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Song Contest
Europäischer Fernsehwettbewerb für Popularmusik (eig. Eurovision Song Contest [ESC], frz. Le Concours Eurovision de la Chanson; populäre Musik). Mit der Entscheidung, anstelle eines Zirkusfestivals einen (medienadäquaten) Musikwettbewerb (Wettbewerb) als die Idee eines gemeinsamen Europas mitgestaltende Veranstaltung durchzuführen, wurde von der 1950 gegründeten European Broadcasting Union (EBU) der S. C. am 24.5.1956 in Lugano/CH mit Interpret*innen aus sieben Ländern erstmals durchgeführt. Orientiert am San-Remo-Festival, war das Lied, genauer das französische Chanson (gemäß dem französischen Titel der Veranstaltung) der ästhetische Mittelpunkt. Mit So geht das jede Nacht mit dem Boogie Woogie fiel der deutsche Interpret Wiener Herkunft, F. Quinn, stilistisch aus dem Rahmen des fast als Bollwerk gegen die amerikanische ,Musikinvasion' anmutenden Festivals. Siegerin war die Schweizerin Lys Assia (Refrain). 1957 (3.3. Frankfurt am Main/D) nahm Österreich erstmals teil, B. Martins vermutlich von der Western-Mode inspiriertes Wohin, kleines Pony landete mit nur 3 Punkten auf dem 10. und letzten Platz. Ein Jahr später (12.3. Hilversum/NL) erreichte L. Augustin mit Die ganze Welt braucht Liebe den 5. Platz. Die Jury bestand zunächst nur aus je zehn Mitgliedern der einzelnen Teilnehmerländer. Seit 1958 führt das jeweilige Siegerland (mit Ausnahmen) den nächsten S. C. durch. 1959 (11.3. Cannes/F) brachten die deutschen Zwillinge Alice und Ellen Kessler erstmals eine choreographisch gestaltete Performance ein. Österreich verband seine multikulturelle Herkunft mit einer multikulturellen Zukunft. Der ästhetische Vorgriff von Ferry Grafs Der k. u. k. Kalypso aus Wien brachte dennoch ex aequo mit Schweden nur den vorletzten Platz ein. 1960 (29.3. London) trug Harry Winter das von R. Stolz komponierte und dirigierte Lied Du hast mich so fasziniert vor (Platz 7). Das vom deutschen Teilnehmer vorgetragene Lied war zwar auf Deutsch gesungen, verneigte sich aber mit einem französischen Titel vor der Vorherrschaft des Französischen im S. C. (Bonne nuit, ma chérie von Wyn Hoop errang den vierten Platz). Zunehmend tauchten Namen auf, die später in der deutschen Medienwelt weiter bestehen konnten: Rudi Carrell (NL), Siw Malmkvist (S) und Heidi Brühl (D), die mit Wir wollen niemals auseinandergehn – bloß am zweiten Platz der nationalen Vorentscheidung – einen Hit landete. 1961 (18.3. Cannes) setzte Österreich zu früh auf Neues, auf Exotismus: der Zypriote Jimmy Markulis landete mit Sehnsucht ex aequo mit Belgien auf dem letzten Platz. Es siegte wiederum Französisches mit einem vom französischen Schauspieler Jean-Claude Pascal für Luxemburg gesungenen Titel Nous les amoureux. Die erste Hälfte der 1960er Jahre war geprägt von Sängerinnen, die die französisch-deutsche Schlagerszene bestimmen sollten: Cornelia Froboess (D, landete 1962 mit Zwei kleine Italiener auf Platz 6), Esther Ofarim (CH, 1963 mit T’en vas pas auf Platz 2), Françoise Hardy (MC, 1963 mit L’amour s’en va auf Platz 5), Nana Mouskouri (L, mit À force de prier 1963 auf Platz 8), H. Brühl (D, 1963 mit Marcel auf Platz 9). Für Österreich sangen 1962 (18.3. Luxemburg) Eleonore Schwarz (Nur in der Wiener Luft, Platz 13) und 1963 (23.3. London) Carmela Coren (Vielleicht geschieht ein Wunder, Platz 7). 1964 (21.3. Kopenhagen) trat U. Jürgens mit Warum nur, warum? (Platz 5) und 1965 (20.3. Neapel) mit Sag ihr, ich laß sie grüßen (Platz 4) an. 1966 (5.3. Luxemburg) gewann er mit dem an das französische Chanson angelehnten Merci Chérie den S. C. erstmals für Österreich. Jürgens stand am Beginn seiner deutschen Karriere und nahm 1967 als Dirigent und 1968 als Komponist und Texter am S. C. teil. In den Jahren, in denen Europas Nachkriegsgeneration politisch aktiv wurde, basisdemokratische Konzepte an Aufschwung gewannen und eine vereinte Europa-Idee mit militärischen Mitteln entmachtet wurde, blieb der S. C. der Scheinwelt des Schlagers verhaftet und erweiterte diese um die Show. Der durchaus politische Gehalt des Chansons wurde mit Performances umrahmt, in denen Akteure ohne musikalischen Beitrag und politischen Bezug die Bühne belebten.

