Reiftanz
Männlicher Gruppentanz mit grün umwundenen Halbreifen als Tanzgeräten, die als Verbindungsglieder von Mann zu Mann dienen. Ähnlich wie beim Schwerttanz besteht der Figurenschatz aus dem Ein- und Ausdrehen der Tänzerkette, dem Durchgehen unter Toren, dem Springen oder Schreiten über die tief gehaltenen Reifen, dem Spiralgang und dem Hochhalten aller Reifen zu einer Kuppel. Dazu kommen Reimspiele mit der typischen Spielhandlung von Scheintötung und Wiedererweckung, in aller Regel spaßhaft als Zahnziehen oder Rasieren ausgeführt, in deren Zentrum der „Schalksnarr“ steht. Die ersten Belege für R.e stammen aus Flandern (1389) und Bautzen/D (1412); ab 1431 sind R.e in der Schweiz bekannt. Der älteste österreichische Beleg bezeugt einen R. im Fasching in Klosterneuburg (1525). Die Musikbegleitung besorgten seit dem Mittelalter Schwegler und Trommler, später auch andere Formationen. Unter den aufgezeichneten Melodien gibt es geradtaktige und ungeradtaktige; sie werden je nach Gebrauch des Tanzes oftmals wiederholt. Träger der R.e waren vorwiegend die Fassbinder, aber auch andere Zünfte, Bergleute, Schüler, bäuerliche Burschenschaften und später Vereine. Historische Nachrichten für den österreichischen Raum gibt es u. a. aus Wien, Klosterneuburg, Wiener Neustadt, Steyr, Linz, Salzburg, Hallein, Hüttenberg/K, Hall in Tirol, Bozen, Meran, meist in Zusammenhang mit Vorführungen für hochgestellte Persönlichkeiten. Unter den bis an die Schwelle der Gegenwart lebendigen Formen wurden und werden die R.e im Murauer und Judenburger Bezirk/St von der bäuerlichen Jugend gepflegt, jener von Bruck an der Mur von der Industriearbeiterschaft. In Tamsweg/Sb haben die „Vereinigten“, die Bruderschaft der Tamsweger Bürger, den ehemaligen Knappentanz übernommen. Dort wie auch in manchen Volkstanzgruppen dürfen auch Frauen beim R. mitwirken. Der Hüttenberger R. in Kärnten war bis zur Auflassung des Bergwerkes (1978) der Standestanz der Bergleute und wird nun von der Bergkapelle weitergepflegt. Die (ehemaligen) Bergknappen sind nach wie vor in den „Spiralgang“ einbezogen, der – als Zeichen der Erneuerung der Kameradschaft – unter dem Schwingen der weißen Bruderschaftsfahne von 24 R.ern und 2 „Schalksnarren“ angeführt wird. Der Hüttenberger R. findet (2005) nach wie vor alle drei Jahre am Sonntag nach Pfingsten unter Beisein von viel Prominenz statt. In der Stadt Salzburg wurde der für 1677 belegte Tanz der Fassbinder um 1924 nach dem Vorbild des Münchner Schäfflertanzes neu ins Leben gerufen, was für die beiden Münchner Fassbinder, die sich damals als Lehrmeister zur Verfügung gestellt haben, angeblich zum Ausschluss aus ihrer Innung geführt hat.
Literatur
K. Adrian, Von Salzburger Sitt und Brauch 1924, 366 [Der Lungauer R.], 351 [Der R. der Küfer]; Wörterbuch der Bairischen Mundarten in Österreich (WBÖ) , 26. Lieferung (1988), 682–686 [Tanz]; K. Fillafer in Salzburger Volkskultur (1999), H. 2; A. Grasmaier in Das dt. Volkslied 31 (1929); G. Gugitz in JbÖVw 3 (1954); F. Kirnbauer in Wr. Zs. f. Volkskunde 29/3–4 (1934); F. Kirnbauer in Das dt. Volkslied 37 (1935); K. M. Klier et al., Volkslied und Volkstanz in Niederösterreich 1951–58; F. Koschier in Die Kärntner Landsmannschaft 1976, H. 10; F. Koschier, Volkstänze aus Kärnten 1977, 117 [Hüttenberger R.]; L. Kretzenbacher in Bll. f. Heimatkunde 21 (1947); St. Löscher in JbÖVw 9 (1960); I. Peter in JbÖVw 2 (1953); I. Peter, Salzburger Tänze 1975; O. G. Schindler in Volkskunde, Fakten und Analysen 1972; O. G. Schindler in JbÖVw 22 (1973); Schneider 1985; R. Wolfram, Die Volkstänze in Österreich und verwandte Tänze in Europa 1951; R. Wolfram, Volkstanz 1974, 18–23; R. Wolfram, Reigen- und Kettentanzformen in Europa 1986. – Film: F. Koschier/L. Waltner, Der Hüttenberger R. 1976. – www.volkstanz.at (1/2005); www.woelzertal.at/new/deu/braucht002.htm (1/2005); www.volkstanzgruppe-Stainz.at (1/2005); www.bergkapelle.ksn.at (1/2005); www.huettenberg.at (1/2005); www.stveit-channel.at (1/2005).
K. Adrian, Von Salzburger Sitt und Brauch 1924, 366 [Der Lungauer R.], 351 [Der R. der Küfer]; Wörterbuch der Bairischen Mundarten in Österreich (WBÖ) , 26. Lieferung (1988), 682–686 [Tanz]; K. Fillafer in Salzburger Volkskultur (1999), H. 2; A. Grasmaier in Das dt. Volkslied 31 (1929); G. Gugitz in JbÖVw 3 (1954); F. Kirnbauer in Wr. Zs. f. Volkskunde 29/3–4 (1934); F. Kirnbauer in Das dt. Volkslied 37 (1935); K. M. Klier et al., Volkslied und Volkstanz in Niederösterreich 1951–58; F. Koschier in Die Kärntner Landsmannschaft 1976, H. 10; F. Koschier, Volkstänze aus Kärnten 1977, 117 [Hüttenberger R.]; L. Kretzenbacher in Bll. f. Heimatkunde 21 (1947); St. Löscher in JbÖVw 9 (1960); I. Peter in JbÖVw 2 (1953); I. Peter, Salzburger Tänze 1975; O. G. Schindler in Volkskunde, Fakten und Analysen 1972; O. G. Schindler in JbÖVw 22 (1973); Schneider 1985; R. Wolfram, Die Volkstänze in Österreich und verwandte Tänze in Europa 1951; R. Wolfram, Volkstanz 1974, 18–23; R. Wolfram, Reigen- und Kettentanzformen in Europa 1986. – Film: F. Koschier/L. Waltner, Der Hüttenberger R. 1976. – www.volkstanz.at (1/2005); www.woelzertal.at/new/deu/braucht002.htm (1/2005); www.volkstanzgruppe-Stainz.at (1/2005); www.bergkapelle.ksn.at (1/2005); www.huettenberg.at (1/2005); www.stveit-channel.at (1/2005).
Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2005
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid,
Art. „Reiftanz“,
in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
15.5.2005, abgerufen am ),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001debd
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