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Pilsen (deutsch für tschechisch Plzeň)
Stadt in Tschechien, bedeutendes westböhmisches Verwaltungs-, Wirtschafts- und Kulturzentrum am Zusammenfluss von vier Flüssen. Die Stadt wurde unter Wenzel II. (um 1290) als eine der jüngsten Königsstädte in Böhmen gegründet – begleitet vom starken Zuzug deutscher Siedler –, benannt wurde sie nach der alten Königspfalz. Die Entwicklung unter Karl IV. führte zur Stärkung des tschechischen Elements, ab der 2. Hälfte des 14. Jh.s war P. eine deutsche Sprachinsel. Ordensgemeinschaften ließen sich in der Stadt nieder, und in der Folge kam es zur Errichtung von Kirchen und Klöstern: Dominikaner (St. Anna-Kirche), Minoriten, Franziskaner, Deutscher Ritterorden (Mariä Himmelfahrt-Kirche). Die St. Bartholomäus-Kirche (später Dekanatskirche, s. Abb.) wurde ca. zwischen 1320/1470 erbaut, die St. Nikolaus-Kirche im 15. Jh. Im Jahre 1341 übernahm die königliche Stadt das Recht der Prager Altstadt, war zu diesem Zeitpunkt, unmittelbar hinter Prag, die zweitwichtigste Metropole des Landes (u. a. Zufluchtsort für den Prager königlichen Hof in den Pestjahren 1483, 1582, 1599/1600) und erhielt zahlreiche Privilegien. Die Hussitenbewegung fand in P. bereits sehr früh zahlreiche Anhänger, viele P.er folgten Jan Žižka, dem Heerführer der Hussiten, nach Tabor (Tábor/CZ); nach deren Wegzug entwickelte sich P. zu einer Bastion des Katholizismus (Belagerung der Stadt durch die Hussiten 1433/34). 1449 schloss sich P. der Strakonitzer Adelsunion an, und für eine gewisse Zeit übersiedelte auch das Prager Kapitel nach P. Den Status einer politisch bedeutenden Stadt bewahrte sich P. auch in den kommenden Jahrzehnten: sie war der Schauplatz von Verhandlungen Georg von Podiebrads mit bayerischen Herzögen, in den Jahren 1599/1600 hielt sich K. Rudolph II. in P. auf. Doch P. war nicht zuletzt auch ein Kulturzentrum. Rund um das Jahr 1468 wurde hier eine der ersten Buchdruckereien Europas errichtet, wodurch die Stadt, nun Zentrum tschechischer literarischer Bestrebungen (z. B. der Druck der sog. Trojanischen Chronik im Jahr 1468), an Bedeutung gewann.

Im 16. Jh. entfaltete sich eine Renaissancekultur in der Stadt (Zuzug italienischer Familien), das tschechische und das deutsche Element wetteiferten um Einfluss, es kam zum Erstarken des Protestantismus, was in der Folge die Gegenreformation auf den Plan rief. Der Alltag in der mittelalterlichen Stadt wurde von entsprechenden zeitgemäßen musikalischen Ausdrucksformen begleitet, zu deren Blüte es in der Epoche der Renaissance und des Humanismus kam. 1555 fand anlässlich des Besuches von Erzhzg. Ferdinand ein Mummenschanz statt. Während des Ständeaufstandes (1618–20) schlug sich die Stadt auf die Seite der Habsburger.

P. war das bedeutendste Glockenguss-Zentrum Westböhmens. Die Tätigkeit des Glockengießers Aegidius (zwei Glocken der St. Bartholomäus-Kirche) ist für die Jahre 1464 und 1489 belegt. Sein Sohn (offenkundig namensgleich) übernahm die Werkstatt und fertigte die Glocken folgender Kirchen an: P.er Stadtkirche (1520), Lautschim (Loučim/CZ, 1523), Stradischt (Strážiště/CZ, 1525), Sliwitz (Slivice/CZ, 1534), Zebnitz (Žebnice, 1535) und Alt-Sattl (Staré Sedlo/CZ, 1539). Im 18. Jh. unterhielt Johannes Perner – Mitglied einer Familie, die von Tirol nach Böhmen umsiedelte und ihren Lebensmittelpunkt fortan in Budweis hatte – eine Werkstatt in der Stadt. In Budweis erhielt Johannes Perner 1702 das Bürgerrecht. Einer seiner Söhne blieb in P., Josef Perner ging nach Budweis, Matthias Perner nach Eichstätt in Bayern. Weitere erwähnenswerte Glockengießer waren Jakob Wilhelm Seitz (um 1718 in P. tätig) und Johann Jakob Seitz (1762–92 tätig).

