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Musikausbildung
Entwicklung von Begabungen und Anlagen sowie Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die für Tätigkeiten im Bereich der Musik, insbesondere als Berufsmusiker oder Experte Voraussetzung sind. Die Lehre und Aneignung musikalischer Fertigkeiten war und ist selbstverständlicher Bestandteil jeder menschlichen Kultur. Schon der adäquate Einsatz von Geräusch, Klang und Rhythmus in magischen und rituellen Kontexten setzt fachliche Anleitung voraus. In der Antike erforderten Kultfeste versierte Instrumentalisten und Sänger, Choristen (insbesondere für das Theater) wurden im Rahmen der μουςική herangebildet, welche eine Einheit von Wort, Melos und Bewegung darstellte. Im Kernbereich des abendländischen Bildungssystems etablierte sich die Musik jedoch nicht nur als praktische μουςική herangebildet, welche eine Einheit von Wort, Melos und Bewegung darstellte. Im Kernbereich des abendländischen Bildungssystems etablierte sich die Musik jedoch nicht nur als praktische μουςική, sondern auch als mathematische Wissenschaft mit kosmologisch-spekulativem Hintergrund (Musiktheorie, Musikwissenschaft). Seit Jahrtausenden war die Ausbildung von Musikanten und Musikern auf persönlicher Basis erfolgt, im Abendland wurde und wird sie seit dem Mittelalter zunehmend sowohl von daran interessierten Institutionen (Kirche, Höfe, Zünfte usw.) als auch den Trägern selbst (entweder ihren Genossenschaften, wie z. B. der Spielleute [Spielmann], Thurner, Trompeter [Heertrompeter, Hoftrompeter] usw., oder Individuen, z. B. Organisten) organisiert; über deren Unterrichtsmethodik ist allerdings nur wenig bekannt. Am Beginn stand und größte Bedeutung besitzt nach wie vor die individuelle Unterweisung, meist im Zuge der Erlernung eines Musikinstruments und der hiezu als notwendig erachteten theoretischen Grundlagen. Zu dieser individualisierten Form der M. führt mit steigendem Anspruch meist auch die institutionalisierte bzw. schulisch grundgelegte (Musikunterricht) wieder zurück.

Die Entstehung der bürgerlichen Musikkultur führte zu Beginn des 19. Jh.s zur Gründung von Vereinigungen, welche sich neben der Aufführung aufwändiger Werke auch die Hebung des musikalischen Niveaus zum Ziel setzten (Musikverein, Kirchenmusikschulen), wobei zunächst die Laienausbildung (Dilettant), nicht die Ausbildung professioneller Musiker im Vordergrund stand. Aus diesem Antrieb kam es innerhalb weniger Jahre zur Gründung von Sing- bzw. MSch.n (Graz 1816, Wien 1817, Innsbruck 1818, Linz 1823, Klagenfurt 1828). In der zweiten Hälfte des 19. Jh.s entwickelten sich diese MSch.n, allen voran das Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, zu professionellen Ausbildungsinstitutionen, welche auch die künstlerischen Bedürfnisse des bürgerlichen Musiklebens zu erfüllen begannen. Im Laufe der Jahre entstanden daraus die Landeskonservatorien (Linz 1932, Klagenfurt 1932, Innsbruck 1934) und die staatlichen Akademien (später Hochschulen, ab 1998 Universitäten) für Musik und darstellende Kunst (Wien 1909, Salzburg 1939/1953, Graz 1939/1963). Neben den von den Ländern getragenen Landeskonservatorien (in Eisenstadt, Feldkirch, Graz, Innsbruck, Linz, Klagenfurt und Wien) bestehen heute (2003) einige traditionsreiche Privatkonservatorien mit Öffentlichkeitsrecht, z. B. das Horak- (seit 1979 Franz-Schubert-) oder Prayner-Konservatorium in Wien.

