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Budapest
Hauptstadt von Ungarn. Entstand 1873 aus der Vereinigung der Siedlungen von Óbuda, Buda und Pest. Óbuda war unter dem Namen Aquincum Zentrum der römischen Provinz Pannonien (100–400), aus dieser Zeit (3. Jh.) blieb eine der ältesten Wasserorgeln (hydraulis) erhalten. Die Bezeichnung Regtelek der einstigen Ansiedlung im nordöstlichen Teil B.s verweist auf die Wohnstätte der im Dienste des Königs stehenden, Mitte des 14. Jhs. bereits ausgestorbenen Spielleute, der sog. Igritzen (Regös).

Das mittelalterliche Musikleben organisierte sich im Umkreis zweier Zentren: um die Kirche (und die dazugehörigen Schulen) sowie den Königshof. Die erste königliche Stiftung der über dem altrömischen Lager entstandenen Niederlassung Pest, welche an Stelle der heutigen Hauptpfarrkirche der Stadt B. lag, wurde aus einem römischen Sanktuarium zur christlichen Kultstätte verwandelt. Im 13. Jh. bestand bereits die Franziskanerkirche, der in Ungarn entstehende Paulanerorden errichtete in Budaszentlőrinc sein wichtigstes Kloster. Die hiesige Orgel wurde von dem Paulaner János Szondi gebaut. Im Besitz der Paulaner befand sich vermutlich auch ein zu Anfang des 15. Jh.s geschriebenes Missale, das heute in Göttweig aufbewahrt wird. Die Rolle der Dominikaner im Schulwesen repräsentiert das in dem von Béla IV. (reg. 1235–70) nach dem Tatarensturm gestifteten St. Nikolauskloster errichtete Studium generale (1305–ca. 1530). Im Gebrauch der Dominikaner in Buda befand sich auch jene Sammlung musiktheoretischer Traktate aus dem 10. Jh. (mit späteren Ergänzungen), welche heute in Wien (ÖNB Cpv 55.) aufbewahrt wird. Als Dokumente der kirchenmusikalischen Praxis in Buda sind offensichtlich drei weitere notierte Codices zu werten: das 1463 von Franciscus de Futhak fertig gestellte Graduale (heute in Istanbul), ein Antiphonar des 15. Jh.s mit Eintragungen in Graner Choralnotation (heute in Pressburg [Bratislava]) sowie ein Psalter (heute in Esztergom).

Zum Musikleben am Hof der in Buda residierenden Könige (Ludwig der Große 1342–82, Sigismund 1387–1437) sind zahlreiche Dokumente überliefert, zur Hofhaltung Sigismunds gehörte Oswald v. Wolkenstein, auch P. Suchenwirt und M. Beheim besuchten den Königshof. Dank Beatrix von Aragonien stand die Kultur am Renaissance-Hof ihres Mannes Matthias Corvinus (1458–90), der nach der Eroberung von Mähren, Schlesien, der Lausitz, von Niederösterreich und der Steiermark 1485 in Wien einzog, auf besonders hohem Niveau. Unerlässlicher Bestandteil der Feste waren Blas- und Schlaginstrumente, die höfische Unterhaltungsmusik dominierten Streichinstrumente; berühmt war auch die Orgel der Burg zu Buda. Die Sänger als ständige Mitwirkende an kirchlichen und weltlichen Festlichkeiten bzw. als Träger der humanistischen Kultur haben eine Vorzugsstellung am Königshof genossen. Die Quellen berichten über die Aufführung von Werken im burgundischen bzw. franko-flämischen Stil. Neben dem überwiegend aus italienischen, französischen und deutschen Mitgliedern bestehenden Chor von König Matthias wurde unter ungarischer Leitung auch der heimische Nachwuchs gesichert: Die Chorknaben wanderten – ähnlich wie andere Musiker – als ungarische Königssänger quer durch Europa. Zu den Hofkapellmeistern des Königs zählten wahrscheinlich E. Lapicida sowie Johannes Stockem (ca. 1445–nach 1501) aus Lüttich, und es ist auch die Anwesenheit weiterer europäischer Musiker bei Hof anzunehmen, etwa des Komponisten J. Barbireau, des Lautenspielers Pietro Bono (ca. 1417–1497) oder des Organisten Stefano da Salerno. Als Tafelmusik dienten epische Heldenlieder in ungarischer Sprache mit Lautenbegleitung, und auch Tänze waren wichtige Bestandteile der Unterhaltung. Die Auswirkung der höfischen Kultur der Renaissance auf die liturgische Musik zeigt sich an einigen, den Kurialritus repräsentierenden Handschriften der berühmten Corvina-Sammlung, als deren berühmtestes Stück das Matthias-Graduale (H-Bn) gilt.

