Ursprünglich wurden gedruckte Musikalien in der Regel von Buchverlagen verlegt und im eigenen Laden bzw. über Sortimenter, mit denen man in Geschäftsverbindung stand, verkauft. (Musikgeschäft; dass auch Komponisten Musikalien stechen und drucken ließen, um sie selbst zu vertreiben, ja manchmal sogar selbst den Notenstich besorgten, sei in diesem Zusammenhang nur am Rand erwähnt.) Die in ihrem Sortiment auch Musikalien führenden Buchhändler bzw. Buchverlage, die nebstbei auch Musikalien verlegten, waren außerhalb Wiens bis ins 20. Jh. von Bedeutung (z. B. Kienreich in Graz, Eurich in Linz, Höllrigl in Salzburg), in Wien selbst haben die seit 1777 rasch aufblühenden Musikverleger den Musikalienhandel vom Buchhandel getrennt, weil sie ihre Verlagswerke auch im eigenen Laden vertrieben bzw. Publikationen auswärtiger Verlage im Sortiment anboten. Musikverlag und Musikhandel lagen dann in einer Hand. Daneben haben sich manche auch dem Handel mit Musikinstrumenten gewidmet, z. B. seit 1778 bis ins frühe 19. Jh. Artaria in Wien, in der 2. Hälfte des 19. Jh.s immer noch J. Gross in Innsbruck.
Der seit langem bekannte, 1745 von Johann Gottlob Immanuel Breitkopf (1719–94) in seinem Leipziger Verlag auf breiter Basis eingeführte und bald in ganz Europa nachgeahmte Notendruck mit Lettern hätte es Buchdruckern, die in der Regel auch Buchverleger waren, leicht machen können, auch Musikalien herzustellen. Tatsächlich haben Buchverleger in Wien, Linz, Salzburg und Graz in der 2. Hälfte des 18. und im beginnenden 19. Jh. auch den Notendruck mit Typen betrieben, aber nur in geringem Umfang und eher für Gesangbücher und Musikbeilagen denn für selbständige Musikeditionen. Der einzige, der ein, wenn auch bescheidenes, Musikverlagsprogramm auf dieser Technik aufgebaut hat, war B. Hacker in Salzburg.
Das Aufblühen des Musikverlagswesens im letzten Viertel des 18. Jh.s hängt mit einer anderen technischen Neuerung zusammen, nämlich der Einführung von Stempel im Notenstich, die sich im 18. Jh. nach und nach durchsetzten. Da die Noten nicht mehr mit Griffeln auf die Kupferplatte geschrieben, sondern mit Stempeln eingeschlagen werden konnten, war die Arbeit rascher und auch mit weniger qualifizierten Kräften – d. h. Handwerkern statt Kalligraphen – zu bewerkstelligen.
Eine weitere für den Notendruck und das musikalische Verlagswesen wichtige Neuerung war die von A. Senefelder entwickelte Lithographie, bei der das Notenbild in Steinplatten geätzt wurde. Mit ihr arbeitete ein 1803 unter der Federführung Senefelders in Wien gegründeter Musikverlag, der sich ausdrücklich Chemische Druckerei nannte.
Stich wie Lithographie waren Techniken, die nicht primär für die Notenproduktion entwickelt und ausschließlich für sie verwendet wurden. Das erklärt, warum die Kunsthandlung Artaria, die sich erst auf die Herstellung von Landkarten, topographischen und sonstigen bildlichen Darstellungen in Kupferstich spezialisiert hatte, auch den Notenstich in ihren Geschäftsbereich aufnahm – um schließlich als Musikalienverleger und -händler auf lange Sicht wichtiger zu werden denn als Kunsthändler bzw. -verleger und Landkartenproduzent. Auch A. Senefelder kündigte 1803 bei seiner Firmengründung an, er werde „mit dem Drucke der Musicalien, geringerer Gattung von Bildern, Anfangsgründe der Zeichenkunst [...] den Anfang nehmen, nachher in das Weite dieser Erfindung offen stehende Feld des Kunst- und Fabricationsfaches übergehen“, doch wurde das später von S. A. Steiner und T. Haslinger geleitete und unter deren Namen firmierende Unternehmen schließlich doch in erster Linie ein Musikverlag, der 1821 ausschließlich wieder zum Notenstich zurückkehrte, weil damit höhere Auflagen möglich waren. Auch das 1801 von J. Schreyvogel gegründete Kunst- und Industrie-Comptoir endete schließlich als Musikverlag. Nach den ehrgeizigen Plänen des Gründers sollte es ein Kunstverlagsunternehmen großen Stils sein, das neben der bildenden Kunst auch die Musik und Literatur verlegerisch betreuen, aber auch Landkarten publizieren wollte und deshalb namhafte Künstler und Komponisten an das Haus zu binden suchte. Nach ersten bemerkenswerten Erfolgen kam es in einer politisch wie wirtschaftlich schwierigen Zeit 1813 zum Konkurs, nach dem J. Riedl das Unternehmen als kleinen Musikverlag mit einer bescheidenen Produktion von Kupferstichen (hauptsächlich Porträts) fortführte, bis der Musikverlag schließlich von S. A. Steiner und T. Haslinger übernommen wurde und 1826 schließlich in dessen Firma aufging.
