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Seekirchen am Wallersee
Stadt im Flachgau Salzburgs; erste Ansiedelungen bereits in der Jungsteinzeit. Ende des 7. Jh.s errichtete der Heilige Rupert bei einem Aufenthalt eine dem Heiligen Petrus geweihte Kirche im damaligen „Walardorf“. 1424 Erhebung zum Markt durch den Salzburger Erzbischof Eberhard III. v. Neuhaus. 1679 Gründung eines Kollegiatstiftes durch Erzbischof Max Gandolf Graf v. Kuenburg, das, 1806 aufgehoben, 1832 wiederrichtet und 1879 zur Collegiata insignis erhoben wurde. Wirtschaftlicher Aufschwung durch Eröffnung der Westbahn 1860. 1974 Zusammenlegung der beiden selbstständigen Gemeinden S. Land und S. Markt zu S. am Wallersee, seit 2000 Stadt.

Ein Stiftsbrief von Eckhart XII. v. Tann aus dem Jahr 1381 gibt einen ersten Hinweis auf die Aufführung zweier Messen in der Pfarrkirche. Bis zur Gründung des Kollegiatstiftes unterschied sich die Musikpflege in S. vermutlich nicht von jener anderer ländlicher Gemeinden Salzburgs, wurde vornehmlich von einem Organisten, der zugleich Mesner und Schulmeister war, getragen. Namentlich bekannt ist der „ludirector“ Hanns (1589). Vereinzelt lassen Kirchenrechnungen auf Aushilfen aus der Umgebung bei besonderen Anlässen schließen. 1633 wurde ein Regal angeschafft, das, später mit einem Pedalregister versehen, bei einem Brand der Pfarrkirche 1669 zerstört wurde. Sieben Jahre später errichtete der Salzburger Hoforgelmacher Ch. Egedacher (jun.) eine neue Orgel in der wieder aufgebauten Pfarrkirche. Durch die Erhebung zur Stiftskirche am 28.3.1679 verbesserten sich die Bedingungen für Musiker erheblich. Zu dem Kollegiatstift gehörten alsdann ein Dechant und sechs Priester sowie ein Kantor oder Regenschori, ein Organist, vier Chorsänger und zwei Sängerknaben. Ebenso sollte der Schulmeister an Sonn- und Feiertagen im Chor mitwirken. Während dieser sich auch an weltlicher Musikpflege beteiligte, etwa bei Tanzveranstaltungen in Wirtshäusern spielte, wurden bürgerliche Spielleute wie Hochzeitsgeiger auch als Kirchenmusiker eingesetzt. (Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die das 18. Jh. prägende Maurer- und Spielmannfamilie Doll.) Um 1700 wies das Kollegiatstift teilweise ein umfangreicheres Instrumentarium als die Salzburger Domkirche auf. 1776 wurde von J. R. Egedacher eine neue Orgel mit zehn Registern errichtet, im Zuge einer Renovierung der Stiftskirche 1852 wiederum eine neue von L. Moser gebaut. Die heutige große Stiftsorgel der Firma Walcker-Mayer stammt aus dem Jahr 1977 und verfügt über 22 auf zwei Manuale und Pedal verteilte Register und insgesamt 1.528 Pfeifen.

Erhaltene Inventare geben Zeugnis vom Einsatz vornehmlich gedruckten Notenmaterials im 18. Jh., v. a. von einfacheren Stücken in kleineren Besetzungen, etwa von P. Valentin Rathgeber, P. E. Sengmillner aus dem Kloster Michaelbeuern oder dem Schwaben Th. Eisenhut. Mit A. Hofer, H. I. F. Biber, M. S. Biechteler wurden auch Werke Salzburger Hofkapellmeister herangezogen. Im 19. Jh. dominierten im Gegenzug wieder handschriftliche Noten, vor allem von J. M. Haydn, J. Haydn, J. E. Eberlin oder A. C. Adlgasser. Nach der formellen Aufhebung des Kollegiatstiftes S. 1806 und dem Übergang Salzburgs an Bayern 1812 wurden die meisten Archivalien nach München gebracht. Ab der Übergabe Salzburgs an Österreich erfolgte ein Bemühen um Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, was schließlich 1832 gelang. Das wiedererrichtete Kollegiatstift wies allerdings nur mehr sechs Choralisten auf. Vielleicht bekanntester Stiftsmusiker, zumindest einziger auch als Komponist aktiver, war der mit M. Haydn befreundete J. M. Kracher (1772–1814 Organist). Auch J. N. Diabelli wirkte 1823–56 als Chorregent in S. Die Kirchenmusik des 20. Jh.s war noch einmal speziell geprägt von Franz Gmachl (Regenschori) und Josef Rindberger (Dirigent).

1875 gründete der Stiftsorganist und Chorregent Martin Sendlhofer den MGV Concordia, heute Liedertafel S., der erst ab den 1950er Jahren auch Frauen als Mitglieder aufnahm. Ebenso lässt sich die Entstehung der offiziell 1864 gegründeten Musikkapelle insofern auf die Stiftsmusik zurückführen, als ihr zu Beginn nach Intervention von Arzt und Bürgermeister Ludwig Kalteis Instrumente der Collegiata zur Verfügung gestellt wurden; jeweils Neuformierung nach Ende des Ersten und des Zweiten Weltkriegs, heute Stadtmusik S. Im von einer regen Vereinstätigkeit geprägten 20. Jh. formierten sich in S. zahlreiche weitere Ensembles und Musiken, etwa die Stubenmusik Seppenbauer, die Zithermusik Georg Sattlecker, der Bäuerliche Singkreis S., das Vokalensemble Einklang, der Franziskuschor, eine Jagdhornbläsergruppe oder das Männer-a-cappella-Ensemble StimmLos. Der 2004 gegründete Kulturverein KunstBox eröffnete 2005 das Kulturhaus Emailwerk als regionales Kulturzentrum für zeitgenössische Kunst (2011 Landespreis für Kulturarbeit). Das Musikum Salzburg unterhält einen von 16 Musikschulsprengeln in S., Gründung eines Symphonieorchesters 1990 (Diabelli-Orchester), seit 1997 auch eigene Räumlichkeiten.

1978 schrieb der gebürtige S.er Hermann Baumgartner, lange Organist und Chorleiter der Liedertafel, eine Jubiläumsmesse zum 300-jährigen Gründungsjubiläum des Kollegiatstiftes.


Literatur
Beiträge von A. Baumgartner/A. St. Weiß, E. Hintermaier, H. Dopsch, P. F. Kramml in E. Dopsch/H. Dopsch (Hg.), 1300 Jahre S. Gesch. u. Kultur einer Salzburger Markgemeinde 1996; Beiträge von A. Baumgartner, A. Moser, H. Haberl, H. Paarhammer, A. Isnenghi in Rupert in S. 300 Jahre Kollegiatstift, hg. v. Stadtpfarramt S. 1979; H. Paarhammer, Das Kollegiatstift S. 1982; S. Salzburg, Broschüre 2000; Unser S. 1996–2016, hg. v. Stadtgemeinde S. am Wallersee 2016; www.seekirchen.at (1/2017); http://diabelli.webnode.at (1/2017).

Autor*innen
Sarah Haslinger
Letzte inhaltliche Änderung
7.6.2017
Empfohlene Zitierweise
Sarah Haslinger, Art. „Seekirchen am Wallersee‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 7.6.2017, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0036832b
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Stiftskirche (Hl. Petrus) von Südosten, 1911© Bildarchiv Austria, ÖNB

DOI
10.1553/0x0036832b
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