Nach dem Tod von Matthias lebte am Hof zu Buda die Praxis der vokalen Polyphonie weiter. Die letzte Blütezeit der ungarischen Hofrenaissance fiel in die Regierungszeit von Wladislaus II. (1490–1516), dessen Chor und Kapelle von Márton Huszti geleitet wurde, sowie von Ludwig II. (1516–26), an dessen Hof auch W. Grefinger gewirkt haben soll, wo um 1517 Adrian Willaert (ca. 1490–1562) zu Besuch weilte (unter dessen zahlreichen Titeln figuriert auch jener eines „ungarischen königlichen Musikers“) und mit dem auch der Name H. Fincks in Verbindung gebracht wird. Gleichzeitig wurde das Ensemble der Königin Maria von Th. Stoltzer geleitet. Der Knabenchor der Burgkapelle zu Buda wirkte unter der Führung von Johannes Lang. Als berühmte Orgel- und Virginalspieler des ausgehenden 15. Jh.s sind die Namen von Grimpeck und seinem ungarischen Schüler János Steck überliefert.

Im 15. und 16. Jh. standen die Schulen unter kirchlicher Leitung und die Musik der Kirchen und Schulen entwickelte sich in engster Verbindung. Die Studenten und eventuell auch deren Lehrer waren gleichsam Mitglieder des Kirchenchores, bei den Schulfesten halfen wiederum die erwachsenen Chor- und Orchestermitglieder, Stadtmusikanten und Turmbläser aus. Fürst Sigismund (der spätere König von Polen) wird z. B. 1501 von Turmbläsern und deutschen Sängerknaben der Kirche Mariä Himmelfahrt der Burg zu Buda sowie von ungarischen Sängerknaben der Kirche St. Maria Magdalena der Burg zu Buda begrüßt.

In der Zeit ab der Niederlage bei Mohács 1526 bis zur Rückeroberung der Stadt Buda 1686 erfolgte die geistliche Entwicklung des dreigeteilten Landes (das westliche Gebiet befand sich unter der Herrschaft der Habsburger, der Mittelteil wurde durch die Türken erobert, allein Siebenbürgen blieb unabhängig) unterschiedlich. Obwohl Buda erst 1541 dem Sultan Suleiman I. unterlag, wurde die jh.elange Kontinuität des Musiklebens am Königshof bereits unter König János I. (1526–41) unterbrochen. Trotzdem nahm die Laufbahn des berühmten Lautenisten und Komponisten B. Bakfark (Greff) in Buda bei hiesigen Lehrmeistern ihren Anfang, und auch der berühmteste unter den wandernden ungarischen Epensängern, Sebestyén Tinódi (ca. 1505/10–56), besuchte die Stadt. Während der 150 Jahre langen türkischen Okkupation gab es in der Burg zu Buda ein Orchester des Pascha, auch Pest verfügte über ein eigenes türkisches Ensemble.