Ziel dieser Ausbildungsstätten ist es, hoch qualifizierte Instrumentalisten, Dirigenten, Sänger, Tänzer, Schauspieler, aber auch Instrumental- und Gesangspädagogen heranzubilden. Bedingung für die Zulassung zum ordentlichen Studium (Hauptstudium) sind je nach Studienrichtung das vollendete 15., 16. oder 17. Lebensjahr, in manchen Fällen die Reifeprüfung einer Allgemein bildenden oder Berufsbildenden höheren Schule, sowie eine bestandene Aufnahmeprüfung. An MUniv.en haben ordentliche und außerordentliche Studierende aus Österreich, der Schweiz oder einem EWR-Land unabhängig von der Anzahl der Studien und der besuchten Univ.en pro Semester einen Studienbeitrag zu entrichten, der sich für Studierende, die aus einem anderen Land stammen, auf das Doppelte erhöht. Für die Studiengebühren an den Landeskonservatorien gibt es keine einheitlichen Bestimmungen. Die Palette der angebotenen Studienrichtungen an Konservatorien und MUniv.en reicht vom klassischen Instrumental- und Gesangsstudium über Komposition und Musikleitung bis zu Studienrichtungen im Volksmusik-, Jazz- und Popbereich, von der Tonmeister- bis zur Musiktherapie-Ausbildung. Zusätzlich eröffnen zahlreiche, meist kostenpflichtige Lehrgänge unterschiedlichster Ausrichtung Studierenden und Absolventen vielfältige Spezialisierungsmöglichkeiten. Zur Förderung besonders begabter Kinder und Jugendlicher werden Vorbereitungs- bzw. Vorstudienlehrgänge angeboten, die oft die Basis für einen professionellen künstlerischen Werdegang bilden. (Für Studierende solcher Lehrgänge wurden in einigen Städten Realgymnasien und Oberstufenrealgymnasien für Studierende der Musik (Musikgymnasien) eingerichtet, welche mit den MUniv.en bzw. Konservatorien eng kooperieren.)

Ein ordentliches Studium dauert in der Regel 8–12 Semester, doch gibt es für die meisten Studienrichtungen keine gesamtösterreichisch einheitlichen Regelungen. So etwa sind für das Diplomstudium Dirigieren am Tiroler Landeskonservatorium derzeit acht, am Kärntner Landeskonservatorium zehn, an der MUniv. Wien zwölf Semester vorgeschrieben. Strukturelle Unterschiede ergeben sich daraus, dass die MUniv.en, nicht aber die Konservatorien nach erfolgreichem Studienabschluss die akademischen Grade Bakkalaurea/Bakkalaureus der Künste (Bakk. art.) bzw. Magistra/Magister artium (Mag. art.) verleihen und die Studien teilweise – je nach Standort und Studienrichtung – nicht mehr in zwei Studienabschnitten, sondern in Bakkalaureats- und darauf aufbauendes Magisterstudium gegliedert sind. Derzeit (2004) besteht z. B. die Studienrichtung Dirigieren an der Kunstuniv. Graz aus einem sechssemestrigen Bakkalaureats- und einem viersemestrigen Magisterstudium, während es sich bei der vergleichbaren Studienrichtung Musikleitung an der MUniv. Wien um ein reines Magisterstudium handelt.

Einheitlich geregelt ist die Studiendauer der pädagogischen Studienrichtungen (Instrumental-, Gesangspädagogik). Der erste Studienabschnitt dauert acht Semester und kann sowohl an Konservatorien wie an MUniv.en absolviert werden. Das Studium führt zur staatlich anerkannten Lehrbefähigungsprüfung, welche zur Tätigkeit als Instrumental- bzw. Gesangslehrer an MSch.n, Oberstufenrealgymnasien mit Instrumentalmusik als Pflichtgegenstand, Allgemein bildenden höheren Schulen mit Instrumentalmusik als Freigegenstand und im freien Beruf berechtigt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen können die Absolventinnen und Absolventen dieser Studienrichtung, egal, wo sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben, ihr Studium an einer MUniv. mit dem zweiten Studienabschnitt fortsetzen, der zur zweiten Diplomprüfung und zum Magistertitel (Mag. art.) führt.