Als bedeutende P.er Orgelbauer sind die folgenden anzuführen: David Müller, Friedrich Pfannmüller d. Ä. (aus der Oberpfalz/D), Sebastian Schmied (Absolvent der Elbogener Orgelbauschule und Erbauer der Orgel in Redenitz [Radnice/CZ, 1628]), Josef Leopold Rausch und Franz Prokop Noli (1744– nach 1814) aus Neumarkt bei Tepl (Úterý/CZ). Nicht minder mannigfaltig ist die P.er Geigenbauer-Tradition, zu nennen sind an dieser Stelle z. B. die Familie Nikolaus, Johann Emanuel Balley (1806, 1819 bzw. 1864), die Familie Adalbert, Jakob und Bartholomäus Hartmann (zw. 1821/38) sowie Wenzel Horn (1897).

Zwischen dem 16. und 18. Jh. entfaltete eine katholische Literatenbruderschaft ihre Aktivitäten in der Stadt. Aus der 1. Hälfte des 17. Jh.s kennen wir die P.er Organisten D. Miller und O. Ursini. Eine weit über P. hinaus bedeutende Persönlichkeit war der Musiktheoretiker P. Paulirinus. Eine interessante Persönlichkeit auf dem Gebiet der Komposition war Simon Bar Jona Madelka (Šimon Bariona Oppollensis, * 1530/50 Oppeln/Schlesien [Opole/PL], † ca. 1598 P.). Neben seinen Tätigkeiten als Kantor und Ratsherr war er auch Metzger (Mitglied der Metzger-Zunft), in der Komposition orientierte er sich am niederländischen Stil. Der gebürtige P.er Andreas Grueber wirkte in den Jahren 1577–93 als Posaunist am Prager St. Veits-Dom. Im Verlauf des 18. und zu Beginn des 19. Jh.s spielte sich der Großteil des P.er Musiklebens im Umfeld der St. Bartholomäus-Kirche ab. F. X. Niemetschek wirkte in den Jahren 1787–91 am hiesigen Prämonstratenser-Gymnasium. Gebürtige P.er waren die Brüder Ignaz und Johann (* 1689) Lenck, sie wirkten als Sänger und Violinisten in Prag. Hermann Keßl (* 1716, † nach 1797) war Chorregent an der Dominikanerkirche (St. Anna-Kirche) und Rhetorik-Professor an Dominikaner-Schulen; die Dominikanerin Wenceslaa Patzenhauerinn (ca. 1752) war als Organistin und Flügelpsalterium-Spielerin tätig. Als weiterer bedeutender Orgelspieler ist Anton Pazaurek (wirkte an der Stadtkirche, bis zu seinem Tod 1762 Organist und Chorregent) zu nennen, des Weiteren der gebürtige P.er V. I. Brixi. Ein offenkundiges Naheverhältnis zu P. hatte wiederum Joseph Wurscher; dieser Schüler von Josef Seger wirkte in den Jahren 1772–1830 als Organist und Komponist von Kirchenmusik in P. 1805 wurde J. J. Ryba (schrieb sein Stabat mater für P.), ein Freund des Chorregenten und Organisten František Křepelka, zum Ehrenbürger der Stadt ernannt.