1967 (8.4. Wien) gewann Sandie Shaw in der Hofburg mit Puppet on a string von Bill Martin und Phil Coulter. Ihr barfüßiges Mini-Outfit eines Hippie-Girlies und die mädchenhafte Stimme verkörperten die medial getragene Enthemmtheit der Sixties, nicht den Ausdruck einer beginnenden grünen Gegenhaltung; mit diesem Image gewann erstmals das Vereinigte Königreich. Politisch inkorrekt mutete der Auftritt des Schwarzen Eduardo Noscirento aus Angola für die Kolonialmacht Portugal an. Dass der Wind sich drehe (O vento mudou) in Anspielung auf Harold Macmillans Rede in Kapstadt (1960), wurde politisch gehemmt. Österreichs Beitrag (Peter Horten mit Warum es hunderttausend Sterne gibt) kam über Platz 14 nicht hinaus. 1968 (6.4. London) setzte die Pop-Nation Großbritannien auf den Superstar Cliff Richard (Congratulations, Platz 2), die kontinentalen Schlagerhochburgen auf ihre Stars. Wencke Myhre (D) ersang mit Ein Hoch der Liebe Platz 6, der österreichische Vertreter Karel Gott (1939–2019) kam mit dem von U. Jürgens komponierten Tausend Fenster auf Platz 13. Kurz darauf feierte K. Gott als „goldene Stimme aus Prag“ in Deutschland Erfolge. 1969 (29.3. Madrid) gewann Lulu mit Boom bang-a-bang für Großbritannien, Österreich pausierte – wie auch im folgenden Jahr. 1970 (21.3. Amsterdam) erreichte der internationale Hit-Star und Apple-Studio-Emporkömmling Mary Hopkin (GB) mit Knock, knock who’s there Platz 2. 1971 (3.4. Dublin) stellte Österreich seine eigenständige künftige Musiklinie vor, den Dialektsong, der von oben verordnete Teil des später von unten getragenen Austro-Pop. Mit Musik, einem jazzigen Song im Wiener Dialekt, errang M. Mendt Platz 16. 1972 (25.3. Edinburgh/GB) bediente sich Österreich verspätet der internationalen Folk-Elemente: Ein Falter im Wind der Milestones errang Platz 5. 1973 (7.4. Luxemburg) gab es das Debüt Israels, C. Richard (Power to all our friends) wurde für Großbritannien dritter. 1974 (6.4. Brighton/GB) ersang sich die schwedische Gruppe Abba als einziger Teilnehmer des S. C.s überhaupt mit dem Sieg (Waterloo) langjährigen internationalen Erfolg; ein Jahr zuvor scheiterte ihre Teilnahme noch an der nationalen Vorausscheidung. Großbritannien setzte den Weg des Einsatzes von Superstars fort (Olivia Newton-John mit Long live love auf Platz 4), aus der Bundesrepublik Deutschland debütierte der Schlagerstar-Macher Ralph Siegel mit Bye bye, I love you, gesungen von Ireen Sheer (Luxemburg, Platz 4). Der portugiesische Beitrag E depois do adeus wurde zum Symbollied der Nelkenrevolution, des Umschwungs des Landes hin zur Demokratie. Wurden bisher nur die ersten Ränge von den Landesjuroren bewertet, so bekamen ab 1975 (22.3. Stockholm) die zehn Bestplatzierten Punkte. Auch die europäischen Grenzen erweiterten sich: Die Türkei nahm erstmals teil, ihr Beitrag fügte sich jedoch nicht in die klangliche Einheit ein und landete auf dem letzten Platz. C. Richards Begleitband, The Shadows, spielte Großbritannien auf Platz 2 (Let me be the one), Platz 1 ging an Teach-In (NL) mit Ding-a-dong. In dieser Gruppe war mit Getty Kaspers die einzige „österreichische Teilnehmerin“ im Feld. Nach drei Jahren Abstinenz kam 1976 Österreich (3.4. Den Haag/NL) mit dem Duo Waterloo & Robinson zurück. My little world errang den 5. Platz. Mit der multikulturell zusammengesetzten Gruppe The Les Humphries Singers (mit Jürgen Drews) und deren am Disco-Sound orientierten Stil trat R. Siegel (zwar nur mit Patz 15, aber mit großem nachhaltigen Erfolg) wiederum in den S. C. ein (diesmal für Deutschland), nachdem Tony Marshall in der Vorausscheidung wegen der Veröffentlichung des Songs vor dem S. C. disqualifiziert worden war. Brotherhood of Man gewann mit Save your kisses for me für Großbritannien. 