Logo ACDH-CH
OeML Schriftzug
Logo OeML
Logo Verlag

Roitham
Dorf im Traunviertel (Oberösterreich), nördlich von Gmunden. Ursprünglich im Osten Bayerns liegend, gehört R. seit dem 12. Jh. zum Herzogtum Österreich. Kulturell mitgeprägt wurde der Ort sicherlich vom nur wenige Kilometer nördlich gelegenen Stift Lambach, doch dürften auch Passauer Einflüsse weiter bestanden haben, da die dem Heiligen Jakobus geweihte Pfarrkirche von 1220 bis 1832 von St. Nikola aus betreut wurde. Die frühesten Belege für musikalische Aktivitäten stehen in Zusammenhang mit Schloss Au, welches im Gemeindegebiet von R. liegt. Das Schloss war 1653–1820 im Besitz des Stiftes Lambach und diente den Äbten als Repräsentationsobjekt für Gäste, die hier nach der Jagd zum Essen geladen wurden. Dabei wurde auch musiziert. Auskunft darüber gibt das Tagebuch Abt Maximilian Pagls bzw. ein damals existierendes sog. Musikantenzimmer im Schloss. Das zur Tafelmusik erklungene Repertoire könnte sich noch in entsprechenden Werken des Lambacher Musikarchivs erhalten haben.

Für die musikalischen Aktivitäten in den Dörfern zeichneten bis zum Inkrafttreten des Reichsvolksschulgesetzes (1869) die Schulmeister verantwortlich. In R. ist der erste namentlich bekannte Johann Temple (tätig 1712–53), im folgten 1753–83 Johann Georg Egger, 1783–1829 F. K. Frauenberger, 1829–51 G. Frauenberger und 1852–83 F. Festl. Besondere Bedeutung erlangte letzterer, der v. a. die Kirchenmusik in R. zu beachtlicher Höhe führte. Musikalien aus dieser Periode lassen sich nur indirekt erschließen: in R. selbst hat sich nichts erhalten, doch überließ Festl etliche Werke dem Stift Schlägl, dem er sich besonders verbunden fühlte, da er dort in seiner Jugend als Sängerknabe tätig war. Unter diesen finden sich geistliche Kompositionen von J. A. Albrechtsberger, J. Haydn, J. Haydn, F. Raab, Fr. Schubert, S. Sechter und J. Wenusch. Erwähnenswert ist ferner ein beachtlicher Bestand an historischen Instrumenten in der Pfarrkirche – darunter Querflöten, Klarinetten und Naturhörner –, der unter Festl Verwendung fand.

Mindestens seit der Mitte des 19. Jh.s gibt es einen, noch heute aktiven, Kirchenchor. Von diesem wird das geistliche Musikleben mitbestimmt, wobei der Schwerpunkt auf der traditionellen Mess- und Andachtsgestaltung liegt. Derzeitiger Leiter ist Johannes Lachner (* 16.11.1945 R.). Daneben existiert seit 1996 der Chor Gioia, welcher sich unter der Leitung von Maria Schmidsberger (* 8.3.1960 St. Peter am Wimberg/OÖ) der modernen Messgestaltung (sog. Rhythmische Messen) verschrieben hat. Ebenfalls aktiv ist der R.er Musikverein (Orchesterverein). Seine Gründung liegt zwar im Dunkeln, da frühe Chroniken nicht existieren, doch muss er schon vor 1908 ins Leben gerufen worden sein. Damals wie heute wird von den Musikern das musikalische Ortsgeschehen sowohl von kirchlicher als auch weltlicher Seite geprägt. Derzeitiger Leiter ist Reinhard Gruber (* 7.6.1956 Schwanenstadt/OÖ). Ab 1956 bestand in R. auch ein Sängerbund (Männergesang). Dem von Hans Lachner (* 6.3.1916 Graz, † 20.12.2005 R.) gegründeten Chor gingen zwar mehrere ähnliche Vorgängerinstitutionen voraus, die aber nur kurze Zeit bestanden. Nach über 40-jähriger Tätigkeit, v. a. in der Volksliedpflege, löste sich der Verein ca. 2000 auf.

Nachrichten zur Volksmusik in R. finden sich schon im späten 18. Jh. So wird berichtet, dass damals im Advent ein Schulmeister von Haus zu Haus ging, Weihnachtslieder sang und dafür in Naturalien entlohnt wurde. Um die Wende vom 19. zum 20. Jh. war in R. der Landwirt und Flügelhornist Johann Holzinger (* 11.11.1855 Lindach/OÖ, † 12.1.1939 Lindach) tätig. Die Tanzmusiksammlung seines Sohnes Johann Holzinger jun. (* 27.5.1882 Lindach, † 23.7.1959 Lambach), die sich heute im Oberösterreichischen Volksliedarchiv befindet, enthält wohl auch Musikalien seines Vaters, die in R. aufgezeichnet bzw. musiziert wurden. Darüber hinaus sind mehrere sentimentale Lieder und eine Ballade aus R. überliefert, die zu Beginn des 20. Jh.s aufgezeichnet wurden (alle A-L/oöv, PCV/18–22, bzw. HL VI/11/g, 7). Ebenso ist R. bis heute als ein Traditionsort des Landlers bekannt. Des Weiteren gab bzw. gibt es eine Reihe an volksmusikalischen und volkstümlichen Musik- und Unterhaltungsgruppen, die v. a. zu Tanzveranstaltungen aufspielen. Genannt seien Die lustigen Fünf und die Neudorfer Buam.


Literatur
Heimatbuch R., hg. v. der Marktgemeinde R. 1991; G. Brettbacher in Beiträge zur Volksmusik in Oberösterreich II; A. Heitzinger, R. 1988; eigene Recherchen.

Autor*innen
Klaus Petermayr
Letzte inhaltliche Änderung
28.10.2014
Empfohlene Zitierweise
Klaus Petermayr, Art. „Roitham‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 28.10.2014, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0031aef7
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.