Die durch die Märzkämpfe kurzfristig erlangte Pressefreiheit ermöglichte die weite Verbreitung von Druckschriften, darunter auch zahlreichen R.s-Liedern (meist in Form von Flugblattdrucken; Flugblattlied). Besonders oft wurde L. A. Frankls Gedicht Die Universität (u. a. von B. Randhartinger, F. v. Suppè F. v. Gernerth) und I. V. F. Castellis Nationalgardenlied (u. a. von J. Fischhof, Randhartinger) vertont. Als Gelegenheitskomponisten (v. a. mit Chören und Märschen) stellten sich u. a. auch S. Bagge, C. Haslinger, Ad. Müller sen. und H. Proch ein. In der Regel wurden aber die revolutionären, das alte Regime meist verspottenden (v. a. Staatskanzler Metternich, Polizeichef Josef Graf Sedlnitzky und den Wiener Bürgermeister Ignaz Czapka) und soziale Zustände anprangernden Texte nach dem Kontrafakturprinzip (Parodie) zu bekannten Liedweisen (Studenten-, Theater-, Volkssänger-, Kirchenliedern) gesungen, begleitet u. a. von Drehorgel oder Harfe. Beliebt war das sog. „Fuchslied“ (nach der Bezeichnung „Fuchs“ für einen Studenten im ersten Semester), das – wie die schwarz-rot-goldene Fahne – als Symbol der deutschen Einheit sowie von Freiheit und Fortschritt galt (ebenso wie Gustav Reichardts Was ist des Deutschen Vaterland). Die „Volkshymne“ (Bundeshymne) stand dagegen für Unterdrückung und Rückschritt, wurde entsprechend karikiert oder aber von den Vertretern des konservativen Lagers verwendet. Diese stellten die Revolutionäre nicht selten mit Katzenmusik an den „musikalischen“ Pranger. Auch unter den Vertretern der „gehobenen“ Unterhaltungsmusik fanden sich Sympathisanten der R., Joh. Strauss Sohn z. B. komponierte einen Freiheitslieder-Walzer, einen R.s-Marsch sowie anlässlich der Vertreibung des Ordens der Redemptoristen (auch Liguorianer) die Liguoria-Seufzer-Polka und führte noch nach der Niederwerfung der R. die Marseillaise auf, sein kaisertreuer Vater schrieb dagegen den Radetzky-Marsch sowie einen Jellačič-Marsch. Es entstand eine Flut von Gelegenheitskompositionen (u. a. von A. J. Becher und E. v. Lannoy), deren mangelnde ästhetische Qualität von E. Hanslick in der Wiener Zeitung kritisiert wurde. Die Folgen der gescheiterten Revolution waren gravierend: viele Beteiligte wurden hingerichtet oder mussten emigrieren (darunter auch der Geiger L. Jansa), zahlreiche Intellektuelle gingen den Weg der inneren Emigration und eliminierten in ihren Schriften fortan jede politisch-revolutionäre Anspielung. So vermied auch Hanslick, der in seinen Kritiken vor 1848 die Musik durchaus auch in den Dienst fortschrittlicher politischer Ideen gestellt hatte, nach der R. hinfort jeden politisch zu deutenden Hinweis und zog sich auf eine rein formal-ästhetische Beurteilung zurück, die 1854 schließlich in seiner Schrift Vom Musikalisch-Schönen gipfelte.
TD: CD Der Staat ist in Gefahr! Lieder zur Wr. Revolution 1848 (EX-SP 004-2).
[Kat.] 1848 „das tolle Jahr“ – Chronologie einer Revolution, hg. v. Historischen Museum der Stadt Wien, 1998; W. Pollak, 1848 – R. auf halbem Wege 1974; W. Häusler, Von der Massenarmut zur Arbeiterbewegung 1979; ÖL 1995; Czeike 4 (1995); F. Österreicher, Die Rolle Wr. Musiker im R.s-Jahr 1848, Hausarb. Wien 1975; H. Ullrich, Alfred Julius Becher. Der Spielmann der R. 1974; MGÖ 3 (1995); E. Hanslick, Sämtliche Schriften , hg. v. D. Strauß I/1 (1993), 176–182; E. Hanslick, Gesch. des Concertwesens in Wien 1869, 375–378; B. Boisits in Muzikološki Zbornik/Musicological Annual 40/1–2 (2004); M. Prawy, Johann Strauß. Weltgesch. im Walzertakt 1975.