1977 (7.5. London) versuchte sich die linksorientierte Polit-Folk-Konzept-Gruppe Schmetterlinge (darunter auch W. Resetarits) mit Boom Boom Boomerang am Markt des Mainstreams mit erwartungsgemäß mäßigem Erfolg (17. und vorletzter Platz). 1978 (22.4. Paris) ersang Springtime mit Mrs. Caroline Robinson Platz 15, 1979 (31.3. Jerusalem) wurde Christina Simon mit dem seriösen Lied Heute in Jerusalem von Josef Dermoser (Text: A. Heller) ex aequo mit Belgien letzte.

In den 1980er Jahren wurde der S. C. zunehmend billige Werbeplattform des Fremdenverkehrs der (nicht nur) südlichen kleineren Mittelmeerländer. Zum einzigen Mal (sieht man von Israel ab) nahm 1980 (19.4. Den Haag) mit Marokko ein außereuropäisches Land teil (von der Türkei mit dem Maximum von zwölf Punkten bedacht). Der Australier (später irische Staatsbürger) Johnny Logan begann seine Karriere als Sänger und Arrangeur melancholischer irischer S. C.-Beiträge (Platz 1 mit What’s another year). R. Siegel errang mit Katja Ebstein einen 2. Platz (Theater). Mit Du bist Musik ersang Blue Danube für Österreich Platz 8. 1981 (4.4. Dublin) debütierte das kleine Zypern; Italien trat nicht an. Für Österreich kam Marty Brem mit Wenn du da bist auf Platz 17. 1982 (24.4. Harrogate/GB) trat die ästhetisch einstmals bestimmende Stammnation Frankreich nicht an. Die Bundesrepublik Deutschland siegte mit dem mit alternativem Schein spielenden Liedchen Ein bißchen Frieden (Nicole) in einer politisch brisanten Zeit (Nato-Doppelbeschluss, Diskussion um die Stationierung von Pershing- II-Raketen in Europa). Das österreichische Duo Mess (Elisabeth „Lizzy“ Engstler, Michael Scheikl) hopste unbeschwert über die Bühne und erlächelte sich mit Sonntag Platz 9. 1983 (23.4. München) platzierte Westend (mit G. Lux) Hurricane unter den Augen der französischen Moderatorin Marlene Charell auf Platz 9. 1984 (5.5. Luxemburg) war Anita als One-Hit-Wonder mit dem letzten Platz Einfach weg, das angestammte französische Flair kam von der Moderatorin Desirée Nosbusch. 1985 (4.5. Göteborg/S) ersang G. Lux als Solist mit Kinder dieser Welt Platz 8. 1986 (3.5. Bergen/N) trug die multinationale und multikulturelle Jazzerin T. Brauer das Lied Die Zeit ist einsam für Österreich vor (Platz 18), während Island als Erfolg versprechende popkulturelle Verschmelzung von nordischer Lyrik und britischem Pop erstmals Teilnehmer des S. C.s war. 1987 (9.5. Brüssel) sang Johnny Logan wieder für Irland (Hold me now), G. Lux wiederum für Österreich. Nur noch Gefühl landete jedoch nur auf Platz 20. 1988 (30.4. Dublin) gewann die Kanadierin Céline Dion mit Ne partez pas sans moi für die Schweiz und begründete damit ihre Weltkarriere. Punktelos wurde Wilfried mit Lisa, Mona Lisa – intoniert in der für ihn typischen individuellen Art in der Nähe des Sprechens mit brüchiger Stimme – letzter. 1989 (6.5. Lausanne/CH) errang der junge Thomas Forstner schlagernah mit Nur ein Lied Platz 5. Sowohl Th. Forstners Beitrag als auch jener aus Deutschland (Nino de Angelo mit Flieger, Platz 14) wurden von Dieter Bohlen produziert. Erstmals gewann kurz vor dem Zerfall Jugoslawien.

