Bauduin (geb. Neustädtel, verh. von Buttlar),
Esther Maria Franziska Leopoldine (geb. Netti; auch Ernestine de B. van Eys, von B., Buttlar-B.)
* 16.4.1842 oder 1852 Arad/Ungarn (RO),
† 21.4.1906 Wien.
Komponistin.
Tochter des jüdischen Kaufmanns Jakob Neustädtel († vor 1869) und dessen Frau Fanni Tiberger († nach 1869). Die Jahre bis zu ihrem Austritt aus dem mosaischen Glauben 1869 liegen im Dunkeln. Am 15.4.1869 ließ sie sich als Netti Neustädtel in der Kirche St. Josef ob der Laimgrube (Wien VI) taufen und heiratete dort eine Woche später den k. k. Maschinenmeister Eduard B. (* 1829 Antwerpen/B, † 1899 Graz), der in Pola (Pula/I) stationiert war. B. verstand es offenbar, ihre Herkunft geschickt zu verschleiern, in zeitgenössischen Berichten über sie finden sich kaum greifbare Angaben zu ihrem Leben. Dafür sprechen auch die ihr zuzuordnenden zahlreichen Namensvarianten, wobei festzuhalten ist, dass ihr erster Mann zeit seines Lebens kein Adelsprädikat führte und van Eys der Familienname ihrer Schwiegermutter war. Ihr selbst soll aber der päpstliche Titel einer Baronin verliehen worden sein, als solche wird sie erstmals 1885 bezeichnet. Über B.s musikalische Ausbildung liegen keine konkreten Angaben vor, sie soll von L. Eder unterrichtet worden sein, der jedenfalls die Aufführung ihrer Kompositionen förderte. Einer zeitgenössischen Mitteilung zufolge komponierte sie ab dem 12. Lebensjahr. 1877 erschienen die ersten Kompositionen im Druck, die B. sowohl als künstlerische als auch gesellschaftliche Persönlichkeit bekannt machten. Als Gegnerin des Cäcilianismus wurde sie in den 1880er Jahren zu einem Feindbild von F. X. Witt und anderer radikaler Cäcilianisten. Nach ihrer Scheidung und Konversion zum evangelischen Glauben A. B. heiratete sie 1892 oder 1893 den Besitzer der Herrschaft Tulbing/NÖ Franz (Francis) Freiherr v. Buttlar, mit dem sie 1893 zunächst in England lebte; Reisen nach London, Paris und in die Niederlande sind auch für 1894/95 und 1898 belegt. Ab den 1890er Jahren galt ihr Salon als „Treffpunkt der musikalischen Welt“. War sie bis in die 1890er Jahre präsent in der Wiener Gesellschaft, so sank ihre Popularität schlagartig, als sie 1901 wegen Geisteskrankheit unter Kuratel gestellt wurde (als Kuratoren fungierten zunächst der Advokat Friedrich Elbogen, dann ihr Mann). Sie hatte einen Großteil ihres Vermögens ausgegeben bzw. durch Betrug verloren. Ab diesem Zeitpunkt fand sie kaum noch gesellschaftliche und künstlerische Beachtung. 1904 lebte sie in Pressburg und befand sich in Konkurs. Das Sterbebuch verzeichnet sie als „Ernestine Freiin von Buttlar Gutsbesitzersgattin“. In ihrem vielseitigen kompositorischen Schaffen mit Liedern, Klavierwerken und Kammermusik (eine 1891 angekündigte Oper scheint nicht vollendet bzw. aufgeführt worden zu sein), erlangte B. hauptsächlich durch ihre kirchenmusikalischen Werke Bekanntheit. Ausgesprochene Popularität gewann sie durch den Umstand, den Erlös ihrer Werke für wohltätige und kirchliche Zwecke, auch zur Förderung junger KünstlerInnen zu nutzen. Dieser nahm sie sich auch persönlich an, wie z. B. der Opernsängerinnen Jenny Broch oder Charlotte Tischler. B. war die am häufigsten aufgeführte Liedkomponistin der Wiener Konzertszene in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s. Th. Kretschmann verewigte sie in seinen Lebenserinnerungen und überliefert, dass sie sich die Aufführung ihrer Werke, die von sehr zweifelhafter Qualität gewesen sein sollen, in Kirche und Konzertsaal erkauft hat und selbst kaum musiktheoretische Kenntnisse hatte.
Ehrungen
Päpstlicher Adelsstand (Baronin) 1885?; Silberne Medaille von Papst Leo XIII. 1887; Goldene Medaille von Papst Leo XIII. 1889; Sächsische Medaille f. Kunst und Wissenschaft; Niederländischer Orden „Star of Merit“ f. Kunst und Wissenschaft; Ehrendame des Melusinenordens; Ehrenmitglied des Gesangvereins Arion, der Italienischen Kongregation und des Wr. Cäcilien-Vereins; Widmungsträgerin von Gustav Kühles Lied f. Mezzosopran und Kl. An E. de Bauduin (op. 50, T: Rosa Baracli).
Päpstlicher Adelsstand (Baronin) 1885?; Silberne Medaille von Papst Leo XIII. 1887; Goldene Medaille von Papst Leo XIII. 1889; Sächsische Medaille f. Kunst und Wissenschaft; Niederländischer Orden „Star of Merit“ f. Kunst und Wissenschaft; Ehrendame des Melusinenordens; Ehrenmitglied des Gesangvereins Arion, der Italienischen Kongregation und des Wr. Cäcilien-Vereins; Widmungsträgerin von Gustav Kühles Lied f. Mezzosopran und Kl. An E. de Bauduin (op. 50, T: Rosa Baracli).
