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Metronom
Von J. N. Mälzel 1815 konzipierter und so genannter Taktmesser. Zunächst dürfte er an der Verbesserung des Chronometers von G. E. Stöckel gearbeitet haben. Zur gleichen Zeit entwickelte auch S. Neukomm einen Chronometer und gab im Mai 1815 in Wien eine Anleitung sich des musikalischen Chronometers zu bedienen heraus (dessen Unzulänglichkeiten im Vergleich zu einer Taktuhr von Andreas Christian Sparrevogn werden in der AmZ 1817, 233–244 besprochen). Als Mann mit ausgeprägtem Geschäftssinn versicherte sich Mälzel jedoch von Anbeginn an der Propagierung seines Chronometers durch die führenden Komponisten. Schon 1813 meldet die AmZ 1813, 786–788 nicht nur, dass sein Chronometer mit einer Skala zur Anzeige von 49–160 Schlägen pro Minute ausgerüstet ist, sondern auch, dass sich A. Salieri verpflichtet habe, die Werke von G. F. Händel, J. Haydn, W. A. Mozart und Ch. W. Gluck nach diesen Werten zu bezeichnen und dass L. v. Beethoven, Salieri und J. Weigl bereits eine öffentliche Erklärung über den Wert des Gerätes abgegeben hätten. Im Februar 1815 ist in der AmZ zu lesen, dass „der Taktmesser nun in London gefertigt“ werde. In einem kritischen Vergleich mit einem Taktmesser von Gottfried Weber in Mainz/D kommt Mälzels Chronometer schlecht weg. Auch ein zweites Modell muss seine Mängel gehabt haben. Die AmZ (Mai 1815, 314f) berichtet vom Besuch Mälzels in Amsterdam im Spätsommer 1814, wo er „auch noch ein paar Chronometer“ zeigte, „wovon der eine den Takt mit einem Pendul oder einer Schnur angiebt, der andere aber den Takt schlägt [...] der Taktschläger, scheint noch vieler Verbesserungen fähig zu seyn“. In Amsterdam lernt Mälzel Diederich Nikolaus Winkel und dessen Taktmesser kennen, ein um einen Drehpunkt sich bewegendes Doppelpendel mit verschiebbarem Gewicht auf dem oberen Schenkel. Mälzel erkennt den unschätzbaren Vorteil dieser Anordnung – das Problem der unhandlichen Dimensionen und der Präzision ist schlagartig gelöst – und er versucht Winkel die Erfindung abzukaufen. Da dieses Geschäft nicht zustande kommt, ergänzt Mälzel die Vorrichtung um seine Skala und meldet sein „M.“ 1815 in London und Paris zum Patent an. Im Mai 1816 sucht er in Wien um Erteilung eines Privilegs an, das ihm am 18.4.1817 vom Kaiser bewilligt wird. Da die Unterlagen noch nachgereicht werden müssen, wird die Ausfertigung der Urkunde erst am 13.9.1817 angeordnet. Auch in Bayern erwirbt Mälzel ein Patent auf sein M. Von Winkel und von Mälzels eigenen früheren Chronometern ist keine Rede mehr. In Wien wurde das M. von L. Mälzel hergestellt. Winkel, dessen Erfindung am 14.8.1815 vom kg.lichen Institut für Wissenschaft und Künste in Amsterdam offiziell registriert wurde, bemühte sich mit Erfolg um die Anerkennung seiner Priorität durch eine holländische Kommission, und es gelang ihm, Mälzel zu zwingen, eine entsprechende Erklärung in Amsterdam zu unterschreiben, allein Mälzel kümmerte das wenig. Winkel wandte sich an die Fachpresse (AmZ Juli 1818, 468–473, hier auch Details zur Priorität Winkels), kann aber nichts mehr ausrichten.

Nach der Veröffentlichung der M.zahlen für J. B. Cramers Etüden und für L. v. Beethovens Symphonien im September bzw. Dezember 1817 durch die AmZ ist Mälzels Name mit dem M. untrennbar verbunden. Mit über 200 verschenkten M.en bekam Mälzel von den bedeutendsten Komponisten nicht nur die Zweckmäßigkeit, ja geradezu Unentbehrlichkeit seiner Erfindung attestiert, sondern auch die schriftliche Zusicherung, alle ihre zukünftigen Kompositionen nach der Skala seines M.s zu bezeichnen. So kann 1818 bereits eine Synopsis der M. werte für die Tempobezeichnungen der führenden Komponisten erscheinen (s. Abb.). Auch den weltweiten Vertrieb mit Bezugsquellen in Paris, London, Wien (L. Mälzel), München und Leipzig/D (Breitkopf & Härtel) hatte Mälzel binnen kürzester Zeit aufgebaut. 1817 entwarf Mälzel auch ein „stummes“ M., das sich aber nicht bewährte. Mit einigen Verbesserungen (erweiterte Skala, kleinere Dimensionen, Holz- statt Metallgehäuse) gab Mälzel dem M. schließlich seine heutige Gestalt. Spätere Weiterentwicklungen blieben wirkungslos. Heute werden M.e auch auf elektronischer Grundlage gebaut.


Literatur
MGG 6 (1997); NGroveD 16 (2001); G. Haupt in Der Bär. Jb. von Breitkopf und Härtel auf das Jahr 1927, 1927; St. v. Keeß, Darstellung des Fabriks- und Gewerbewesens im österr. Kaiserstaate 2 (1823), 180f; H. Leonhardt, Der Taktmesser, Johann Nepomuk Mälzel 1990; R. W. Sterl in H. Leuchtmann (Hg.), [Fs.] H. Schneider 1981; H. Zemanek in Elektronische Rechenanlagen 8/2 (1966); B. Jerold in The Beethoven Journal 24/1 (Summer 2009); Notice sur le Métronome de J. Maelzel [1818]. – Finanz- und HKA Wien (Kommerz, r.Nr. 1238 Zl. 155 ex Apr 1817, Zl. 70 ex Jun 1817, Zl. 20 u. 70 ex Sep 1817).

Autor*innen
Helmut Kowar
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Helmut Kowar, Art. „Metronom‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d979
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Notice sur le Métronome de J. Maelzel [1818]

DOI
10.1553/0x0001d979
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