Europa stand im Umbruch: In Berlin war die Mauer gefallen, der Eiserne Vorhang wurde demontiert. 1990 (5.5. Zagreb) ersang Simone, nach der Vorentscheidung nur zweite Wahl, mit Bezug auf diese Wende in ihrem Lied Keine Mauern mehr Platz 10. Die Einigung Europas thematisierte auch das Siegerlied von Toto Cotugno (Insieme: 1992). 1991 (4.5. Rom) landete Th. Forstner bei seinem zweiten Einsatz mit Venedig im Regen ohne Punkte auf dem letzten Platz. 1992 (9.5. Malmö/S) produzierte D. Bohlen Zusammen geh’n für Tony Wegas und brachte Österreich auf Platz 10. 1993 (15.5. Millstreet/IRL) war das Krieg führende Rest-Jugoslawien von der Teilnahme ausgeschlossen, Südosteuropa bewarb sich in einem internen Streit, den Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Slowenien für sich entschieden. Ihre Beiträge platzierten sie wie T. Wegas mit Maria Magdalena (Platz 14) in der zweiten Hälfte des Feldes. 1994 (30.4. Dublin) sang P. Frey, zwölf Jahre nach Nicole, Für den Frieden der Welt, eine Brunner & Brunner Produktion und erreichte wenig honoriert Platz 17. Der fünfmalige Sieger Luxemburg verabschiedete sich für immer vom S. C. Der Osterweiterung folgend traten dagegen nun erstmals sieben ehemalige Ostblock-Länder an: Estland, Litauen, Russland, Slowakei, Rumänien, Ungarn und Polen (2. Platz). 1995 (13.5. Dublin) brachte der S. C. mit den neuen Ländern sehr vordergründig auf Zeitgemäßheit orientierte Musikproduktionen: laut, kraftvoll, erotisch und stets volksnah wirkend – eine gering gewachsene ausverkaufsträchtige Melange. S. Jones’ Titel Die Welt dreht sich verkehrt (Platz 13) drückte dies ungewollt aus. 1996 (18.5. Oslo) brachte George Nussbaumer erstmals älpischen Rock-Jazz in die zunehmend volkstümelnde Szene (Platz 10 mit Weil’s d’r guat got im Vorarlberger Dialekt). 1997 (3.5. Dublin) dominierten Girlie-Groups: ENI aus Kroatien, Mrs. Einstein aus den Niederlanden. Bettina Soriat schritt mit One step auf Platz 21. Das Abstimmungsverfahren von fünf Ländern basierte nun auf Telefonumfragen des Publikums und nicht mehr den Urteilen einer Fachjury. 1998 (9.5. Birmingham/GB) wurde gänzlich über Televoting der Mainstream-Geschmack favorisiert. Mazedonien nahm erstmals teil, Deutschland brachte mit Guildo Horn kabarettistische Ansätze in den S. C., Österreich pausierte. 1999 (29.5. Jerusalem) gab es große Änderungen im Durchführungsmodus, die Singsprache war nun frei wählbar. Das mittlerweile sounddominierte Arrangement, aufwändige Orchester als Stütze von Pop-Instrumentarien, überlagert von technischen Effekten, zwangen zu Playback-Auftritten. Der österreichische Beitrag von Bobbie Singer Reflection erreichte Platz 10. 2000 (13.5. Stockholm) brachte Österreich Jazziges, All to you mit den Rounder Girls auf Platz 14, während der Talkmaster Stefan Raab für Deutschland mit Wadde hadde dudde da? (Platz 5) eine musikalisch an die Spice Girls angelegte groteske Bühnenperformance darbot. 2001 (12.5. Kopenhagen) war nach der französischen Phase des Chansons nun endgültig der englische Mainstream-Pop zum ästhetischen Maß geworden. Nur mehr drei der 23 vertretenen Lieder enthielten keine Anglizismen. Diesem Trend entsprach der estnische Beitrag Everybody, mit dem Tanel Padar, Dave Benton & 2XL erstmals den Sieg für einen ehemaligen Ostblockstaat davontrugen. Seit 2002 steht der S. C. auch unter einem jährlichen Motto, das metaphernhaft die S. C.