Zur der Zeit, als F. Smetana am P.er deutschen Gymnasium studierte (1840–43), war M. Kučera Leiter des Schulchors, dessen Nachfolger wiederum der vielseitige Musiker und Komponist František Mates (1818–94; 1843–94 Chorregent, 1850–68 Kpm. am Stadttheater). Josef Gerlach war 1848 Dirigent der Nationalgarde, danach leitete er die Schützenkapelle, 1862 wirkte er kurze Zeit als 2. Chormeister des tschechischen Gesangvereins Hlahol. Später war er Chormeister der Deutschen Liedertafel (Männergesang). Diese entstand 1848, nach 1869 machten Beschäftigte der Škoda-Werke den Großteil der Mitglieder aus, die Vereinsräumlichkeiten befanden sich im Deutschen Haus. Dieses wurde 1918 geplündert (inklusive Notenarchiv). 1927 feierte der Verein das 70. Stiftungsfest, ein Jahr später wurde eine Reise zum 1. deutschen Sängerbundfest (Sängerfest) in Aussig organisiert. In den Jahren 1929–45 wurde der Chor von einem gewissen Knirsch geleitet. Im Laufe dieser Zeit wurde die Zusammenarbeit mit dem tschechischen Chor Hlahol wieder aufgenommen. Ab 1867 entfaltete der deutsche Männerchor P.er Liedertafel seine Tätigkeit. Die in der 2. Hälfte des 19. Jh.s einsetzende Industrialisierung verwandelte P. nach und nach in eine moderne Großstadt. Der deutsche Charakter der Stadt verlor aufgrund von Aktivitäten der tschechischen Mehrheit der Einwohner allmählich an Bedeutung.

1867–74 wirkte Eliška Krásnohorská, Librettistin und Schwägerin von Hynek Palla (1837–96), in P. Dieser Komponist, Dirigent und Musikkritiker hat sich 1864–96 wesentlich um das musikalische Aufblühen der Stadt verdient gemacht. 1882 gründete er ein Laien-Symphonieorchester (Plzeňský filharmonický spolek [P.er Philharmonischer Verein]). Unter den Sängerchören ragte in erster Linie der gemischte Chor Hlahol (gegr. 1862) hervor, geleitet wurde er von den Dirigenten Jan Sinkule (1862/63), H. Palla (1864–74), Matěj Slezák (1874–93, enge Kontakte zu A. Dvořák), Jindřich Strnad (1894–96), Václav Mladý (1897/98), Norbert Kubát (1898–1914), František Krofta (1914–30), bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs dann von Stanislav Suda d. J., Emil František Burian und Emanuel Kumpera. Gegen Ende der 1960er Jahre stellte Hlahol seine Aktivitäten ein. 1896 war aus dem Verein ein exzellenter Männerchor (24 Sänger) hervorgegangen, der nach dem Sieg beim internationalen Gesangswettbewerb in Paris eigenständig als Smetana-Chor (1901) aufzutreten begann; im Laufe der Zeit inkorporierte er den Hřímalý-Chor (Gründung ebenfalls 1901). Der erste Arbeiterchor (Arbeiter-Musikbewegung) P.s konstituierte sich 1873 (Dělnický pěvecký odbor při Dělnické besedě [Arbeiter-Sänger-Sektion bei der Arbeiter-Volksakademie]).

