Grundsätzlich stellt der anfangs wegen des gängigen Verfahrens, Stars in das Zentrum der Darstellung zu rücken, oft auch als „Sängerfilm“ bezeichnete M. die Übersetzung von Darbietungsformen der Popularmusik in die Formsprache des Mediums Film dar, weshalb seine Spielarten parallel zur Entwicklung der musikalischen Unterhaltung einem historischen Wandel unterliegen. Seit seiner Entstehung bildet die Operette bzw. die mit dieser eng verwandte Ausstattungs-Revue das Gattungsprinzip für die mit Musik- bzw. Tanznummern angereicherte, im Idealfall durchkomponierte Szenenfolge (auch im Komponistenfilm: Leise flehen meine Lieder, Ö 1933, Regie: Willi Forst, ein Schubert-Film, s. Abb.). Dem M. wurde anfangs über den Unterhaltungswert hinaus auch eine soziale Komponente und historische Bedeutung zugeschrieben, weil dieser das besondere, im Regelfall einem ausgewählten Kreis von (wohlhabenden) Hörern vorbehaltene Erlebnis prominenter Stars sowohl für ein Massenpublikum ermöglicht (indem neben der Kunstmusik auch Schlager und Lieder gesungen werden) als auch für die Nachwelt konserviert. Als namhafter Komponist der ersten Stunde in Österreich ist neben F. Lehár der auch im USA-Exil einschlägig tätige R. Stolz zu nennen, gleichzeitig zählen J. Kiepura (s. Abb.), J. Schmidt (s. Abb.), R. Tauber (s. Abb.), L. Slezak (s. Abb.), Alexander Sved, M. Eggerth (s. Abb.), Ch. Mardayn, J. Novotná (s. Abb.), M. Jeritza, L. Waldmüller und G. Alpár zu den österreichischen Stars des Genres. Die Blütezeit des Opernfilms geht mit den 1930er Jahren zu Ende (Opernring / Im Sonnenschein, Ö 1936, Regie: Carmine Gallone; Zauber der Boheme, Ö 1937, Regie: E. Marischka, beide mit J. Kiepura in der Hauptrolle), auch wenn Komponistenfilme und Sängerporträts weiterhin gedreht werden (etwa: Unsterblicher Mozart, Ö 1954, Regie: Alfred Stöger; Eroica, Ö 1949, Regie: W. Kolm-Veltée, Dreimäderlhaus, Ö 1958, Regie: E. Marischka), während der Operetten- bzw. Revuefilm mit Stars wie R. Schock und R. Holm bis in die 1950er Jahre Bedeutung hat. Exemplarisch lässt sich der Aufstieg und Niedergang des M.s in seiner ursprünglichen Form an der Arbeit des aus Ungarn stammenden und nach dem Anschluss bei der Wien-Film verpflichteten Géza v. Cziffra (1900–89) nachzeichnen, dessen mehr als 100 Filme zunächst hauptsächlich diesem Genre, ab den 1950er Jahren hingegen diversen Lustspielformen zuzurechnen sind (beginnend mit einem seiner ersten in Deutschland geschriebenen Drehbücher zur Filmversion einer Operette von F. Lehár: Wo die Lerche singt, D/H 1936, Regie: Carl Lamac; dem Tschaikowsky-Film Es war eine rauschende Ballnacht, D 1939, Regie: Carl Fröhlich; Liebespremiere, D 1943, Regie: Artur Maria Rabenalt, nach Motiven von R. Benatzkys Operette Axel an der Himmelstür; Du bist Musik für mich/Liebe nach Noten, D 1944/45, eigene Regie; Der himmlische Walzer, Ö 1948, eigene Regie; seine letzten Film-Operetten: Der Vogelhändler, D 1962, eigene Regie, Fledermaus, Ö 1962, eigene Regie).
In der Folge wird der M. vom deutschen Schlager (Filme mit Caterina Valente, Conny Froboess, P. Alexander, P. Kraus, P. Weck, Vico Torriani etc.) und zunehmend vom Musical sowie der Rock- und Popmusik der Jugendkultur geprägt. Die österreichische Produktion lässt deshalb auch in diesem Filmgenre nach, und einzelne, Musik mit Bildern wesentlich verknüpfende anspruchsvolle Filme (vgl. Art. Filmmusik, aber auch die von O. M. Zykan komponierte Staatsoperette Ö 1977, Regie: Franz Novotny) sind Ausnahmen. Die Karriere einer regional konnotierten Popmusik (Austropop, Neue Volxmusik) mit entsprechenden Stars, die optisch immer anspruchsvolleren Bühnenshows, in denen Sichtweisen und theatralische Effekte des Films unverzichtbare Elemente sind, sowie die mit Hilfe der Videotechnik im Video-Clip (Musikvideo) geleistete Neudefinition des Genres haben dem österreichischen M. neue Impulse verliehen. Der Regisseur Niki List ist mit dem M. populär geworden (Müllers Büro, Ö 1986; Helden in Tirol, Ö/CH 1998), Rudi (Rudolf) Dolezal und Hannes Rossacher haben (v. a. im Team DoRo) als Produzenten bzw. Regisseure einen auch internationalen Ruf erworben. Die Grenze zum Dokumentar-Porträt bzw. Konzertmitschnitt sind dabei fließend, und häufig ist das Fernsehen, nicht das Kino Verbreitungsmedium (Die kleine Show, 1976; Austria 3, 2000, Regie: Dolezal/Rossacher; Der Watzmann ruft, 1992, Regie: Dolezal/Rossacher; Attwenger-Film 1994, Regie: u. a. Wolfgang Murnberger; Attwengers Luft, 1995, Regie: Bady Minck). Bemerkenswert ist die in den letzten Jahren gestiegene Popularität des Genres im Hinblick auf reguläre M.-Festivals, so auf dem Wiener Rathausplatz und in Salzburg im Rahmen von Jazz im Theater.
H.-M. Bock et al. (Hg.), Musik Spektakel Film. Musiktheater und Tanzkultur im dt. Film 1922–1937 , 1998; H.-M. Bock et al. (Hg.), Als die Filme singen lernten. Innovation und Tradition im M. 1928–1938 , 1999; E. Büttner/Ch. Dewald, Das tägliche Brennen. Eine Gesch. des österr. Films von den Anfängen bis 1945 , 2002; E. Büttner/Ch. Dewald, Anschluß an Morgen. Eine Gesch. des österr. Films von 1945 bis zur Gegenwart 1997; J. Jeongwon (Hg.), Between opera and cinema 2002; G. Krenn/A. Loacker (Hg.), Zauber der Boheme. Marta Eggerth, Jan Kiepura und der deutschsprachige M. 2002; R. Oswald in Mein Film 397/1933; A. Pollach (Hg.), Singen und Tanzen im Film 2003; R. Traubner, ¾ Time. The German and Austrian Musical Film from the Kaiser through Hitler 1996; www.imdb.com (2/2004); www.jazzit.at (2/2004).