Nach der Rückeroberung von Buda wollte Leopold I. (1657–1705) die Stadt mit ihrer geringen ungarischen Bevölkerung durch Ansiedlung fremder – auf dem Burggebiet hauptsächlich deutscher – Einwohner neu beleben. Nach seinem Wunsch haben sich die Jesuiten niedergelassen und sofort mit dem Ausbau ihres Schulsystems begonnen. Nach dem Muster des Wiener Pazmaneums wurde das Jesuitenseminar errichtet, in welchem der Unterricht von Kirchenliedern eine besondere Rolle spielte. 1696 erhielten die Jesuiten das Gebäude der mittelalterlichen Hsch. der Dominikaner zusammen mit der Kirche Mariä Himmelfahrt auf der Burg (der erste Regens chori war 1688–95 der aus Győr stammende Johannes Gregorius Seiz), anfangs hatten sie auch die Pfarren der Vorstädte zu betreuen. Ab 1688 erklang also in Buda erneut mehrstimmige Musik und ab 1690 gibt es fortlaufend Berichte über musiktheatralische Aufführungen. Mit seinen Schenkungen von Instrumenten und Noten schuf der Palatin Pál Esterházy in den 1690er Jahren die Bedingungen für ein Musikleben auf hohem Niveau. Die zu Beginn des 18. Jh.s bereits fest eingebürgerte Praxis forderte die Präsenz von Chor und Orchester, bei letzterem auch die Mitwirkung von Schülern. 1723 wurden sämtliche Bestände durch einen Brand vernichtet. Anstelle der verbrannten Orgel wurde nach 1768 ein nach Vorbild der Wiener Jesuitenkirche unter Führung des dortigen Orgelbauers angefertigtes Instrument aufgestellt. Weitere Instrumente wurden durch Schenkungen bzw. durch die Vermittlung der Wiener Ordensbrüder erworben. Dadurch wurde auch der „Wiener Geist“ importiert: Die aufgeführten Komponisten waren Regentes chori der dortigen Kirchen, Musiker vom Kaiserhof sowie italienische und deutsche Komponisten der Zeit. Führende Persönlichkeiten des Kirchenmusiklebens gelangten meistens nach einem Musikstudium in Wien in die Hauptkirche zu Buda, so z. B. Ignác Müller, aus dessen 1710–50 geführtem Notenverzeichnis die Repertoireänderungen der Zeit seines Aufenthaltes in Buda (1723, 1725, 1731–35) gut ablesbar sind. Von 1730 bis zum Ende des Jh.s sind insgesamt vier Musiker-Verzeichnisse erhalten, denen entnommen werden kann, dass die Musiker zumeist mehrere Instrumente beherrschten und z. T. sogar auch gesungen haben. Die Kapelle der Kirche St. Anna in der Wasserburg (Víziváros) wird 1727 zum erstenmal erwähnt, 1756 soll sie sogar über eine Orgel verfügt haben.

1715–18 haben sich die Pfarr- und Stadt-Musici zu einer gemeinsamen Bruderschaft zusammengeschlossen. Mitglieder der Musikergilde wurden zu vollberechtigten Stadtbürgern erhoben und verfügten auch über das Vorrecht des entgeltlichen Musizierens. Zu den Musikern der beiden Pfarren traten des Öfteren Stadtmusikanten, um gemeinsam sowohl an Kirchen- und Schulfesten als auch groß angelegten städtischen Festveranstaltungen mitzuwirken. 1753 wurde von der Stadt eine Regulatio erlassen, um die Unterhaltung in Stadt und Pfarren sowie die Rechte und Pflichten der Musiker festzulegen.

Die Gründung der ersten Msch. (1727) ist mit dem Namen des in deutscher Sprache unterrichtenden Johann Georg Nase verbunden. Sein Nachfolger Márton Mátyás Böhm war ab 1754 als ungarischer Lehrer in der Wasserburg tätig und leitete das Chor- und Instrumentalensemble der dortigen Jesuitenkirche.

Die im Mittelalter überwiegend von ungarischer Bevölkerung bewohnte Stadt Pest hat auch nach 1686 ihren nationalen Charakter bewahrt. Die Stadt übte seit 1710 ihr Patronatsrecht aus, und da sich die Musiker in städtischer Anstellung befanden, hat sich die Gründung einer Bruderschaft erübrigt. In den ersten beiden Jahrzehnten des 18. Jh.s war die Verteilung der Musiker in Pest folgende: Thurner (die auch kirchlichen Verpflichtungen nachkommen mussten), Stadtmusiker sowie professionelle, doch nicht in städtischem Dienst stehende Musiker.

