Sein Bruder
Arnold Josef: * 24.10.1863 Jassy, † 25.8.1946 London. Violinist. Studierte 1873–77 Violine bei K. Heißler am Konservatorium der GdM in Wien, Konzertreisen nach Deutschland (Debüt 1879 mit dem Gewandhausorchester in Leipzig) und Paris; 1881–1938 Konzertmeister des Wiener Hofopernorchesters und Mitglied der Wiener Philharmoniker, 1888–96 wiederholt Konzertmeister der Bayreuther Festspiele; ab 1894 Exspektant, ab 1903 Mitglied der Wiener Hofmusikkapelle. Unterrichtete 1893–1901 am Konservatorium der GdM und 1908–29 an der Wiener MAkad. Er unternahm mit dem R.-Quartett (1884: A. R. [V. 1], A. Loh [V. 2], A. Bachrich [Va.], R. Hummer [Vc.]; 1905–20: A. R. [V. 1], P. Fischer [V. 2], A. Ruzitska [Va.], F. Buxbaum [Vc.], ab 1921 A. Walter, s. Abb.) zahlreiche Tourneen und setzte sich neben dem klassischen Repertoire insbesondere für zeitgenössische Komponisten ein (J. Brahms, E. W. Korngold, Fr. Schmidt, A. Schönberg [UA der Verklärten Nacht 1902 und der ersten beiden Streichquartette 1907 und 1908], A. v. Webern). Er war (ab 1902) ebenfalls mit einer Schwester Mahlers, Justine (1868–1938), verheiratet. 1939 emigrierte (Exil) er nach London, wo er an der Austrian Academy mitarbeitete, letzter Auftritt 1945. A. R. war sowohl als Kammermusiker als auch als Orchesterleiter und Violinpädagoge eine Ausnahmeerscheinung. Max Reger widmete ihm seine Suite im alten Stil op. 93. Ein weiterer Bruder, Berthold R. (1870–1925) war als Charakterkomiker u. a. in Wiesbaden/D, Berlin und Riga tätig.
Gedenktafel Pyrkergasse 23 (Wien XIX); Grab ehrenhalber am Friedhof Grinzing (Wien XIX).
Franz-Josefs-Orden; Goldene königlich bayerische Ludwigs-Medaille für Wissenschaft und Kunst 1889; Kriegskreuz für Zivilverdienste 2. Klasse 1917; Hofrat; Bürger der Stadt Wien 1923; Österr. Ehrenkreuz f. Kunst und Wissenschaft 1. Klasse 1935.
(Hg.): J. S. Bach, Violinsonaten, L. v. Beethoven, Streichquartette op. 18 u. Violinsonaten, F. Smetana, Streichquartett Aus meinem Leben.
Arnold Sohn
Alfred: * 11.12.1902 Wien, † 7.5.1975 London, Ontario/CDN. Pianist, Dirigent, Komponist. Studierte Klavier bei R. Robert sowie Komposition bei Schönberg, Fr. Schmidt und K. Weigl. 1922–27 Korrepetitor und Dirigent am Wiener Burgtheater und an der Staatsoper; begleitete als Pianist das R.-Quartett. 1923/24 Musikdirektor des Max Reinhardt-Theaters und des Calderon-Festivals des Burgtheaters. Nach Aufenthalt in Berlin wieder in Wien, hier Dirigent an der Volksoper und 1932–38 Lehrer am Volkskonservatorium. 1938 Emigration in die USA, bis 1948 Klavier- und Musiktheorielehrer in Cincinnati, 1948–73 an der Univ. of Western Ontario, ab 1950 Organist und Chorleiter der St. Martins Church. R. war auch als Musiktherapeut am Westminster Hospital und am London (Ontario) Psychiatric Hospital tätig.
zahlreiche Lieder; Klaviersonate 1936, Triptychon f. großes Orch. 1937, Adagio f. Vc. u. Orch. 1941.
Arnolds Tochter
Alma Maria (verh. Příhoda-R., später van Leeuven Boomkamp): * 3.11.1906 Wien, † 4.(?)4.1944 KZ Auschwitz/Generalgouvernement (Oświęcim/PL). Violinistin. Unterricht bei ihrem Vater. Debüt 1922 in Bad Ischl, erstes großes Konzert 1926 im Wiener Musikverein mit Mitgliedern des Wiener Staatsopernorchesters unter der Leitung ihres Vaters; 1930–35 mit dem Violinisten V. Příhoda verheiratet. 1935–38 Konzertreisen in ganz Europa als Leiterin der von ihr gegründeten 12-köpfigen Damenkapelle Wiener Walzermädeln, mit der sie im September 1933 im Varieté Renz debütierte. 1939 emigrierte sie nach London, 1940 ging sie in die Niederlande, wo sie mit Géza Frid illegale Konzerte gab und mit August van Leeuwen Boomkamp eine Scheinehe einging. 1942 floh sie nach Frankreich, wo sie verhaftet und im Lager Drancy/F interniert wurde; 1943 Deportation nach Auschwitz, Leitung der Frauenkapelle im Frauenlager Auschwitz-Birkenau. Sie starb unter ungeklärten Umständen (Vergiftung).
A.-R.-Gasse (Wien X); A.-R.-Park (Wien XXII); A. R. Institut für Streichinstrumente, Gitarre und Harfe in der Musikpädagogik an der MUniv. Wien (seit 2024).
NGroveD 21 (2001); ÖBL 9 (1988); DBEM 2003; Czeike 4 (1995) [Arn. R.]; Ackerl/Weissensteiner 1992 [Arn. R.]; ÖL 1995 [Arn. R.; Foto]; MGG 11 (1963) u. 16 (1979); Riemann 1961 u. 1975; Orpheus im Exil 1995 [Arn. u. Al. R.]; J. Korngold, Das R.-Quartett 1933; InterpretenL 1992; C. Ottner in C. Ottner (Hg.), [Kgr.-Ber.] Kammermusik zwischen den Weltkriegen. Wien 1994 , 1995 [Arn. R.]; Biogr. Hb. der dtspr. Emigration 1983 [Arn. R.]; Hellsberg 1992 [Arn. R.]; E. Hilmar (Hg.), [Kat.] A. Schönberg 1974 [Arn. R.]; F-A 1936 u. 1978; F. Fénelon, Das Mädchenorch. in Auschwitz 1980 [Alma R.]; G. Knapp, Das Frauenorch. in Auschwitz. Musikalische Zwangsarbeit und ihre Bewältigung 1996 [Alma R.]; R. Newman/K. Kirtley, Alma R. 2003; G. Knapp in Lebenswege von Musikerinnen im „Dritten Reich“ und im Exil, hg. v. der Arbeitsgruppe „Exilmusik“ am Musikwissenschaftlichen Institut der Univ. Hamburg 2000 [Alma R.]; NFP 22.7.1922, 7 [Alma R.]; Die Presse 3.4.2004 [Alma R.]; K. Weniger, Zwischen Bühne und Baracke 2008; G. E. Schmidt, Ehrenzeichen und Orden im Österreich der Zwischenkriegszeit 1918–1938, 1994; MGÖ 3 (1995); W. Bergmann in Orden und Ehrenzeichen 22 (2020), Nr. 125; Wr. Sonn- und Montags-Ztg. 5.11.1882, [3]; Wr. Ztg. 12.10.1884, 6; Wr. Allg. Ztg. 20.11.1884, 1; Österr. Abendbl. 30.8.1933, 3; Mein Film 402 (1933), I; https://wien.orf.at (12/2019); Mitt. Archiv MUniv. Wien.