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Gedenkstätten
Orte, die Zeichen des kollektiven Gedächtnisses geworden sind. Dazu zählen einerseits Denkmäler im engeren Sinn als geschaffene Erinnerungszeichen (z. B. div. Standbilder von Komponisten und Musikern), deren Aufstellungsort jedoch nicht unmittelbar mit Leben und Wirken des „für die Ewigkeit“ im Gedächtnis zu behaltenden Künstlers in unmittelbarem Zusammenhang stehen muss. Denkmäler im weiteren Sinn stellen G. dar: Sie werden unmittelbar am Ort des Geschehens errichtet (z. B. Brahms-Museum in Mürzzuschlag; J. Strauß Sohn-Wohnung in der Praterstrasse in Wien II.; A. Bruckners Geburtshaus in Ansfelden bei Linz, Beethoven-Museum in Mödling, die Mozart-Wohnhäuser in Salzburg bzw. das sog. Figaro-Haus in Wien I. etc.). Ist der Ort des Geschehens nicht mehr vorhanden oder so stark verändert, dass der G.charakter, der ein Konservieren des „Damals als ... hier wirkte“ anstrebt, nicht mehr gegeben bzw. nicht mehr möglich ist, wird oftmals auf das Anbringen von Gedenktafeln zurückgegriffen, um auf die Besonderheit des Ortes hinzuweisen. Das Konservieren von Orten als G. ist ein Phänomen, das eng mit dem Aufkommen der bürgerlichen Musikkultur und deren musikalischem Wertekanon verbunden und auch stark politisch besetzt ist; der Beginn des G.kultes ist in Österreich mit der Errichtung des Mozart-Denkmals in Salzburg 1842 anzusehen, erreichte einen ersten Höhepunkt 1870–1914, als die Frage kleindeutsch oder großdeutsch nicht zuletzt auch auf dem Gebiet der Schaffung eines kollektiven Gedächtnisses ausgetragen wurde. Dementsprechend sind die weiteren „Wellen“ der G.-Schaffung in den 1930er Jahren bzw. in den ersten Jahrzehnten nach 1945 festzustellen (in diesem Sinne wurde K. Kobalds Buch von 1929 1947, später auch 1974 und 1979 neu aufgelegt). Heute tendiert die Erhaltung und Errichtung von G. für Musiker und Musikschaffende neben der Erhaltung historischer Räume zur Aufbereitung des darzustellenden Inhaltes nach museumsdidaktischen Grundsätzen (weg von der „Weihestätte“ des 19. Jh.s). Neben einigen G.-Führern (lokal oder nach Komponisten gegliedert) werden diese sonst durch lokale Kulturlexika (Czeike bzw. Groner für Wien oder das Salzburger Kulturlexikon) bzw. Reise- oder Kunstführer dokumentiert. Gerade in Österreich sollte jedoch nicht übersehen werden, dass der Kulturtourismus (v. a. in Wien und Salzburg) nach wie vor die „Weihestätten-Mentalität“ seines Publikums fördert und von Klischees, die das Bürgertum des 19. Jh.s geschaffen hat, profitiert.
Literatur
E. Hilscher, Denkmalpflege und Musikwissenschaft 1995; H. Kretschmer, Wiener Musiker Gedenkstätten 1988; BrucknerH 1996; [Kat.] Musik i. d. St. 1980; K. Kobald, Alt-Wiener Musikstätten 21947.

Autor*innen
Elisabeth Th. Hilscher
Letzte inhaltliche Änderung
8.11.2022
Empfohlene Zitierweise
Elisabeth Th. Hilscher, Art. „Gedenkstätten‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 8.11.2022, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0002092e
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Heinrich Revy, Majolikarelief am ‚Papagenohaus‘ (1937). Operngasse 26 (Wien IV)© Björn R. Tammen
© Björn R. Tammen
Leopold Christian Pfeffer, Beethovens Wohnsitz 1815–1817. Gedenkmosaik (1963, Wohnhaus-Wiederaufbaufonds), Tiefer Graben 8–10 (Wien I)© Björn R. Tammen
© Björn R. Tammen
Max Melcher, Kunsteleve. Betonplastik (1964/65, Wohnhaus-Wiederaufbaufonds) am ehemaligen Standort des Wohn- und Sterbehauses des ‚Walzerkönigs‘. Johann-Strauß-Gasse 4 (Wien IV)© Björn R. Tammen
© Björn R. Tammen
Franz Molt, Der Heitere ist Meister seiner Seele. Gedenkmosaik (1958/59, Wohnhaus-Wiederaufbaufonds) in Nähe zum ehemaligen Wohn- und Sterbehaus des ‚Walzerkönigs‘. Johann-Strauß-Gasse 22 (Wien IV)© Björn R. Tammen
© Björn R. Tammen
Gedenkmosaik (bezeichnet „OR“, 1960, Wohnhaus-Wiederaufbaufonds) am Sterbehaus von H. Frankowski. Neulerchenfelderstraße 39 (Wien XVI)© Björn R. Tammen
© Björn R. Tammen

DOI
10.1553/0x0002092e
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