In den Städten Buda und Pest, die ab 1703 den Status einer königlichen Freistadt zurückgewonnen hatten, regelte ab 1726 eine Verordnung die täglichen Verpflichtungen der Thurner. Deren Tradition war in Pest lebendiger als in Buda. Unter den Thurnern waren viele ebenfalls in Kirchenensembles tätig und versorgten auch weitere Formen des weltlichen Musizierens (Hochzeiten, Tanzveranstaltungen, Festlichkeiten).

Die Hauptkirche in Pest, welche ihre Blütezeit unter König Matthias erlebt hatte, war auch in der Zeit der türkischen Herrschaft zu keiner Moschee gemacht worden, sondern hatte stets Raum für christliche Gottesdienste geboten. Zu Beginn wurde das Musikleben der Kirche von der Stadt verwaltet. Der erste Regens chori war bis zu seinem Tode (1731) Joseph Sötzer, gefolgt von Franz Tüller (tätig bis 1751). Zu deren Pflichten gehörte die Erziehung der Chorknaben. Die Aufgaben der Turm- und Stadtmusiker wuchsen allmählich zusammen, die Bezeichnung „Stadtmusikant“ galt nun für beide. Schließlich wurden die Aufgaben der bis dahin auf beiden Gebieten verpflichteten Sänger und Instrumentalisten getrennt. Obwohl aus der Hauptpfarre in Pest kein Notenverzeichnis überliefert wurde, ist doch anhand eines Ankaufs aus Wien anzunehmen, dass die dortigen Musiker ebenfalls dem Wiener Muster folgten. In der Reihe der einander folgenden Regentes chori ist wohl Joseph Bengraf (1745/46–1791) der berühmteste, der 1784 die Stelle als bereits anerkannter Komponist und Pianist erwarb. Er stellte ein Verzeichnis sämtlicher Instrumente und Musikalien der Kirche zusammen, welche er auch selbst durch Werke von J. und M. Haydn sowie durch eigene der Kirche gewidmeten Kompositionen bereicherte und dadurch zur Heranbildung einer Geschmackskultur von höherem Niveau beitrug. Eines der bedeutenden Musik-Ereignisse der evangelischen Kirche war der 1791 anlässlich des Erlasses der Religionsfreiheit veranstaltete Gottesdienst, an dem Bengrafs letzte Komposition – eine Kantate für vier Singstimmen mit Orgelbegleitung – erklang.

Ab 1717 setzt die Lehrtätigkeit der Piaristen in Pest ein. In ihrem Gymnasium lassen sie den ersten städtischen Bühnensaal mit einem separaten Abteil für das Orchester erbauen. Unter den Darstellern der 1717–97 aufgeführten insgesamt 133 Stücke finden sich zahlreiche Hinweise auf die Mitwirkung von Musikern und Tänzern. 1774–84 gehörte Bernardus Benyák (1745–1829) zu den Schullehrern, dessen musikalische Tätigkeit durch zeitgenössische Dokumente belegt ist.

Für den beim Besuch von Maria Theresia und Franz v. Lothringen (1708–65) verantstalteten Festzyklus im Jahr 1751 erhielten die Stadtmusiker ein Ehrenkleid, und von da an blieb die mehrmals erneuerte Uniform offizieller Bestandteil der repräsentativen Auftritte.

In der zweiten Hälfte des Jh.s wurde Pest Schauplatz öffentlicher Zusammentreffen und privater Vergnügungsveranstaltungen, was den Musikern breiteren Spielraum gewährte. Die Musiker regulierten die Ordnung der Ballveranstaltungen sowie die des öffentlichen Musizierens in Cafés und Gaststuben. In den 1790er Jahren wird die Turmmusik durch Promenadenmusik abgelöst und es gibt auch erste Ansätze städtischen Bühnenspiels.