Zu gebürtigen P.ern, die außerhalb ihrer Heimatstadt tätig gewesen sind, zählt Victor Gluth (1852–1917), während seiner Zeit in Prag Smetana-Schüler, von der Mitte der 1870er Jahre an 1. Kapellmeister des Königlichen Theaters in München und Prof. an der Königlichen Akademie der Tonkunst; er befasste sich daneben auch mit Komposition. Der P.er Franz Bartowsky (1851–1920; Bariton, Gesangslehrer) wirkte an vielen Orten in ganz Europa. Ebenfalls aus P. stammte auch der Geigenvirtuose und Pädagoge Karl Schneeberger (Karel Šneberger, * 1918) – in P. studierte er Geige, zunächst unter der Leitung seines Vaters, später bei Regina Řeháková. Nachdem die Universitäten geschlossen worden waren, wechselte er an das Prager Konservatorium, wo er Schüler von Jaroslav Kocian war (1940–43). Nach Kriegsende setzte er sich nach und nach als Solist durch, zur gleichen Zeit wurde er Konzertmeister des Prager Filmorchesters; vom Jänner 1946 an war er Prof. am Prager Konservatorium. In den 1950er Jahren wurde er Konzertmeister des städtischen Kammer- und Symphonieorchesters im schwedischen Örebro, wo er auch als Dirigent wirkte. Aus der Gruppe der P.er Komponisten tschechischer Herkunft im ausgehenden 19. und 1. Drittel des 20. Jh.s ragte mit besonderen Erfolgen der blinde Stanislav Suda (1865–1931) hervor. Otakar Bradáč, Komponist und Betreiber einer eigenen MSch., war zw. 1904/15 als Pädagoge in P. tätig. Josef Bartovský (1884–1964), ein Schüler Bradáčs (er lernte Komposition bei ihm), wirkte als Prof. an der pädagogischen Akademie in P. (1919–41), 1925–28 als Dirigent der P.er Volksphilharmonie (Lidová filharmonie) (Arbeiterverein, ein weiterer Dirigent war Antonín Barták); darüber hinaus war er Gründer und 1930–42 Chorleiter der Gesangsvereinigung westböhmischer Lehrer (Pěvecké sdružení západočeských učitelů). Oldřich Blecha (1892–1951), Schüler seines Vaters František und von O. Bradáč, kehrte nach 1921 nach P. zurück. Er gründete den Hudební umělecký klub (Tonkunst-Klub), war Organisator, Publizist und Sammler von Volksliedern; zusammen mit seiner Frau, der Sängerin Marie Rubriciusová, gründete er eine private MSch. Der Komponist Josef Horák (1874–1960) war zu Beginn seiner Karriere Kapellmeister von Militärkapellen (nach 1918 zunächst bei der P.er Garnisonsmusik, später beim IR Nr. 18, ebenfalls in P.). Als prominente gebürtige P.er lassen sich des Weiteren die folgenden anführen: Die Komponisten Rudolf Karel (1880–1945), E. F. Burian (1904–59), Václav Trojan (1907–83), Karel Šrom (1904–81), Oldřich Flosman (1925–98), Jiří Štěpánek (1917–2012), Jan Slimáček (* 1939) und Jaroslav Klupák (1920–83), weiters der Geiger J. Hřímalý und sein Bruder, der Komponist V. Hřímalý, der Pianist František Rauch (1910–96), die Cembalistin Zuzana Růžičková (* 1927), der Bratschist Ladislav Černý (1891–1975), der Violoncellist Josef Šimandl (1903–81) sowie die Musikwissenschaftler Jiří Berkovec (1922–2008) und Zdenko Nováček (1923–87). Theodor Kössl (1886–1969) verbindet mit P. seine Gymnasialzeit bzw. die Jahre bis zum Antritt seines Studiums (Rechtswissenschaft und Komposition) in Prag. In dieser Zeit (ab 1914) war er Chorleiter des Gesangvereins Hřímalý. Die Musiksektion des P.er Kulturverbandes (Hudební odbor plzeňského Osvětového svazu) gründete 1919 – unter dem Namen Symfonický orchestr Osvětového svazu (Symphonisches Orchester des Kulturverbandes) ein ambitioniertes Dilettanten-Symphonieorchester (später P.er Philharmonie [Plzeňská filharmonie]); Kössl war der erste Dirigent dieses Klangkörpers und leitete auch das Eröffnungskonzert am 17.3.1920. 