Werke
Über 200 Kompositionen, größtenteils verschollen, darunter: Kirchenmusik (u. a. Messe in D-Dur f. Chor, Soli und Orch. op. 203, gewidmet Papst Leo XIII., Ave Maria, O sanctissima, zahlreiche Offertorien), Lieder (u. a. Der Page der Königin 1879, Der Nachtigallen Abendlied 1877), Kammermusik (u. a. Quadrille Allemande, Adagio religioso 1887, Fleurs de Nil f. Vc. und Kl. 1886, Gavotte 1890), Klaviermusik (u. a. Chant des Sirènes 1878, Violettes de Parme 1877).
Über 200 Kompositionen, größtenteils verschollen, darunter: Kirchenmusik (u. a. Messe in D-Dur f. Chor, Soli und Orch. op. 203, gewidmet Papst Leo XIII., Ave Maria, O sanctissima, zahlreiche Offertorien), Lieder (u. a. Der Page der Königin 1879, Der Nachtigallen Abendlied 1877), Kammermusik (u. a. Quadrille Allemande, Adagio religioso 1887, Fleurs de Nil f. Vc. und Kl. 1886, Gavotte 1890), Klaviermusik (u. a. Chant des Sirènes 1878, Violettes de Parme 1877).
Literatur
Marx/Haas 2001; I. Korotin (Hg.), biografiA 1 (2016); Th. Kretschmann, Tempi passati 1910, 110–113; Dt. Kunst- und Musik-Ztg. 11.3.1884, 109; Der Humorist 1.2.1885, 1f, 20.2.1891, 1f; Wr. Allgemeine Ztg. 24.2.1885, 6; Extrapost 6.4.1885, 1; Wr. Salonbl. 28.3.1886, 8f u. Beilage, 23.4.1893, 1f, 14.1.1894, 5, 27.1.1895, 6, 19.5.1895, 9, 25.8.1895, 10, 6.2.1898, 4; Dt. Musikztg. 1887, H. 45, 376; Österr. Musik- und Theaterztg. 1888, H. 5, 6, 1889, H. 7, 11, 1890, H. 13, 6f, 1897, H. 5, 8; Die Bombe 21.12.1890, 1f; Grazer Tagbl. 28.3.1899, 3; Illustrirtes Wr. Extrabl. 3.12.1901, 5, 1.11.1902, 48; (Neuigkeits) Welt-Bl. 4.12.1901, 5; Leitmeritzer Ztg. 7.12.1901, 29; Neues Wr. Journal 12.8.1904, 8; Wr. Ztg. 13.8.1904, Amtsbl., 182; Neues Wr. Tagbl. 23.4.1906, 8, 25.4.1906, 11; Wr. Ztg. 23.4.1906, 5; NFP 23.4.1906, 10, 24.4.1906, 7; Taufbuch 1868–69 der Pfarre St. Josef ob der Laimgrube (Wien VI), 1869, fol. 30; Trauungsbuch 1867–70 der Pfarre St. Josef ob der Laimgrube, fol. 104; Sterbebuch 1906 der Evangelischen Pfarrgemeinde A. B. (Wien I), RZ 205; Ch. VanderHart, Ernestine de B. (https://mugi.hfmt-hamburg.de, 4/2021); www.geschichtewiki.wien.gv.at (4/2021).
Marx/Haas 2001; I. Korotin (Hg.), biografiA 1 (2016); Th. Kretschmann, Tempi passati 1910, 110–113; Dt. Kunst- und Musik-Ztg. 11.3.1884, 109; Der Humorist 1.2.1885, 1f, 20.2.1891, 1f; Wr. Allgemeine Ztg. 24.2.1885, 6; Extrapost 6.4.1885, 1; Wr. Salonbl. 28.3.1886, 8f u. Beilage, 23.4.1893, 1f, 14.1.1894, 5, 27.1.1895, 6, 19.5.1895, 9, 25.8.1895, 10, 6.2.1898, 4; Dt. Musikztg. 1887, H. 45, 376; Österr. Musik- und Theaterztg. 1888, H. 5, 6, 1889, H. 7, 11, 1890, H. 13, 6f, 1897, H. 5, 8; Die Bombe 21.12.1890, 1f; Grazer Tagbl. 28.3.1899, 3; Illustrirtes Wr. Extrabl. 3.12.1901, 5, 1.11.1902, 48; (Neuigkeits) Welt-Bl. 4.12.1901, 5; Leitmeritzer Ztg. 7.12.1901, 29; Neues Wr. Journal 12.8.1904, 8; Wr. Ztg. 13.8.1904, Amtsbl., 182; Neues Wr. Tagbl. 23.4.1906, 8, 25.4.1906, 11; Wr. Ztg. 23.4.1906, 5; NFP 23.4.1906, 10, 24.4.1906, 7; Taufbuch 1868–69 der Pfarre St. Josef ob der Laimgrube (Wien VI), 1869, fol. 30; Trauungsbuch 1867–70 der Pfarre St. Josef ob der Laimgrube, fol. 104; Sterbebuch 1906 der Evangelischen Pfarrgemeinde A. B. (Wien I), RZ 205; Ch. VanderHart, Ernestine de B. (https://mugi.hfmt-hamburg.de, 4/2021); www.geschichtewiki.wien.gv.at (4/2021).
Autor*innen
Francesca-Maria Raffler
Christian Fastl
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
23.9.2022
Empfohlene Zitierweise
Francesca-Maria Raffler/Christian Fastl,
Art. „Bauduin (geb. Neustädtel, verh. von Buttlar), Esther Maria Franziska Leopoldine (geb. Netti; auch Ernestine de B. van Eys, von B., Buttlar-B.)“,
in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
23.9.2022, abgerufen am ),
https://dx.doi.org/10.1553/0x003cdd62
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