Heidenreich Heidenreich Joseph
(Heydenreich, Haydenreich), Familie
Joseph
(Antonius Josephus):
*
1743-10-2222.10.1743 [nicht 1753] Weidenau/Österreichisch-Schlesien
(
Vidnava/CZ),
†
1821-01-022.1.1821
Leopoldstadt (Wien II).
Kirchen- und Theatermusiker, Komponist, Musikpädagoge.
H. ist erstmals anlässlich seiner Verehelichung mit Maria
Josepha Nowotni (* 20.3.1747
Eisenstadt), einer Schwester von
F. N. Novotný, am
27.5.1771 (Trauzeugen waren der Musiker Ignatz Sinel und der Orgelmacher David Posselt)
als Musiker in
Wien nachweisbar.
1772 wird er als Kirchenmusiker bezeichnet und lebte am
Spittelberg (Wien VII), danach bis
mindestens 1781 am Strozzigrund (Wien
VIII), anschließend bis zu seinem Tod in der Leopoldstadt. Bis 1783 war er Organist an
der
„Wälsche[n]
National Kapelle“ (Kapelle St.
Katharina bei der Minoritenkirche [Wien I], 1784 demoliert), an der u. a.
F. C. Frieberth als Kapellmeister,
L. Reinhard als Violinist
und
I. Spangler als Tenorist
wirkten. H. war vielleicht auch bis 1783 Violonist an der Hauskapelle in der K. k.
Böhmischen und Österreichischen Hofkanzlei (Wien I). Vermutlich anschließend gehörte er
dem Orchester des
Theaters in
der Leopoldstadt als Bratschist an, am 8.9.1798 veranstaltete er dort eine
musikalische
Akademie mit mehr als 70
Mitwirkenden unter dem Titel
„Das Kriegslager, oder die Schlacht“.
Jedenfalls vor 1790 hatte H. auch eine Anstellung beim Bischof von Erlau
(Eger/H), Karl Graf
Esterházy († 1790), angeblich als
Kapellmeister. 1790/91 erwarb der spätere K.
Franz II./I. Sammlungen Deutscher Tänze von H., seine Frau
Maria Theresia besaß eine Messe in
B- Dur von H. In den 1780er und 1790er Jahren machte sich H. in Wien einen Namen als
Arrangeur von bekannten Opern oder Teilen davon. Spätestens ab 1800 gab er
Harmonielehre-, Kontrapunkt-, Generalbass- und Klavierunterricht, zu seinen Schülern
zählten
F. Gläser (Kontrapunkt),
F. Kauer (Kontrapunkt) und
F. Klemm (Klavier und
Komposition). 1796 bot H. eine angeblich von
W. A. Mozart
stammende Generalbasslehre (KV C 30.04) in Abschrift zum Verkauf an. Ende 1803 ersuchte
er als „Musicus und Compositeur“ um Aufnahme in die Hofkapelle von
N. II. v. Esterházy; bereits durch
seine Heirat war H. in den Umkreis der fürstlichen Hofkapelle gekommen. Sein Gesuch
blieb erfolglos (wie später auch seine Bewerbungen um die Nachfolge von
J. E. Haydn (1805), die er
wiederum mit einer Stelle als Hofkomponist verbunden wissen wollte, und um eine
Anstellung als Generalbasslehrer der fürstlichen
Sängerknaben 1808), jedoch wurde er in
der Folge bis 1812 regelmäßig für die Lieferung von Kirchenmusikalien
(Eigenkompositionen und Abschriften) aus der fürstlichen Kassa honoriert. Für
J. Haydn könnte H. als Kopist
o. ä. tätig gewesen sein, jedenfalls erwähnt
A. Salieri in einem Zeugnis für H.,
dass dieser in Gesellschaft Haydns beim Fürsten Esterházy war. Er gilt auch als
Bearbeiter der von Haydn autorisierten Neufassung (Orchestererweiterung) der Missa
brevis in F-Dur (Hob. XXII:1). H. starb verwitwet, seine Frau Josepha war am 28.2.1815
in der Leopoldstadt gestorben. In H.s Nachlass fanden sich 1821 neben einem kleinen
Klavier auch 13
„alte geschriebene Messen“ und ein Paket mit
verschiedenen Kirchen- und Theatermusikalien. Sein Tod wurde noch 1853 in der
Neuen Wiener Musik-Zeitung in Erinnerung gerufen.
Pantomime
Die eifersüchtige Ehefrau (UA Theater in der
Leopoldstadt 8.5.1813), Kantaten (
Der Jury ein Kroath f. 4 Singstimmen,
2 V., Va. u. Vc.,
Der Schulmeister, Das Kartenspiel),
Die
Schlacht bei Aspern f. Orch. 1817? (musikalisches Gemälde), Messen,
kleinere Kirchenmusik, Theatermusik, Tanzmusik f. Orch. od. Kl. (Deutsche Tänze,
Ungarische Tänze, Kosakische Tänze, Menuette, Ländler u. a.), 6 Streichtrios, Präludien
u. Fugen f. Kl. – Bearbeitungen:
V. Martín y Solers
Una cosa rara f. Streichquartett 1787;
G. Paisiellos
Il re Teodoro in Venezia f. Streichquartett 1788;
W. Müllers
Das Sonnenfest der Braminen f.
Harmoniemusik u. versch.