1929 verließ er die Stadt. Die Anfänge der P.er Philharmonie reichen in etwa ins Jahr 1915 zurück (Václav Talich organisierte in jener Zeit Konzerte mit einem großen symphonischen Klangkörper, der von Amateuren unterstützt wurde). Anfang der 1950er Jahre wurde die Vereinigung umbenannt (Orchestrální sdružení při KV Svazu zaměstnanců školství [Orchestervereinigung beim Kreisausschuss des Verbandes von Schulbediensteten]) und 1956 ging sie mit einem neu gegründeten Lehrerchor in der Sänger- und Orchestervereinigung der westböhmischen Lehrerschaft (Pěvecké a orchestrální sdružení západočeského učitelstva) auf. Bohumír Liška, Mario Klemens und Petr Vronský leiteten das Ensemble, 1974 stellte es seine Tätigkeit ein. Auch den Komponisten, Musiktheoretiker und -pädagogen Karel Janeček (1903–74) verbindet ein Lebensabschnitt mit P. – 1924–41 war er Theorielehrer an der städtischen MSch., ebendort Referent des Periodikums Nová doba (Neue Zeit) und Dirigent der P.er Philharmonie. Der Chorleiter und Komponist N. Kubát (1862–1935) wirkte von 1895 an als Chorregent in P., sein Name ist zugleich eng mit den Aktivitäten des Vereines Hlahol (Chorleiter und Direktor) wie auch mit zahlreichen internationalen Erfolgen (mit der sog. Sektion des P.er Hlahol [Odbor Plzeňského Hlaholu] und der Pariser Sektion des P.er Hlahol [Pařižský odbor Plzeňského Hlaholu]) verknüpft. 1919 gründete Kubát den Sängerchor Čech. Darüber hinaus war er Gesangslehrer an der hiesigen Realschule, leitete eine gewisse Zeit lang die Plzeňská filharmonie (P.er Philharmonie) und betrieb zusammen mit Lumír Method Sychra und Jan Talich das Klaviertrio. Als weitere Sängerchöre sind Svatobor, Čerchovan (verweist auf den Berg Čerchov/Schwarzkopf im Böhmerwald) und Šumavan (verweist auf das Gebirge Šumava/Böhmerwald) zu nennen. Von den neueren Gesangschören lassen sich die gemischten Kammerchöre Cappella Giulia und Česká píseň (Tschechisches Lied) nennen, darüber hinaus zwei weitere Frauenchöre (Frauenchor beim Haus der Gewerkschaften [Ženský sbor při Odborovém domě], Frauenchor an der Pädagogischen Fakultät [Ženský sbor při pedagogické fakultě]). Die zeitgenössische Chorszene machen die folgenden Ensembles aus (Auswahl): Canticorum, Česká píseň, P.er Kinderchor (Plzeňský dětský sbor), Kindersängerchor Javořičky (Dětský pěvecký sbor Javořičky), Kindersängerchor an der Grundschule Starý Plzenec (Dětský pěvecký sbor ZŠ Starý Plzenec), Jiřičky Plzeň, Lentilky, Mariella, Chor des kirchlichen Gymnasiums (Sbor Církevního gymnázia), Srdíčka, Zpívánky, Touch of Gospel, Vox imperfecta, Akademischer Mädchenchor P. (Dívčí akademický sbor Plzeň), Ko.Mar, Neues Tschechisches Lied (Nová Česká píseň), PLUS, Schola an der St. Bartholomäus-Kirche (Schola od katedrály sv. Bartoloměje), Schola an der Mariä Himmelfahrts-Kirche (Schola při kostele Panny Marie Nanebevzaté v Plzni), Schola bei den Redemptoristen (Schola u Redemptoristů).

