Die Ursprünge des Männerquartettes sind nicht klar zu erkennen, jedoch kann man vermuten, dass bereits im 16. Jh. bei Sätzen „ad voces aequales“ an eine solistische Ausführung durch vier Männerstimmen gedacht wurde. Solche Sätze finden sich sowohl im sakralen als auch im weltlichen Bereich (z. B. Caspar Othmayrs Slg. Reutterische und Jegerische Liedlein [1549]).
Für die Entwicklung des Männerquartetts war M. Haydn mit seinen ab 1788 in Salzburg entstandenen Kompositionen für diese Besetzung von entscheidender Bedeutung. Geprägt vom klösterlichen Bereich, entstanden sie aus dem einstimmigen Klavierlied, zunächst vermutlich unter Hinzufügung einer zweiten und dritten Stimme durch Improvisieren. Von Bedeutung ist, dass Haydn beim Verfassen seiner Quartette nur an eine solistische Aufführung im engen Freundeskreis dachte. In dieser Tradition blieben seine Schüler B. Hacker, L. v. Call und F. X. Eisenhofer, jedoch auch Fr. Schubert. Letzterer gilt mit seinen Quartetten mit und ohne Klavierbegleitung (Die Nacht, Die Nachtigall, Nachthelle, Das Dörfchen etc.) nach wie vor als der „Klassiker“ unter den M.komponisten. Seine Werke – wie auch manche M. Haydns – wurden im weiteren Verlauf des 19. Jh.s immer häufiger in chorischer Besetzung aufgeführt, wodurch sie den Charakter des Privaten bzw. Intimen verloren.
Eine nicht unwesentliche Rolle in der Geschichte der Komposition für Männerquartett bzw. M. nimmt der Schwabe Friedrich Philipp Silcher (1789–1860) ein, der mit seinen zahlreichen (Volkslied-) Bearbeitungen (Ännchen von Tharau, Fr. Schuberts Lindenbaum) einen wichtigen Grundstock an geeigneter Literatur für die in der 1. Hälfte des 19. Jh.s zu blühen beginnende Bewegung des Männergesangs schuf. Silcher dachte bei seinen Kompositionen zwar in erster Linie auch noch an solistische Aufführung, zog jedoch bereits eine Ausführung als M. in den Bereich des Möglichen (so auch Franz Abt). Anders dagegen H. G. Nägeli, der sich selbst als Schöpfer der Gattung M. bezeichnete und seine Werke im Hinblick auf mehrfach besetzte Stimmen schrieb. Er war der Überzeugung, dass aufgrund der Lage der Männerstimmen „alles lastende, schwerfällige im Gebrauch der Harmonie zu vermeiden“ (MGG) sei und daher die beiden unteren Stimmen meist in Quinten oder Sexten geführt werden sollten sowie der Gebrauch der Dissonanzen sehr eingeschränkt werden sollte. Trotz der Meinung Nägelis, er sei der Schöpfer der Gattung M. gewesen, muss darauf hingewiesen werden, dass sich einzelne Vorläufer bereits viel früher finden lassen: u. a. Männerchöre in Opern von Michel Angelo Rossi (ca. 1601/02–56), Domenico Mazzocchi (1592–1665) und W. A. Mozart (Priesterchor in der Zauberflöte) sowie B. Hackers Karnevalsoper für Männerstimmen List gegen List oder der Teufel im Waldschlosse (Salzburg 1801).
Häufig lässt sich schwer unterscheiden, ob ein Komponist seine Werke ursprünglich noch für Männerquartett oder bereits für M. bestimmt hatte. An bedeutenden Komponisten bzw. Werken wären hier u. a. C. M. v. Weber (Zyklus Leyer und Schwert, darunter das bekannte Lützows wilde Jagd), Felix Mendelssohn Bartholdy (Der Jäger Abschied), R. Schumann (Ritornelle op. 65),H. Marschner (Ein Mann – ein Wort, Liedesfreiheit), F. Liszt (Was ist des Deutschen Vaterland?), C. Kreutzer (Schäfers Sonntagslied, Die Kapelle), Rich. Wagner (Das Liebesmahl der Apostel [sicher für M.]) sowie P. Lindpaintner, C. Loewe (M.-Oratorien, z. B. Die eherne Schlange) und G. A. Lortzing zu nennen. Sehr beliebt waren auch bearbeitete Werke L. v. Beethovens (v. a. Die Ehre Gottes [nach op. 48/4], Gottes Macht und Vorsehung [nach op. 48/5], Hymne an die Nacht [nach dem 2. Satz der Klaviersonate op. 57]). In der 1. Hälfte des 19. Jh.s hatten sich also durchaus bedeutende Komponisten der Gattung M. zugewandt und hervorragende Werke geschaffen, die Aspekte wie Jagd, Geselligkeit (Trinklieder), Religiosität, aber auch nationale Forderungen thematisierten. Mit zunehmender Entwicklung des Männergesangs ab ca. 1870 traten jedoch immer mehr Komponisten in den Vordergrund, die durch ihre Werke massiv zu einer Verflachung des Repertoires beitrugen (sog. Liedertafelei, Liedertafelstil). Musikalische Qualität und echte Volksliedpflege mutierten zu hohlem Pathos, übertriebenem Pomp (Friedrich Hegar [1841–1927] mit seinen virtuosen M.balladen), überkommener Empfindsamkeit und Volkstümelei.
Zu den österreichischen Komponisten, die den M. pflegten und sich – wenn oft auch nicht viel – von der breiten Masse abheben konnten, zählten u. a. A. Bruckner (Germanenzug, Helgoland), A. M. Storch (Bald fangen die Weiden zu blühen an), F. Mair (Es rauscht ein stolzer Strom zum Meer), E. S. Engelsberg (Waldesweise), J. R. v. Herbeck (Waldszene), M. v. Weinzierl (Liedesweihe), E. Kremser (Im deutschen Geist und Herzen sind wir eins!), A. Kirchl (Abschied), H. Wagner-Schönkirch (Segenswunsch an den Kaiser), C. Führich (Reiterlied) und V. Keldorfer (Andreas Hofers Abschied vom Leben).
Auch in der Frage der Begleitung war im Laufe der Zeit ein Wandel eingetreten. Waren die Männerquartette ursprünglich für eine Aufführung a cappella vorgesehen, so trat in der Folge immer häufiger das Klavier als selbständig behandeltes Begleitinstrument hinzu (so z. B. bei Fr. Schubert). Komponisten des ausgehenden 19. Jh.s bevorzugten dann immer öfter auch den vom Orchester begleiteten M. (z. B. A. Bruckner, E. Kremser).
Mit dem Niedergang der Männergesangbewegung nach 1945 verflachte auch zunehmend das Interesse der österreichischen Komponisten am M. Gepflegt wurde/wird (2004) diese Gattung v. a. noch von kompositorisch tätigen Vereinschormeistern, z. B. L. Lehner, J. W. Ziegler, H. Gattermeyer, F. Gerstacker und G. Track.
MGG 2 (1995) [Chor und Chormusik], 2 (1952) [Chorkomposition] u. 8 (1960); Riemann 1967 [M., Quartett, Voces aequales]; J. Jernek, Der österr. M.gesang im 19. Jh. , Diss. Wien 1937; R. Kötzschke, Gesch. des dt. Männergesanges 1927; O. Elben, Der volksthümliche dt. Männergesang 21887; Ch. Fastl, „Waldigen Hang, grünendes Tal durchtön’ dt. Sang mit mächtigem Schall!“ , Diss. Wien 2003.