-Utopie kommunizieren soll, bei der gleichzeitig gehörte Musik Nationen vereine. Im selben Jahr (25.3. Tallinn) brachte Marie N mit I wanna den Sieg ins Nachbarland Lettland. Der österreichische Beitrag (nach einem Jahr Pause) von Manuel Ortega Say a word (Platz 18) könnte auch als ein ungewollter Kommentar zur sexistischen Folklore des Aufschwungsüberschwangs der neuen Staaten gelesen werden. 2003 (24.5. Riga) setzte der Kabarettist Alf Poier mit Weil der Mensch zählt (Platz 6) seine kritische Dekonstruktion des Bemühens eines billigen Pop-Business um Auffälligkeit um jeden Preis fort. Die russischen pseudo-homosexuellen jungen Frauen mit dem Lolita-Image t.A.T.u. errangen Platz 3. Sertab Erener gewann mit Everyway that I can für die Türkei und bot mit Haremklischees eine Projektionsplattform für europäisch männlich geprägte Sehnsüchte sowie für Frauenmitgefühl in einem technoiden Klang-Environment – mittlerweile dominant von deutschen Touristen in den Tanztempeln der Balearen/E genossen. 2004 (24.5. Istanbul) präsentierten 36 teilnehmende Länder ihre Lieder zunächst in einem erstmals ausgetragenen Halbfinale. Die österreichische Boy-Group Tie-Break sang ihre Schlagerballade Du bist im Finale auf Platz 21. Insgesamt landeten besinnliche Lieder im hinteren Feld, Sinnliches dominierte. Mit Wild Dances, einer Mischung aus Stereotypien um volkstümliche Kraft und archaischen Sex, erlangte die Ukraine bei ihrem ersten Antreten Platz 1. 2005 (21.5. Kiew) waren Global.Kryner, Gewinner der österreichischen Vorausscheidung, mit ihrer technoiden Volkstümelei (Así) nicht Teil des S.s, sie schieden im Halbfinale (Platz 21) aus. Mit My Number one von Helena Paparizou war Griechenland erstmals Europas Nummer 1. Im Jahr darauf (20.5. Athen) siegte überraschend die finnische Hardrockgruppe Lordi in Ganzkörper-Monsterkostümen mit Hard Rock Hallelujah; sie hatte bereits das Semifinale für sich entscheiden können. 2007 (12.5.) verließ Marija Šerifović mit Molitva die finnische Hauptstadt Helsinki als Siegerin und holte den S. C. nach Serbien, das erstmals als eigenständiges Land angetreten war. Molitva war die erste Ballade seit 1996, die den Sieg erringen konnte. Österreich war nach einem Jahr Pause wieder vertreten, Eric Papilaya, Teilnehmer der dritten Staffel (2006/07) der ORF-Castingshow Starmania, schaffte mit Get A Life – Get Alive aber nur den 27. Patz im Semifinale; in den Jahren 2008–10 nahm Österreich am S. C. aufgrund von Unzufriedenheit mit dem Reglement nicht teil. Belgrad 2008 (24.5.) brachte bedingt durch die stetig steigende Teilnehmerzahl erstmals zwei Semifinale, dieser Modus wurde seither beibehalten. Den Sieg holte Diman Bilan mit Believe. Damit fand der S. C. 2009 (16.5.) erstmals in Russland statt, wo Norwegen in Moskau mit Fairytale, vorgetragen von Alexander Rybak, einen überwältigenden Sieg feiern konnte (mehr als 160 Punkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten). In diesem Jahr wurden auch wieder die nationalen Jurys eingeführt, seither werden die Länderwertungen aus einer Kombination von Juryentscheid und Publikumsvoting ermittelt. 2010 in Oslo (29.5.) gewann die von St. Raab entdeckte Lena für Deutschland mit Satellite. Die in Düsseldorf 2011 (14.5.) veranstaltete 56. Auflage des S. C.s brachte den Sieg für das Duo Ell & Nikki mit Running Scared, womit der S. C. 2012 (26.5.) an den Grenzen Europas in Aserbaidschan stattfand. Erstmals seit sieben Jahren war Österreich 2011 wieder im Finale vertreten, die Siegerin der dritten Staffel (2006/07) der ORF-Castingshow Starmania, Nadine Beiler, bestach mit einer exzellenten Stimme, die Ballade The Secret Is Love konnte jedoch nicht ganz überzeugen und N. Beiler belegte nach Platz sieben im zweiten Halbfinale im Finale den 18. Platz. 