Von P.er Kammerensembles sind aufgrund ihrer Aktivitäten insbesondere die folgenden zu nennen: das Klaviertrio Plzeňské trio (P.er Trio, 1906–20), das Kvarteto Osvětového svazu (Quartett des Kulturverbandes, 1926–29), das Suk-Trio (Sukovo trio, 1933–44), das Plzeňské kvarteto (P.er Quartett, 1941–61), das Plzeňské rozhlasové kvarteto (P.er Rundfunkquartett, seit 1962), des Weiteren das Plzeňské klavírní trio (P.er Klaviertrio, seit 1951), das Sedláčkovo kvarteto (Sedláček-Quartett) und das Západočeské klavírní trio (Westböhmisches Klaviertrio, später Spáčilovo klavírní trio [Spáčils Klaviertrio] genannt). In den Jahren 1908–65 trug die Sdružení pro komorní hudbu (Vereinigung für Kammermusik) zur Entfaltung des Musikbetriebs bei.

Im Februar 1946 wurde – als erster hiesiger professioneller Orchesterkörper abseits der Oper – das P.er Rundfunkorchester (Plzeňský rozhlasový orchestr) gegründet. An dessen Spitze lösten einander Gabriel Vágner (1908–86, beim Rundfunkorchester 1945–49), der Dirigent und Musikwissenschaftler Josef Hrnčíř (* 1921, beim Rundfunkorchester 1948–51), Antonín Devátý, Martin Turnovský, Josef Blacký (1920–2003, ab 1958; ab 1972 Prof. am Konservatorium in P.) und Bohumír Liška ab. Liška (1914–90) übernahm 1955 die musikalische Leitung des J.-K.-Tyl-Theaters (s. Abb.) in P., ab 1956 leitete er die Sänger- und Orchestervereinigung der westböhmischen Lehrerschaft, ab 1968 war er Chefdirigent des P.er Rundfunkorchesters. Ab 1964 wurden im Rahmen des P.er Rundfunks Versuche unternommen, ein Labor für elektronische Musik zu errichten; ab 1967 war hier ein permanentes Studio für Experimentalmusik in Betrieb, das mit der Unterstützung der Fernseh-und-Rundfunk-Versuchsanstalt (Výzkumný ústav rozhlasu a televize) bald europäisches Niveau erreichte und zur Umsetzung von elektronischen Kompositionen vieler tschechischer Komponisten diente.

Als Instrumentalisten, die zum musikalischen Aufschwung der Stadt beigetragen haben, bleiben insbesondere auch die Pianisten F. Smetana, J. Gerlach, Kateřina Summová, Heřman Šikl, Oldřich Filipovský, Emil Mikelka, Bohdan Gselhofer/Gsöllhofer in Erinnerung, aus der Zeit nach 1945 sind es Antonín Brejcha, Jindřich Duras und Karel Friesl, die Geiger Valentina Talichová-Loukotová, Miloš Macháček, Jan Brůna, Jan Sedláček und die Violoncellisten Jan Talich sowie O. Jedlička. Karl Wild (Geiger), Theodor Schulz (1875-1945, Bratschist, Solist auf der Viola d’amore) und Gustav Schmaus zählen zu jenen Musikern, die von Wien nach P. übersiedelt sind.

Die P.er Theatertradition reicht bis ins auslaufende 18. Jh. zurück, doch von einem kontinuierlichen Betrieb kann erst ab 1811 die Rede sein. Ein Theatergebäude wurde in P. bereits 1830–32 errichtet, diente es (sog. Bürger- bzw. Stadttheater, Gebäude in der Riegergasse) mehr als drei Jahrzehnte lang vornehmlich dem deutschen Theater (insbesondere dem Schauspiel); das erste tschechische Stück wurde hier im Jahr 1835 aufgeführt. Tschechisches Theater wurde bereits seit dem Jahr 1818 an verschiedenen Orten gespielt. Die erste auf Tschechisch gesungene Oper war F. v. Flotows Martha (Laienaufführung 1865). Eine ständige tschechische Opernbühne – die erste außerhalb Prags – wurde in der Saison 1868/69 geschaffen, zu verdanken war das dem damaligen Direktor Pavel Švanda. Dieser Theaterleiter machte bereits 1865 mit seinem Ensemble in P. halt. Auf Empfehlung F. Smetanas hin wurde M. Anger Dirigent des Švanda-Ensembles in P., von tschechischen Opern inszenierte er sogar Smetanas Oper Die Verkaufte Braut (Aufführung am 30.10.1869). Angers Nachfolger waren František Hruška, B. Hřímalý, Josef Klička, Jindřich Hartl, Engelbert Engelberth, Karel Kovařovic, Antonín Kott und Ludvík Vítězslav Čelanský. Eine gewisse Zeit lang wurde die Spielsaison unter den zwei Nationalitäten aufgeteilt: Deutsche Aufführungen fanden von September bis Dezember statt, tschechische von Dezember bis März. Ab Ende der 1860er Jahre wurde das Theatergebäude – durch einen Beschluss der Stadtverwaltung – nur noch für tschechische Darbietungen bereitgestellt. Dieser Schritt führte zur Gründung des Deutschen Theatervereins. Dieser Verein initiierte die Errichtung eines Deutschen Theaters (1869 in der Goethegasse eröffnet, auch unter der alternativen Bezeichnung Kleines Theater [Malé divadlo] bekannt). Dieses entwickelte sich zu einem Opern-, Schauspiel- und Operettenzentrum, häufig gastierten hier künstlerische Kräfte aus Prag und Wien. Durch die Errichtung des neuen repräsentativen Gebäudes (1902 durch den Architekten Antonín Balšánek) herrschten wesentlich bessere Bedingungen für einen erfolgreichen Opernbetrieb. Leiter der Oper waren A. Kott, Emanuel Bastl, Václav Talich und abermals L. V. Čelanský. 1917–48 hatte A. Barták die Leitung der Oper inne. Ihm folgten František Belfín und Bohumír Liška. Unter der Leitung des Letzteren erreichte die P.er Oper – was Dramaturgie und Interpretationsniveau angeht – die höchste Stufe. Nach Liška zeichnete Karel Vašata (bereits seit 1948 in P. künstlerisch tätig) für die Leitung der Oper verantwortlich. Anfangs wurde das P.er Theater durch die Stadt verwaltet, um 1949/50 erlangte es den Status eines Landestheaters (Krajské oblastní divadlo). Seit 1955 wird es unter dem Namen J.-K.-Tyl-Theater in P. (Divadlo J. K. Tyla v Plzni) geführt. In den Jahren 1981–85 wurde es rekonstruiert und ausgebaut. Heute beheimatet es fünf Genres: Oper, Schauspiel, Musical, Operette sowie Ballett. Seit ihrer Gründung sind mittlerweile etliche bedeutende Sänger auf der Bühne der P.er Oper gestanden (u. a. Ada Nordenová, Ota Horáková, Marie Jeremiášová-Budíková, Věra Soukupová, Miroslav Frydlewicz, Oldřich Spisar und Karel Berman). Ein beachtliches Niveau erreicht auch das P.er Operettenensemble.