Die liberale Stadt Pest ließ um die Mitte des 18. Jh.s mehr Raum für die Entfaltung des deutsch- und später auch des ungarischsprachigen Bühnenspiels als das konservativere Buda, wo eher das traditionelle schulische – hauptsächlich jesuitische – Theater Unterstützung fand. Die deutschen Wandertruppen haben in Pest in der Rundbastei am Donauufer (Rondella) den ersten festen Schauplatz für ihre Vorstellungen erhalten. Zu Beginn gewann das Ballett an Popularität (1774–87, F. Berner, später die Familie Schmallögger). Mit der Übersiedlung des Statthalterrats von Pressburg (Bratislava) nach Buda und dem damit verbundenen kulturellen Aufschwung schuf Joseph II. 1783 die Grundlagen zur Entwicklung der zukünftigen ungarischen Hauptstadt. Nunmehr begann auch in Buda – ab 1776 in einem Holzgebäude am Donauufer bzw. ab 1787 in einem aus dem ehemaligen Karmeliterkloster auf der Burg umgebauten Theater – Aufführungen in deutscher und ab 1790 auch in ungarischer Sprache. Nach dem Erfolg einiger Opernaufführungen durch Wandertruppen brachte die Vorstellung von C. Dittersdorfs Doktor und Apotheker im Burgtheater (1787, Henrik Bulla) den endgültigen Durchbruch für die neue Gattung. Unter der Leitung von H. Kumpf brachte die ehemalige Erdődy-Truppe aus Pressburg fast das gesamte dortige Repertoire in die Bruderstädte (1789; Dittersdorf, André Ernest Modeste Grétry, Haydn, Giuseppe Sarti, A. Salieri, G. Paisiello usw.). Der ab 1790 tätige Reichsgraf Emanuel Unwerth ließ W. A. Mozarts Entführung aus dem Serail spielen (1793), unter Eugen Busch gelangten weitere Mozart-Opern zur Aufführung (Zauberflöte 1793; Hochzeit des Figaro 1795; Don Giovanni, Così fan tutte, Titus 1797). Ende des Jh.s zählte das Orchester ungefähr 25 Mitglieder. 1812 wurde in Pest das Deutsche Städtische Theater mit August Friedrich Ferdinand v. Kotzebues König Stephan und Die Ruinen von Athen mit L. v. Beethovens Musik eröffnet. Unter A. Czibulka, F. Urbany und L. Schindelmeisser gelangten zeitgenössische Opern von Daniel François Esprit Auber, Vincenzo Bellini, G. Donizetti und G. Meyerbeer in hervorragender Besetzung zur Aufführung. Nach der Zerstörung des Theaters durch einen Brand 1847 gingen deutschsprachige Opernaufführungen langsam zurück.

1790 meldete sich die ungarische Theater-Truppe von László Kelemen (1762–1814) zu Wort. Sie führte das erste ungarische Singspiel unter dem Titel Pikkó Hertzeg és Jutka Perzsi auf. Die Musik stammte von J. Chudy, dem Dirigenten des Ensembles, einem ehemaligen Musiker der deutschen Truppe (zahlreiche Mitglieder dieses Orchesters wechselten zu den Ungarn), der Text war eine Übersetzung von Ph. Hafners Evakathel und Schnudi. Kurzfristig beteiligte sich auch J. Lavotta, einer der bekanntesten Komponisten des Verbunkos an der musikalischen Führung der Gesellschaft. Aufgrund schwieriger Bedingungen beendete die Truppe bald ihre Arbeit. Zwar versuchte sich 1807–15 eine neue Truppe durchzusetzen (Dirigent Gáspár Pacha), aber bis zur Gründung eines ständigen Spielortes besuchten ausschließlich Wandertruppen die Stadt. 1833 haben Truppen aus Kaschau (Kassa, Košice/SK), 1835 solche aus Klausenburg (Kolozsvár, Cluj/RO) Opernaufführungen in Buda veranstaltet. In dem 1837 eröffneten Pester Stadttheater fanden schon regelmäßig Opernaufführungen statt. Das aus 22 Musikern bestehende Orchester wurde von József Heinisch (1783–1840) dirigiert (erste Vorstellung G. Rossinis Barbier von Sevilla), nach ihm hat F. Erkel die Führung übernommen. Mit seinem Namen ist neben der Aufführung des neuesten europäischen Repertoires v. a. die Schaffung der ungarischen Nationaloper (Nationalstil) verbunden. An der Spitze des Orchesters des von Miklós Ybl entworfenen und 1884 eröffneten Opernhauses stand sein Sohn S. Erkel, dem mehrere Musikdirektoren europäischen Rufs nachfolgten (u. a. G. Mahler, Egisto Tango, Sergio Failoni, Otto Klemperer).