2012 gewann in Baku Loreen mit Euphoria für Schweden, für Österreich (Trackshittaz: Woki mit deim Popo) reichte es im ersten Halbfinale (22.5.) nur für den 18. und insgesamt letzten Platz. Am 18. Mai 2013 in Malmö konnte Emmelie de Forest mit Only Teardrops den Sieg für Dänemark erringen, für Österreich kam die Schülerin Natália Kelly im ersten Halbfinale (14.5.) mit Shine nicht über den 14. Platz hinaus. Der am 10.5.2014 in Malmö ausgetragene 59. S. C. brachte für Österreich jedoch den lang ersehnten und trotz einer gewissen Mitfavoritenstellung letztlich unerwartet deutlichen – 52 Punkte Vorsprung – Sieg, den ersten seit 1966. In Kopenhagen gewann C. Wurst mit Rise Like a Phoenix. Unter den mindestens einmal siegreichen Ländern war Österreich bis dahin jenes Land, das am längsten auf einen neuerlichen Erfolg warten musste. Der 60. S. C. fand vom 19. bis zum 23.5.2015 in Wien statt, wobei Österreich – mit einem Fixplatz im Finale vertreten – auch nicht annähernd an den Erfolg des Vorjahrs anschließen konnte: The Makemakes belegten mit I am Yours trotz brennenden Klaviers punktelos den vorletzten Platz. Der Sieg ging an Schweden mit Måns Zelmerlöw und seinem Lied Heroes, der das S. C.-Motto „Building Bridges“ als Entwicklung vom Individuum zum Kollektiv deutete und sowohl im Text, musikalisch als auch visuell (durch Videoprojektion) umsetzte. Im darauffolgenden Jahr ging der S. C. vom 10. bis zum 14. Mai 2016 in Stockholm über die Bühne. Den Sieg holte sich die Ukraine (die Sängerin Jamala mit 1944), Österreichs Vertreterin Z. Straub belegte mit Loin d’ici Platz 13 (nach Platz 7 im ersten Halbfinale). 2017 (9.–13.5.) in Kiew siegte erstmals in der Geschichte des S. C. Portugal (Salvador Sobral mit Amar Pelos Dois), Österreich fand sich auf Rang 16 wieder (nach Platz 7 im zweiten Halbfinale), wobei Nathan Trent (Running on Air) im Finale seine Punkte lediglich von der Jurywertung erhielt und bei der Publikumswertung leer ausging. Israel (die Sängerin Netta mit Toy) konnte 2018 (8.–12.5.) in Lissabon erstmals nach 20 Jahren wieder gewinnen, der für Österreich startende Cesár Sampson (Nobody but You) landete mit Platz 3 (nach Platz 4 im ersten Halbfinale) einen Achtungserfolg; nach der Jurywertung war er zunächst sogar noch in Führung gelegen. Die 64. Auflage des Events in Tel Aviv/IL (14.–18.5.2019) entschieden zum ersten Mal nach 1975 die Niederlande für sich (Duncan Laurence mit Arcade). Für Österreich belegte die Sängerin PÆNDA (eig. Gabriela Horn) mit Limits im zweiten Halbfinale (16.5.) nur den 17. Platz und in der Endwertung den insgesamt 40. Rang unter 41. Teilnehmernationen. Der S. C. 2020 fiel wegen der Covid-19-Pandemie aus. Für Österreich hätte Vincent Bueno, der bereits 2017 als Backgroundsänger für N. Trent am S. C. teilnahm, mit Alive antreten sollen. Statt des offiziellen Events produzierten mehrere Länder Ersatzshows. Für Österreich konzipierte der ORF Den kleinen Song Contest, der vom 14. bis zum 18.4. ausgestrahlt wurde. Die Jury bestand aus zehn ehemaligen österreichischen S. C.-Teilnehmer*innen, die aus den eingesandten Musikvideos drei Tagesgewinner eruierten; im Finale siegte Malta. Am 16.5. übertrug der ORF auch die offizielle Live-Ersatzshow der EBU (Europe Shine a Light). Hier wurden die Songs erneut und ohne Wettbewerbscharakter vorgestellt; des Weiteren interpretierten die S. C.