (1977) und Rich. Wagner (1979) sowie deren Musik und kulturellen Kontext zum Gegenstand der Symposion-Erörterungen machte. Auch Themen wie Violinmusik in Geschichte und Gegenwart (ein Kongress, bei dem auch die European String Teachers’ Association gegründet wurde) und Restaurierung von Tasteninstrumenten waren für Forschung und Musikpraxis innovative Ansätze, die mit Nachhaltigkeit weiterverfolgt wurden. Forschungen zum sozio-kulturellen Umfeld von Musikerinnen konnte sie nicht mehr vollenden – ein Bereich, der heute der musikalischen Frauen- und Geschlechterforschung zuzuordnen wäre, damals aber noch eher ungewöhnliches Terrain darstellte. In ihrer Tätigkeit als ausübende Musikerin und Pädagogin vertrat Sch. den – ebenso auch aus heutiger Sicht – aktuellen Standpunkt, dass Vergangenheit und Gegenwart in der musikalischen Ausführung zu verbinden sind: „Es geht nicht um ein romantisches ‚Zurückträumen‘, sondern um Vergegenwärtigung jener die Geschichte durchdauernden Werte im geistigen Nachvollziehen der Tradition. […] In Wahrheit gibt es für die Beschäftigung mit der Geschichte keine Alternative: Die Wurzeln eines Baumes stecken im Erdreich, ob er es will oder nicht, und man kann sie manchmal nicht einmal dann entfernen, wenn man den Baum abschlägt.“ (Schwarz, Begrüßung, in Der junge Haydn 1972).


Ehrungen
1. Preis f. Cembalo beim Internationalen Musikwettbewerb in München/D 1958.
Schriften
Begründerin u. z. T. Hg. der Beiträge zur Aufführungspraxis 1–6 (1972–84): Der junge Haydn. Wandel von Musikauffassung und Musikaufführung in der österr. Musik zwischen Barock und Klassik. Graz 1970, 1972; Der klangliche Aspekt beim Restaurieren von Saitenklavieren. Graz 1971, 1973; Violinspiel u. Violinmusik in Gesch. u. Gegenwart. Graz 1972, 1975; Zur Aufführungspraxis der Werke Franz Schuberts. Wien 1974, 1981; Wagner-Interpretationen. Graz 1979, hg. v. R. V. Karpf 1982; Musik am Hof Maria Theresias. In memoriam V. Sch. Graz 1980, hg. v. R. V. Karpf 1984. – Einzelpublikationen: Das Cembalo der Schütz-Zeit in ÖMZ 21 (1966); François Couperin und seine Zeit. Zum 300. Geburtstag des Meisters in ÖMZ 23 (1968); Die Rolle des Cembalos in Österreich nach 1760 in Beiträge zur Aufführungspraxis 1 (1972); Die Wertschätzung der Instrumente und die Rolle des Begleiters in der Kammermusik des 18. Jh.s in Colloquium Musica Cameralis. Brno 19711977; Aufführungspraxis als Forschungsgegenstand in ÖMZ 27 (1972); Josef Fischhof und das Klangideal im vormärzlichen Wien in Beiträge zur Aufführungspraxis 2 (1973); Johann Samuel Petris Anweisungen zum Beziehen, Bekielen und Stimmen besaiteter Tasteninstrumente in Beiträge zur Aufführungspraxis 2 (1973); Historisch getreu – werkgetreu – gegenwartsnah: Wege der Interpretation in Forschungsarbeit an Österr. HSch.n 1973; Zur Programmgestaltung des Violinabends in Wien 1880–1920 in Beiträge zur Aufführungspraxis 3 (1975); Mißverständnisse in der Haydn-Interpretation. Dargestellt an Beispielen aus seiner Klaviermusik in ÖMZ 31 (1976); Malentendus dans l’interprétation de Haydn. Présentés à partir d’exemples tirés de sa musique de clavier in Schweizerische Musikzeitung 116/6 (1977); Musikalische Kindererziehung im Haus des Fürsten Joseph Franz Maximilian Lobkowitz (1772–1816) in ÖMZ 32 (1977); Fürst Franz Joseph Maximilian Lobkowitz und die Musikpflege auf Raudnitz und Eisenberg in HaydnJb 10 (1978); Funktion und Interpretation der Pausen bei Beethoven in R. Klein (Hg.), Beethoven-Kolloquium’76–’78, 1978; Ein Bild von C. D. Friedrich als Liebespfand. Romantik um die Rezeption eines Kunstwerkes in Die Presse 20./21.1.1979; Der Wandel der Wertbegriffe im Klavierspiel zwischen Empfindsamkeit u. Romantik in ÖMZ 34 (1979); Die ersten Interpreten Schubertscher Klaviermusik in Beiträge zur Aufführungspraxis 4 (1981).
Literatur
MGG1 (1994), 968 [Aufführungspraxis]; P. Reidemeister, Historische Aufführungspraxis. Eine Einführung 1988, 7; F-A 2 (1978).

Autor*innen
Ingeborg Harer
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2005
Empfohlene Zitierweise
Ingeborg Harer, Art. „Schwarz (verh. Stöger), Vera‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2005, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e204
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0001e204
GND
Schwarz (verh. Stöger), Vera: 118993275
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