Im ausgehenden 18. Jh. entfaltete sich in Pest-Buda ein lebhaftes Gesellschaftsleben. Paläste und Salons des Hochadels boten Raum für Musikveranstaltungen, viele Adelige haben selbst Musik betrieben, eigene Kapellen unterhalten oder als Mäzene zur Entwicklung des Musiklebens beigetragen (József Baron Podmaniczky [1756–1823], K. v. Zichy-Vásonykeő, Ferenc Széchényi [1754–1820], Franz Xaver Schönstein [1797–?], J. Batthyányi, die Familie Brunsvick, J. Pálffy). In ihren Diensten standen namhafte Musiker wie G. Druschetzky. Palatin Joseph verfügte über ein eigenes Harmonie-Ensemble und seine Gemahlin Alexandra Pawlowna beteiligte sich an der Organisation der Aufführung von J. Haydns Schöpfung (1800, Burgtheater, in Anwesenheit des Komponisten) sowie der Auftritte L. v. Beethovens in der Stadt. Das erste öffentliche Konzert in Pest (1789, A. Tomasini) wurde von einer Reihe von Oratorienaufführungen sowie – als erstes ungarisches Konzert – vom Auftritt János Lavottas gefolgt. Das Musikleben wurde institutionalisiert: DasPester Musikinstitut (1812–22), das Nationalcasino (1834–46) und der erste Musikverein der beiden Bruderstädte, der Pest-Ofner Musikverein, (1836) unterstützten die Auftritte zahlreicher heimischer und ausländischer Künstler. Die von F. Erkel 1835 gegründete Philharmonische Gesellschaft veranstaltete ab 1836 ihre Konzerte in der Pester Redoute. Hier führte F. Liszt zum 100. Geburtstag von Beethoven 1870 seine Beethoven-Kantate auf. 1923 wurden von der Gesellschaft Werke aufgeführt, die anlässlich des 50. Jubiläums der Vereinigung von Pest und Buda entstanden waren: E. v. Dohnányis Festouverture (op. 31), Béla Bartóks Tanzsuite und Zoltán Kodálys Psalmus Hungaricus. Nebst dem aus Mitgliedern des Opernhauses als städtisches Orchester gebildeten Ensemble entstand 1923 das Orchester der Hauptstadt (später Staatliches Symphonie-Orchester heute Nationalphilharmonie). Zusammen mit dem von Vilmos Tátrai (1912–99) 1957 gegründete Ungarischen Kammerorchester gehören sie zu den bekanntesten Ensembles der Welt. 1945 begann die Tätigkeit des Rundfunkorchesters. Das B.er Festivalorchester (1983) stand ursprünglich ebenfalls unter Verwaltung der Hauptstadt.

Was den Musikunterricht der Grundschulen betrifft, wurden die Privatschulen des 19. Jh.s allmählich durch Vereinsanstalten und später durch das bis heute existierende System der städtischen MSch.n abgelöst. Der Musikunterricht der Mittelstufe setzte 1851 im später als Nationalkonservatorium bekannten Institut (1867–1949) an (Direktor Gábor Mátray [1797–1875]). Als dessen Nachfolgerin trat 1949 die Béla Bartók Mittelschule für Musik auf. Musikstudien auf höherer Stufe ermöglichte die 1875 unter F. Liszt (Präsident) und F. Erkel (Direktor) gegründete MAkad. In dem bis heute (2000) bestehenden Gebäude studieren seit 1879 Sänger, Instrumentalisten, Dirigenten, Theoretiker und Musiklehrer.

