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Gurk
Stift im Kärntner G.tal. Die um 1043 erfolgte Gründung eines im oberen G.-Tal gelegenen Frauenklosters geht auf Hemma Gräfin von Zeltschach-G. (ca. 1000 – ca. 1045) zurück. Hemma, die 1287 selig und 1938 heilig gesprochen wurde, wollte ursprünglich zwei Klöster gründen und überließ Erzb. Balduin von Salzburg ihre Güter im oberen Ennstal zur Stiftung eines weiteren Klosters. Die Gründung dieses zweiten Klosters (Admont) erfolgte allerdings erst drei Jahrzehnte nach ihrem Tod und in ganz anderer Form, als dies von ihr ursprünglich vorgesehen war. Das von Hemma in G. als adeliges Damenstift errichtete Familienkloster wurde 1072 durch Erzb. Gebhard von Salzburg aufgehoben; seine Besitzungen wurden zur Ausstattung eines neu gegründeten und von Salzburg abhängigen Bistums verwendet, als dessen Sitz das weitab von anderen Kärntner Siedlungs- und Herrschaftszentren gelegene G. bestimmt wurde. 1123 veranlasste Bischof Hiltebold hier die Gründung eines Domkapitels, das bis 1787 der Augustiner Chorherrenregel unterworfen war. Erst unter Bischof Roman I. (1131–67) wurde dem Bistum eine Diözese zugewiesen. Roman war auch der Initiator des wohl bedeutendsten österreichischen Kirchenbaus aus hochromanischer Zeit, dessen Errichtung nahezu hundert Jahre in Anspruch nahm; er ließ außerdem die nur wenige Kilometer östlich von G. gelegene Straßburg errichten, die den G.er Bischöfen bis 1780 als Residenz diente. Der um 1220 in G. vollendete Dom erfuhr wegen der Abgelegenheit des Ortes und der beschränkten Mittel seiner Nutzer nur wenige Umbauten. Als bedeutendste Veränderung ist seine schrittweise Einwölbung anzusehen, die 1591 abgeschlossen wurde. 1779 musste die ins Mittelschiff ragende romanische Apsis der Bischofskapelle dem Einbau der Westempore mit einer von Franz Eißl und Martin Herberger geschaffenen Orgel (s. Abb.) weichen. Die südliche Chororgel (s. Abb.) war bereits 1625 von H. Schlackwein angefertigt worden.

Über die in G. ausgeübte Musikpflege ist nur wenig bekannt. Von besonderer Bedeutung muss hier jedenfalls die Verehrung der Stifterin Hemma gewesen sein, für die bereits 1359 eine Missa de beata Hemma existierte. 1362 stiftete Propst Georg II. eine täglich für Hemma zu zelebrierende Messe. Von der Hemma-Messe sind allerdings nur der Alleluiavers und die Sequenz überliefert, die wohl nicht als Gesänge im eigentlichen Sinn geschaffen wurden, sondern eher als Leselieder mit einem poetisch-musikalischen Duktus, auf den keine der gängigen Typusmelodien anwendbar ist. Am bischöflichen Hof auf der Straßburg wurde die Musikpflege v. a. von Matthäus Lang (1505–22) und Urban Sagstetter (1556–73) gefördert. Ihre Hochblüte scheint sie unter Johann VII. Jakob Frh.n von Lamberg (1603–30) erreicht zu haben. Ein 1622 unter seiner Regentschaft angelegtes Musikalienverzeichnis lässt ein großteils zeitgenössisches Repertoire erkennen. Über die Musikpflege auf der Straßburg zwischen 1677 und 1755 informieren Rentamtsbücher der Bischöfe, aus denen man die Anzahl, Namen, Funktionen und Besoldungen der angestellten Musiker entnehmen kann: Waren es unter J. Frh.n v. Goess (1676–96) lediglich sechs Musiker, die dem Hof zur Verfügung standen, konnte der Personalstand unter Jakob Maximilian Reichsgraf v. Thun und Hohenstein (1709–41) auf acht Musiker erhöht werden. Dieser Bischof richtete auf der Straßburg ein Theater ein, in dem gelegentlich Komödienspiele mit Musik aufgeführt wurden und das auch von seinem Nachfolger, Josef Maria Reichsgraf v. Thun und Hohenstein (1742–62), dafür genutzt wurde. Während dessen Amtszeit wurde der Personalstand der Musiker allerdings von sieben auf vier Personen reduziert.


Literatur
H. Federhofer in Carinthia I,145 (1955); J. Obersteiner, Die Bischöfe von G. 1072–1822, 1969; [Kat.] Hemma von G. 1988; W. van der Kallen/W. Deuer, Der Dom zu G. 1995; W. Litschauer in MusAu 18 (1999).

Autor*innen
Walburga Litschauer
Letzte inhaltliche Änderung
5.9.2018
Empfohlene Zitierweise
Walburga Litschauer, Art. „Gurk‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 5.9.2018, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001cff9
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Südliche Chororgel von Hans Schlackwein, 1625© Christian Fastl
© Christian Fastl
Orgel von Franz Eißl und Martin Herberger, 1779© Christian Fastl
© Christian Fastl

DOI
10.1553/0x0001cff9
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