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Spital am Pyhrn
Ehemaliges Kollegiatstift weltlicher Chorherren am schon in vorgeschichtlicher Zeit genutzten und von den Römern zur Verbindung von Aquileia/I und Ovilavis (Wels) ausgebauten Pyhrn-Pass in Oberösterreich. 1190 verlegte Bischof Otto von Bamberg/D ein bereits bestehendes Hospiz für Pilger und Reisende näher an den Pass auf bambergisches Gebiet. Dieses wurde 1418 unter Bischof Albrecht von Wertheim in ein Kollegiatstift umgewandelt (Kirchweihe 1434) und 1605 durch Papst Paul V. zur Propstei erhoben. 1714 wurde der barocke Neubau der Kirche begonnen (1736 geweiht). Das Stift hatte große Verdienste in der kulturellen Erschließung des Windischgarstener Beckens und überstand zunächst den josephinischen Klostersturm, die Aufhebung 1807 erfolgte eher unvermutet: K. Franz I. wies die Gebäude den aus St. Blasien im Schwarzwald vertriebenen Benediktinern zu. Diese zogen jedoch 1809 nach St. Paul im Lavanttal unter Mitnahme der Bibliothek – soweit sie, da ja aus Privatbesitz stammend, im Stift verblieben war – weiter. Die Kirche ist seither Pfarrkirche, die Besitzungen wurden zugunsten des Religionsfonds veräußert, das Archiv gelangte nach Linz. Die Handschriften Michael Wochners (* ca. 1430 Auerbach/Franken, † 17.9.1480 Sp.), eines der bedeutendsten Humanisten des Landes, gelangten über seinen Mitkanoniker Albert Gross († 1492) und den Pfarrer von Thalheim bei Wels, Peter Groß von Trockau, an das Stift Kremsmünster.

Die Quelle für das angeblich um 1350 in der Obersteiermark entstandene Neidhartspiel (Neidhart, gen. v. Reuental, Fuchs, Neithart) von St. Paul könnte von hier stammen. Eine Musikgeschichte des Stifts Sp. ist auch nicht ansatzweise erarbeitet, aus anderen Zusammenhängen bekannte Daten sind daher in ihrer Relevanz kaum einzuschätzen. Einige Handschriften von hier befinden sich heute (2005) in St. Paul, darunter das notierte Missale Cod. Hosp. Membr. 7 (15. Jh., vielleicht noch aus der Zeit der Besiedlung) sowie die Handschriften Cod. 8/5, 92/3 und 142/4. Nicht nur von Choralgesang ist auszugehen, die Führung eines Sängerknabeninstituts sowie einzelner Stiftsmusiker (d. h. Figuralmusik, darunter der „Organist und Kuchelmeister Georg Gärbärin“, vor 1640) ist ebenso belegt wie einzelne Chorherren als aktive Musiker bekannt sind, so der ehemalige Schulmeister der Klosterschule in Prüfening/Bayern Albert Elsendorfer (* 1356 Kelheim bei Regensburg/D, † 27.5.1429 Sp.) auch als Schreiber, Heinrich Lang (* zw. 1395/1400 Bamberg, † 24.9.1463 Sp.) als Regens chori und Organist, Simon Kirchschlager (* ca. 1450 Kirchschlag/NÖ, † 28.5.1515 Sp.) als Organist, Wolfgang Zechner (* ca. 1450 ?, † 18.8.1489 Sp.) als „scriptor et cantor“, Balthasar Gottfried Beinsteidl (* 4.1.1637 Wilhelmsburg/NÖ, † 10.4.1690 Sp.) auch als Komponist (8 Sonaten, nicht erhalten), Josef Dominik Prandtner (* 6.4.1680 Sp., † 30.7.1724 Sp.) als Musiker und Seelsorger, Markus Josef (a) Rossa (* vor 1668 Krainburg/Krain [Kranj/SLO], † ?) zw. 1693/1713 als Musiker, Rudolf Johann Schachner (* 26.8.1690 Passau/D, † 15.4.1747 Vorderstoder/OÖ), Johann Adam Anton Weber (* 29.6.1696 Leopoldschlag/OÖ, † 1730 [Ort?]) und Johann Paul Wöss (* 1.1.1725 Aigen, Mühlviertel/OÖ, † 20.11.1791 Wels) als private Musiker. Der nach 1710 hier verstorbene Sänger J. G. Scheibl ist Stammvater mehrerer Musiker. Der Erbauer der 1770 in der Stiftskirche Schlierbach errichteten Orgel, Valentin Hochleitner, ist 1763 im benachbarten Windischgarsten und 1770 in Sp. bezeugt.


Tondokumente
TD: Die Orgel der Stiftskirche Spital am Phyrn (Orgellandschaft Oberösterreich XVIII), 2015.
Literatur
Hb. hist. Stätten/Donauländer 1970; F. X. Pritz, Gesch. des einstigen Kollegiatstiftes weltlicher Chorherrn zu Sp. a. P. im Lande ob der Enns = Archiv für österr. Gesch. 10 (1953); H. Krawarik, Die weltlichen Chorherren von Sp. a. P. (1418–1807), 1988; O. Wessely, Musik in Oberösterreich 1951.

Autor*innen
Rudolf Flotzinger
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Rudolf Flotzinger, Art. „Spital am Pyhrn‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x00075a0f
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
HÖRBEISPIELE

Justinus Heinrich Knecht, Rondo, gespielt von Klaus Sonnleitner an der Orgel der Stiftskirche Spital am Phyrn
© 2015 Studio Weinberg, 4292 Kefermarkt

DOI
10.1553/0x00075a0f
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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft

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