Zur Aus- und Fortbildung angehender oder bereits aktiver Kirchenmusiker werden die einschlägigen Studienrichtungen an den MUniv.en (Katholische bzw. Evangelische Kirchenmusik) durch die Konservatorien für Kirchenmusik, kirchliche Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht (in Graz, Linz, St. Pölten, Wien) ergänzt.

Das Lehramtsstudium Musikerziehung für höhere Schulen setzt die Reifeprüfung einer Allgemein bildenden oder Berufsbildenden höheren Schule voraus und kann nur an einer MUniv. absolviert werden. Das Studium dauert neun Semester, ist mit einem wissenschaftlichen Zweitfach zu kombinieren und endet je nach Studienpriorität mit dem Titel Mag. art., Mag. phil. oder Mag. rer. nat. Alle Absolventinnen und Absolventen der MUniv.en, welche ein Diplom- oder Magisterstudium abgeschlossen haben, können auf dem Wege eines interuniversitären Doktoratsstudiums (MUniv. in Verbindung mit einer Univ.) ein Doktorat (Dr. phil. oder Dr. rer. nat.) erwerben.

Die musikpädagogische Ausbildung für den Pflichtschulbereich erfolgt an den Pädagogischen Akad.n (ab 2007 Hsch.n für Pädagogische Berufe). Das Studium der Musikerziehung für das Hauptschullehramt dauert sechs Semester und ist mit einem Zweitfach zu verbinden. Da Volksschullehrerinnen und -lehrer als Klassenlehrer außer Religion alle Fächer unterrichten, ist Musik in ihrem Studium nur ein Fach unter vielen. Gleiches gilt für die Ausbildung zum Sonderschullehrer oder zur Sonderschullehrerin. Allerdings können die Pädagogischen Akad.n seit 1999 ihre Studienpläne selbst bestimmen, was im musikalischen Bereich differenzierte Schwerpunktsetzungen ermöglicht. In den letzten Jahren haben die Pädagogischen Akad.n zudem eine Fülle von meist zweijährigen Lehrgängen entwickelt, welche Lehrern verschiedener Schularten, aber auch Erziehern und Sozialarbeitern musikpädagogische Zusatzqualifikationen eröffnen.

Eine wichtige Rolle im Musikbetrieb spielen auch die Absolventinnen und Absolventen der Studienrichtung Musikwissenschaft, welche an den Univ.en Graz, Innsbruck, Salzburg und Wien belegt werden kann. Das Diplomstudium dauert acht Semester, führt zum Magisterium (Mag. phil.) und kann mit einem Doktoratsstudium fortgesetzt werden (meist Dr. phil.). Voraussetzung für die Zulassung zum Studium ist das Reifezeugnis einer Allgemein bildenden oder Berufsbildenden höheren Schule oder die Studienberechtigungsprüfung sowie der Nachweis musikalischer Begabung, der jedoch im Laufe der ersten Studiensemester erbracht werden kann. Für den zu entrichtenden Studienbeitrag gelten dieselben Regelungen wie für das ordentliche Studium an den MUniv.en. Abgesehen von der wissenschaftlichen Laufbahn sind die Absolventinnen und Absolventen dieser Studienrichtung u. a. tätig als Lehrende der musiktheoretischen Fächer an Univ.en, MUniv.en und Konservatorien, als Experten in Medien und Verlagen, in der Musikproduktion und Vermarktung, in wissenschaftlichen Bibliotheken, Archiven und Museen sowie im Kulturmanagement.

Die angeführten Spezialisierungen führen letztlich zu professioneller Tätigkeit im Musikbereich (Interpret, Pädagoge, Experte). Das nach wie vor wirksame und sehr breite Spektrum an Gesangs- und Instrumentalunterricht auf privater Basis entzieht sich einer zusammenhängenden Darstellung. Es dürfte durch das inzwischen relativ enge Netzwerk von MSch.n in Stadt und Land zwar etwas zurückgedrängt oder teilweise aufgesogen worden sein, hat aber dafür (besonders auf dem Gebiet des schriftlos funktionierenden Laienmusizierens, nicht zuletzt Rock und Pop) auch wieder neue, den Bedürfnissen entsprechende Formen entwickelt.