Kammermusikbesetzungen 1790; W. Müllers
Die Zauberzitter oder der
Fagotist f. Harmoniemusik u. versch. Kammermusikbesetzungen 1792; W.
Müllers
Der Alte überall und nirgends f. Harmoniemusik u. f. versch.
Kammermusikbesetzungen 1796;
F. X.
Süßmayrs
Der Spiegel von Arkadien f. Harmoniemusik 1796;
C. Ditters v.
Dittersdorfs
Doktor und Apotheker f. 2 Fl. bzw. Streichquartett 1791;
J. Weigls
Il Pazzo per Forza f. Streichquartett; J. Weigls
Das
Petermännchen f. versch. Kammermusikbesetzungen 1796;
J. F. Reichardts
Ino f. Orch. 1788; W. A. Mozarts
Die Zauberflöte f.
Harmoniemusik 1792, f. Streichquartett u. f. Kl.; Mozarts
Don Giovanni
f. Kl. bzw. Streichquartett 1788; Mozarts Quintett KV 386c/407 für Harmoniemusik;
versch. Tänze Mozarts und Johann Baptist Haselbecks f. Kl.; Streichquartette von
I. Pleyel f. V., Va.,
Clavicembalo u. Vc. 1788, f. 2 V. 1791.
Seine Söhne
Johann Baptist: * 4.4.1772 Spittelberg, †
1./2.3.1790 Leopoldstadt. Musiker. Starb bei den Barmherzigen Brüdern in der
Leopoldstadt.
Georg: * 29.3.1790 Leopoldstadt, † nach 1821
(Ort?). Kapellmeister und Komponist. Im erfolglosen Bewerbungsschreiben des Vaters für
eine Musikerstelle am Hof des Fürsten Esterházy 1805 wird er als möglicher
Orchestersubstitut (Violine oder Flöte) genannt. G. H. lebte 1815 als
„Compositor“ in Wien, 1818 war er Komponist des IR Nr. 4 Hoch- und Deutschmeister.
1821 wirkte er als Klaviermeister in Polen, danach verliert sich seine Spur. 1818
kündigte er an, W. A. Mozarts Requiem mit deutschem Text für Harmoniemusik-Begleitung
arrangieren zu wollen.
Bearbeitung von
D.
Steibelts
Die Zerstörung von Moskwa f. großes Orch. 1817?; Messe für
Singstimmen und Bläserbegleitung 1818.
Um 1700 sind in Wien weiters die Geiger Mathias
Haydenreich († 4.1.1694 Wien) und Adam
Haydenreich († nach 1707) greifbar.
P. Heckl,
W. A. Mozarts Instrumentalkompositionen in Bearbeitungen f. Harmoniemusik vor 1840Peter Heckl, W. A. Mozarts Instrumentalkompositionen in Bearbeitungen für Harmoniemusik vor 1840 (Studien und Materalien zur Musikwissenschaft 81). Hildesheim–Zürich–New York 2014., 2014, Bd. 1, 24f und 50–65; A. Raab et al. (Hg.),
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Empress Marie Therese and Music at the Viennese Court
1792–1807,John A. Rice, Empress Marie Therese and Music at the Viennese Court 1792–1807. Cambridge et al. 2003. 2003; Michtner 1970; Wurzbach 11 (1864) [Kauer], 12 (1864) [Klemm], 14
(1865) [Glaeser]; Deutsch,
Mozart Dokumente 1961; Köchel 1965;
Hoboken 1971; Stieger II/2 (1977);
AmZ mit besonderer Rücksicht auf den
österr. Kaiserstaat 10.4.1817, 118;
Wr. Ztg.
13.1.1787, 99f, 5.1.1788, 41f, 24.5.1788, 1281f, 6.1.1790, 2608f, 10.3.1790, 613,
26.3.1791, 792, 1.6.1791, 1473f, 5.11.1791, 2848f, 14.1.1792, 121, 21.1.1792, 185,
25.8.1792, 2360, 13.4.1796, 1038, 25.8.1798, 2593, 26.11.1800, 3827f, 5.3.1815, 256,
24.6.1818, 567f, 10.1.1821, 27;
Neue Wr. Musik-Ztg. 6.1.1853, 4;
WStLA (TBP 1815, 1821; Verlassenschaftsabhandlungen 2469/1821, 4158/1815, 656/1790;
Portheim-Kat.; G. Gugitz,
Auszüge aus dem TBP 18. Jh.
[Archivbehelf]; G. Gugitz,
Auszüge über
Persönlichkeiten des Wr. KulturlebensGustav Gugitz, Auszüge aus den Conscriptions-Bögen. [Archivbehelf];
G. Gugitz,
Auszüge aus den Totenbeschaubüchern 1648–1699
[Archivbehelf]); Taufbuch 1722–49 der Pfarre Vidnava/CZ, pag. 423; Taufbuch 1729–70
der Dompfarre Eisenstadt, pag. 105; Trauungsbuch 1771–72 der Dompfarre St. Stephan
(Wien I), fol. 68v; Taufbuch 1770–73 der Pfarre St. Ulrich (Wien VII), fol. 342;
Taufbuch 1773–98 der Pfarre St. Leopold (Wien II), pag. 706;
www.haydnstiftung.at
(10/2020).
27.3.2023
Christian Fastl,
Art. „Heidenreich (Heydenreich, Haydenreich), Familie“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
27.3.2023, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0029e241
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