Nach der ersten Notenausgabe des Buchverlags Weingand-Köpf in Pest-Buda (Joseph Bengraf, 1784) wuchs die Zahl der Musikverleger. Nebst 15 Großverlegern (hervorzuheben sind Wagner, Treichlinger sowie der bis 1949 tätige Rózsavölgyi) ist bis 1867 die Tätigkeit von mehr als 50 kleineren Verlegern bekannt. Im späten 19. Jh. entstand der Verlag Táborszky und Parsch und als Rechtsnachfolger der im 20. Jh. wirkenden Verleger die 1950 gegründete Editio Musica Budapest (EMB).

Die zahlreichen Chöre und Orchester des 19. Jh.s schlossen sich zu verschiedenen Vereinen zusammen: Ofner Musikakademie (1867–1914), Verein Pester Musikliebhaber (1867–1906), Ungarischer Landessingverein (1867–1948), in deren Nachfolge bis heute ähnliche Gesellschaften stehen (z. B. Chor- und Orchestervereinigung B., 1918). Manche Vereine kündeten bereits mit ihrem Namen ihre Zugehörigkeit zur Hauptstadt an: B.er Chor (1941, Lajos Bárdos), B.er Mädchenchor Zoltán Kodály (1947), B.er Madrigalchor (1952). Nebst Ensembles der Hauptstadt ist B. zugleich Sitz der meisten staatlichen Chöre und Orchester.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zahlreiche Musikensembles und Vereine gegründet. Neben professionellen Künstlern tragen Amateurgruppen zur Bereicherung des Konzertlebens und kirchenmusikalischer Veranstaltungen bei. Die Entwicklung des B.er Musiklebens im 20. Jh. wurde grundlegend von der Tatsache bestimmt, dass die Stadt zugleich als Zentrum für die überwiegende Zahl der Ensembles, Vereine und Institutionen aus dem ländlichen Raum fungierte. Neben Bibliotheken von Musikinstituten und Schulen verfügen mehrere Bibliotheken über selbständige Musiksammlungen (Nationalbibliothek Széchényi, Ervin Szabó Bibliothek), musikwissenschaftliche Forschungszentren (Institut für Musikwissenschaft der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Liszt-Museum) und Bestände der Museen (Musikhistorisches bzw. Ethnographisches Museum) dienen auch der Förderung der Musikkultur der Hauptstadt. Abgesehen von eigenständigen zentralen und Bezirks-Veranstaltungen (B.er Musikwochen, B.er Chorfestival, Bach-Woche, Opernfestival) ist B. Schauplatz zahlreicher Veranstaltungen von regionaler oder internationaler Reichweite (Frühlingsfestival, Musikwettbewerbe usw.).


Literatur
MGG 2 (1995); NGroveD 3 (1980); Magyarország zenetörténete [Musikgeschichte Ungarns], I Középkor [Mittelalter] 1988, II 1541–1686, 1990; K. Isoz, Buda és Pest zenei művelődése (1686–1873) [Musikalische Bildung von Buda und Pest], 1926; K. Isoz, A Pest-budai Hangászegyesület és nyilvános hangversenyei (1836–1851) [Der Pest-Ofner Musikverein und seine öffentlichen Konzerte], 1934; B. Szabólcsi, Geschichte der Ungarischen Musik 1965 (31975); K. Várhidi-Renner in Stud. mus. 1998; G. Staud (Hg.), A budapesti Operaház 100 éve [100 Jahre Budapester Opernhaus] 1984; H. Belitska-Scholz/O. Somorjai (Hg.), Deutsche Theater in Pest und Ofen 1770–1850, 2 Bde. [1995]; L. Dobszay, Abriss der ungarischen Musikgeschichte 1993.

Autor*innen
Agnes Gupscó
Cornelia Szabó-Knotik
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Agnes Gupscó/Cornelia Szabó-Knotik, Art. „Budapest‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f98c
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