Das Musikschulwesen blickt in P. auf eine reiche Tradition zurück. Um die Wende vom 19. zum 20. Jh. gab es in der Stadt mehrere private MSch.n (J. Gerlach, Friedrich Gluth, Maria Neubarth; eine der Schulen gehörte in den Jahren 1867–71 Jindřich Pech, dem Bruder von E. Krásnohorská). 1920 erkämpften progressive Kräfte die Gründung einer städtischen MSch. (Městská hudební škola Bedřicha Smetany [Städtische Bedřich-Smetana-MSch.]) und gleich die ersten Direktoren (Emil Václav Holý, B. Gselhofer/Gsöllhofer) verhalfen ihr zum Ruf einer renommierten Institution. Anzahl wie Niveau der Schulen schwankten beträchtlich, knapp nach Ende des Zweiten Weltkrieges verschwanden sie allmählich von der Bildfläche. In den 1960er Jahren entstanden dann gleich zwei Volkskunstschulen (Lidové školy umění). Die jahrelangen Anstrengungen P.s, ein Konservatorium zu errichten, wurden 1961 realisiert. Als erster Direktor wurde der Pianist Václav Laňka bestellt, nach dessen Abgang 1971 wurde die Leitung von Věra Pinkerová übernommen. Von 1949 an existierte in P. eine Schule, die im Laufe der Zeit zur Pädagogischen Fakultät wurde; das Institut für Musikerziehung prägte hier Bořivoj Mikoda. 1960 wurde in P. die Landesabteilung des Verbandes tschechoslowakischer Komponisten (Svaz československých skladatelů) eingerichtet; um deren Errichtung haben sich B. Mikoda und Antonín Špelda verdient gemacht. Auf deren Boden betätigte sich eine Reihe von Komponisten (insbesondere Jaromír Bažant, A. Devátý, Jan Málek, Karel Odstrčil, Oldřich Semerák, J. Slimáček, J. Štěpánek und Jiří Teml).