Durch die sog. öffentliche Hand wird insbesondere auf schulischer Ebene eine breite musikalische Grundausbildung in vielfältiger Weise gefördert: Im Pflichtschulbereich sind die Volksschulen mit musikalischem Schwerpunkt (alle Bundesländer außer Wien), die Volksschulklassen mit vermehrtem musikalischem Angebot (Wien) sowie die in ganz Österreich verbreiteten Musikhauptschulen zu nennen. Unter den Allgemein bildenden höheren Schulen (AHS) setzen neben den erwähnten Realgymnasien und Oberstufenrealgymnasien (ORGs) für Studierende der Musik auch die Gymnasien und Realgymnasien unter besonderer Berücksichtigung der musischen Ausbildung musikalische Schwerpunkte. Von großer Breitenwirkung sind die Oberstufenrealgymnasien mit Instrumentalunterricht. Dort ist in allen vier Jahren der Oberstufe nicht nur Musikunterricht, sondern auch instrumentaler Gruppenunterricht verpflichtend. Mehr als die Hälfte aller ORG-Klassen, welche in Summe ein Fünftel aller österreichischen AHS-Oberstufenklassen bilden, wird dzt. als Instrumentalzweig geführt.

Sodann bestehen im gesamten österreichischen Bundesgebiet neben zahlreichen privaten etwa 400 öffentliche MSch.n, deren Struktur und Entwicklung über Landesgesetze geregelt ist (Musikschulwerk). Organisation, Finanzierung und Lehrerdienstrecht sind daher in den neun Bundesländern unterschiedlich gestaltet. Gemeinsam ist den öffentlichen MSch.n, dass hier qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer, zumeist Absolventinnen und Absolventen der Studienrichtung Instrumental(Gesangs)pädagogik der MUniv.en und Konservatorien, nach geregelten Lehrplänen (Gesamtösterreichischer Rahmenlehrplan der Konferenz der österreichischen Musikschulwerke 1994) Gesangs- bzw. Instrumentalunterricht erteilen, der durch Fächer wie Allgemeine Musiklehre und Gehörbildung ergänzt wird. Schülerinnen und Schüler durchlaufen ein System, das sich in Unter-, Mittel- und Oberstufe gliedert, wobei zum Aufstieg in die nächste Stufe eine Übertrittsprüfung zu absolvieren ist. Aus den Reihen erfolgreicher Oberstufenschülerinnen und -schüler rekrutiert sich ein großer Teil jener Studierenden, die ihre Musikausbildung auf professioneller Ebene an Konservatorien und MUniv.en fortsetzen.

Zunehmend gewinnt auch die Musikalische Früherziehung an Terrain, ein meist zweijähriger Kurs, der dazu dient, etwa vier- bis sechsjährige Kinder in die Musik einzuführen und auf einen nachfolgenden Instrumentalunterricht vorzubereiten. Hier hat sich neben dem Konzept des Salzburger Orff-Schulwerks das Wiener Modell der Elementaren Musikalischen Erziehung (MUniv. Wien) etabliert. Derzeit sind etwa 15 % aller österreichischen Schülerinnen und Schüler zugleich in MSch.n eingeschrieben, allerdings ist diese Zahl differenziert zu sehen: Dem flächendeckenden Musikschulsystem in Oberösterreich, welches ein ausreichendes musikalisches Unterrichtsangebot gewährleistet, steht z. B. in Wien noch immer ein Mangel an Musikschulplätzen gegenüber.


Literatur
G. Eder in EAS-Newsletter 9 (2003); MGG 6 (1997) [Musikpädagogik/Geschichte der Musikerziehung]; E. Henderson-Pillgrab, Zwischen Tradition und Innovation: Zur Musikausbildung der Lehrer in Österreich 1994; E. Hoetzl, Musikstudien in Österreich und in den USA 1990; AGMÖ 1947–1997.

Autor*innen
Gabriele Eder
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Gabriele Eder, Art. „Musikausbildung“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001da81
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