Kunsthandlungen und -verlage, die neben ihrem eigentlichen Geschäftsgebiet auch Musik produziert, verlegt oder vertrieben haben, für welche die Musik also tatsächlich immer der kleinere Teil ihrer Tätigkeit geblieben ist, waren in Wien etwa der besonders für seine aktuelle Tagesereignisse dokumentierenden Stiche bekannte und seit 1782 tätige H. Löschenkohl, der seit 1784 firmierende Kunst- und Kupferstichhändler und v. a. wegen seiner topographischen Ansichten geschätzte Franz Xaver Stöckl (ca. 1756–1836), die auf die Kunst- und Bilderhandlung des Johann Michael Gastl (ca. 1739–71) und die Kupferstichhandlung des Lukas Hohenleitter (1748–96) zurückgehende Kunsthandlung des H. F. Müller, aus der sich erst in der 2. Hälfte des 19. Jh.s die Musikverlage Wessely & Büsing und danach Vinzenz Kratochwill entwickeln sollten, die 1789 gegründete Kunst- und Kupferstichhandlung des J. Eder, die 1817 von dessen Schwiegersohn Jer. Bermann übernommen wurde und unter dessen Sohn Josef bis 1886 bestand, die v. a. mit ihren den biedermeierlichen und vormärzlichen Alltag dokumentierenden lithographierten Bilderbogen bekannt gewordenen Brüder J. und M. Trentsensky und das von 1821 bis mindestens 1833 bestehende Lithographische Institut.
Andererseits brauchten Musikalienhandlungen, die sich nicht vornehmlich auf den Vertrieb einer starken Musikverlagsproduktion stützen konnten, als zweites Standbein Objekte des Kunsthandels. So ließ der Salzburger Komponist, Musiker und Musikalienhändler B. Hacker 1813 seine Kunden wissen, dass er auch Kupferstiche, Landkarten, Lithographien, verschiedene Kunstartikel sowie Arbeitsmaterialien für Maler und Zeichner führe, 1819 nannte er zusätzlich auch noch die in Stich oder Lithographie hergestellten Strick-, Stick- und Nähmuster. Überdies verlegte er Ansichtenwerke und war so etwas wie der erste Souvenirhändler Salzburgs. In Linz hat F. X. Glöggl schon 1803 in seiner Musik- Kunst und Instrumentenhandlung neben Musikalien auch „Kunst-Artikel“ wie religiöse, profane und topographische Graphik, Kupferstich-Porträts, sowie Schrift-, Zeichen-, Strick- und Stickmuster angeboten.
Erst das Ende des 19. Jh.s brachte die endgültige Trennung zwischen Kunst- und Musikalienhandel einerseits sowie die Unterscheidung zwischen Musikverlag und Musikalienhandel andererseits.
H. Gericke, Der Wiener Musikalienhandel von 1700 bis 1778, 1960; A. Weinmann, Wr. Musikverleger und Musikalienhändler von Mozarts Zeit bis gegen 1860 , 1956; A. Weinmann, Beiträge zur Gesch. des Alt-Wiener Musikverlages II/1–24 (1952–85); G. Gugitz in Blümml/Gugitz 1922; C. Junker, Korporation der Wr. Buch-, Kunst- und Musikalienhändler 1807–1907, 1907; P. F. Kramml, Benedikt Hacker 1988; D. W. Krummel/S. Sadie, Music Printing and Publishing 1990.