Literatur
F. Macháček, Vývoj hudebního umění v Plzni [Entwicklung der Tonkunst in P.] 1924; A. Špelda, Čtvrtá desítka Hudebního odboru Osvětového svazu v Plzni 1938 – 1948 [Vier Jahrzehnte der Musiksektion des P.er Kulturverbandes] 1948; A. Špelda, Sdružení pro pěstování komorní hudby v Plzni 1909 – 1949 [Vereinigung für Kammermusik in P. 1909 – 1949] 1949; A. Špelda in Život Plzeňska 1 u. 2 (1950); 3 (1952) u. 5 (1954); B. Mikoda, Plzeňští skladatelé v soudobém vývoji hudební tvorby [P.er Komponisten in der zeitgenössischen Entwicklung des Musikschaffens] 1956; A. Špelda, Průvodce hudební Plzní [Führer durch das musikalische P.] 1960; Sto let českého divadla v Plzni. 1865 – 1965 [Hundert Jahre tschechisches Theater in P. 1865 – 1965] 1965; V. Bokůvková in Sborník pedagogické fakulty v Plzni, Umění V 1966; A. Špelda, Plzeňský rozhlasový orchestr 1946–1981 [P.er Rundfunkorchester 1946–1981] 1982; V. Bokůvková, Třicet let Kruhu přátel hudby v Plzni [30 Jahre Kreis der Musikfreunde in P.] 1992; J. Fiala, Západočeská vlastivěda. Hudba [Westböhmische Landeskunde. Bd. 3 – Musik] 1995; [Fs.] 50 let Plzeňského rozhlasového orchestru 1946–1996 [50 Jahre P.er Rundfunkorchester, 1946–1996] 1996; Slovník české hudební kultury 1997; LdM 2000; A. Sedláčková (Hg.), Česká hudba – Plzeňský kraj. Výběrový přehled významných osobností, institucí a festivalů nejen z oblasti vážné hudby [Tschechische Musik – Region P. Selektive Auswahl bedeutender Persönlichkeiten, Institutionen und Festivals nicht ausschließlich aus dem Bereich der E-Musik] 2004; K. Konrád, Dějiny posvátného zpěvu staročeského od XV. věku do zrušení literátských bratrstev [Gesch. des hl. altböhmischen Gesanges seit dem Anfang des XV. Jh.s bis zur Auflösung der Literatenbruderschaften] 1893; A. Špelda, Třicet let hudebního odboru osvětového svazu v Plzni 1908–1938 [30 Jahre Musiksektion des P.er Kulturverbandes in P. 1908 – 1938] 1938; A. Špelda, Dr. Antonín Dvořák a Plzeň 1941; Z. Nejedlý, Bedřich Smetana 7 (1954); A. Špelda in Hudební rozhledy 7 (1954); A. Špelda in Minulostí Plzně a Plzeňska 3 (1960); A. Špelda, Hudební místopis Plzeňska 1969; Padesátiletí západočeské kultury [50 Jahre westböhmische Kultur] 1969; V. Bokůvková in Opus Musicum 4/6 (1972); E. Valový, Sborový zpěv v Čechách a na Moravě [Chorgesang in Böhmen und Mähren] 1972; M. Bělohlávek, Bedřich Smetana. Plzeň 1840–1843, 1974; Rudolf Siebr (Hg.), Bedřich Smetana a Plzeň 1974; A. Špelda, Ruská a sovětská hudba v Plzni 1863–1978 [Russische und sowjetische Musik in Pilsen 1863–1978] 1979; L. Vrkočová, Domovem hudby [Durch die Heimstätte der Musik] 1988; A. Špelda, Koncertní umělci Plzně a Plzeňska 1780–1988 [Konzertkünstler P.s und der Region P. 1780–1988] 1988; www.varhany.net (4/2013).

Autor*innen
Viktor Velek
Letzte inhaltliche Änderung
8.2.2021
Empfohlene Zitierweise
Viktor Velek, Art. „Pilsen (deutsch für tschechisch Plzeň)‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 8.2.2021, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x002d39bf
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
St. Bartholomäus-Kirche© Hermann Zwanzger
© Hermann Zwanzger
Josef-Kajetán-Tyl-Theater© Hermann Zwanzger
© Hermann Zwanzger

DOI
10.1553/0x002d39bf
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