-Teilnehmer*innen des Jahres sowie Auserwählte des Publikums vergangene Siegersongs. Der 65. S. C. fand in Rotterdam (18.–22.5.2021) statt. Erstmals seit 1990 – und insgesamt zum dritten Mal – gewann Italien (Måneskin mit Zitti e bueni); V. Bueno entging mit dem 12. Platz (Amen) für Österreich knapp dem Finale. Zudem befanden sich erstmals seit 1995 keine englischsprachigen Beiträge unter den ersten drei Plätzen. 2022 wirkte die russische Invasion in die Ukraine auch in den S. C. in Turin hinein (Ausschluss Russlands). Für die Ukraine siegte Kalush Orchestra mit einer Mischung aus Folklore, Hip Hop und Breakdance (Stefania) – durch das Publikumsvoting (wohl auch als solidarisches Zeichen) mit unschlagbaren 165 Punkten Vorsprung. Das Österreich vertretende Duo DJ LUM!X und Pia Maria erlangte mit dem Partysong Halo nur den 15. Platz des ersten Halbfinales. Beim S. C. 2023 (Liverpool/GB) siegte Schweden erneut mit Loreen (Tattoo). Mit TEYA & SALENA schickte Österreich wiederholt ehemalige Starmania-Kandidatinnen zum S. C., die mit ihrem feministisch angehauchten Who the hell is Edgar? trotz des aussichtsreichen 2. Platzes im Halbfinale nur den 15. Platz im Finale belegten.

Die Idee eines medial mitgetragenen vereinten Europas, zuerst von Wirtschaftsbündnissen vorbereitet, schließlich mit einem gemeinsamen Parlament und einer gemeinsamen Währung politisch realisiert, stellte sich nach anfänglicher Dominanz des französischen Chansons, des deutschen Schlagers und des britischen Pops ab den 1980er Jahren als touristische Verkaufsplattform südlicher und östlicher Landschaftsexotismen und eines in platter Form verkauften Sex-Tourismus dar. Obwohl politische Aussagen beim S. explizit untersagt werden, war die Verschlüsselung derselben in Songs und Inszenierungen immer schon Bestandteil des Wettbewerbs. Seit Ende der 1990er Jahren versucht sich der S. C. zudem auch als tolerantes Musterbeispiel queerer Inhalte zu präsentieren, wodurch sexualpolitische Ideale zwischen den Nationen verhandelt und von Europa als Ganzes nach außen getragen werden. Europa ist eine politische Realität, wenn auch unterschiedlich akzeptiert, der Beitrag dieser Musik dazu scheint bescheiden zu sein. Vor allem in der Entwicklung des S. C. lässt sich die zunehmende Bedeutsamkeit exzentrischer und skurriler Performances beobachten. Die Verschmelzung von Immigranten-Musik mit britischer und zentraleuropäisch populärer Musik im kontinentalen Rap und Hip-Hop trägt Integrationspotential in sich.


Literatur
J. Feddersen, Ein Lied kann eine Brücke sein 2002; Ch. Ehardt u. a. (Hg.), Eurovision S. C.: eine kleine Geschichte zwischen Körper, Geschlecht u. Nation 2015; I. Wolther, "Kampf der Kulturen". Der Eurovision S. C. als Mittel national-kultureller Repräsentation 2006; Beiträge von J. Prominczel und I. Raykoff in ÖMZ 70/4 (2015); T. Rosenberg in lambda nordica 2 (2020); www.eurovision.tv (5/2023); http://de.wikipedia.org/ (5/2023); www.1000things.at/die-schraegsten-song-contest-beitraege (6/2023); eigene Recherchen.

Autor*innen
Werner Jauk
Christian Fastl
Karoline Hochstöger
Letzte inhaltliche Änderung
25.8.2023
Empfohlene Zitierweise
Werner Jauk/Christian Fastl/Karoline Hochstöger, Art. „Song Contest‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 25.8.2023, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0009feec
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0009feec
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