Der Begriff Sch. wird heute (2005) auf unterschiedlichste Instrumentalformationen angewendet, der charakteristische Klangkörper setzt aber im engeren Sinn eine Gruppengröße von mindestens drei Musikern voraus, wobei ein oder zwei Violinen sowie die Bassgitarre („Kontragitarre“; Gitarre) als unerlässliche Bestandteile gelten. Sie werden meist durch das Akkordeon (Altwiener Knopfharmonika oder Klavierharmonika [Harmonika-Instrumente]) ergänzt und gelegentlich mit weiteren Instrumenten (G- oder F-Klarinette, Piccolo-Flöte, in den Anfängen auch Harfe und Zither) kombiniert. Das Original-Quartett der Brüder Schrammel war mit zwei Violinen, Kontragitarre und G-Klarinette (zur klanglichen Verstärkung der 1. Violine) besetzt, daneben bestanden die meisten Ensembles aus zwei Violinen, Akkordeon und Kontragitarre, einer Besetzung, die in der 1. Hälfte des 20. Jh.s dominierte (Variante: „Schrammelterzett“ mit nur einer Violine). Als Sonderform sind die sog. „Salon-Schrammeln“ zu betrachten, die in Kombination mit Instrumenten aus der Unterhaltungs- und Tanzmusik (z. B. Klavier, Klavierharmonika, Harmonium, Schlagzeug, Bassgeige, Saxophon u. ä.) ein erweitertes Repertoire darboten.
Die Anfänge des später als Sch. bezeichneten Musikstils reichen bis in die 1830er Jahre zurück. Prominente Interpreten und Komponisten des 19. Jh.s waren u. a. Brüder Staller, Johann Mayer, Johann Schmutzer, Josef Weidinger, Anton Debiasy, Alois Strohmayer, Alexander Katzenberger, Joh. und Jos. Schrammel, Anton Turnofsky, V. Stelzmüller, Jakob Schmalhofer und Josef Winhart. Repräsentative Werke der Sch. des 20. Jh.s vor 1945 stammen u. a. von Rudolf Strohmayer, Karl Resch, Karl und Josef Mikulas, R. Kemmeter sowie Anton Pischinger, als Ensembles dominierten zunächst die Grinzinger, das Maxim-Quartett, dann das Original Lanner-Quartett und das Terzett Kemmeter-Strohmayer. Als Komponisten bzw. Arrangeure nach 1945 sind zu nennen: Lukas Kruschnik, B. Lanske, A. Kreuzberger, L. Babinski, K. Zaruba, W. Wasservogel, prominentestes Ensemble sind die Faltl-Kemmeter-Schrammeln.
Die Auftrittsorte der Schrammelmusiker, die sich durchwegs als Volksmusikanten verstanden, waren in erster Linie die Heurigenschenken der ehemaligen Vororte am Rande der Stadt (daher auch die begriffliche Überschneidung mit der „Heurigenmusik“), aber auch die Wirtshäuser der Vorstädte, die Lokale der Innenstadt und die Vergnügungs-Etablissements. Die Musik war nicht zum Tanzen, sondern zum Zuhören bestimmt. Das Repertoire der Ensembles war ursprünglich rein instrumental ausgerichtet, gegen Ende des 19. Jh.s trat die Begleitung von Sängern, Jodlern und Komikern in den Vordergrund. In den 1920er Jahren bildeten sich erstmals aus Musikern der philharmonischen Orchester und Volksmusikanten zusammengesetzte Schrammelquartette mit konzertantem Charakter und ausschließlichen Bühnenauftritten mit vorwiegend klassischem Repertoire (Schreinzer-Quartett, Tautenhayn-Quartett ). Um 1960 erwachte neuerlich das Interesse von akademisch ausgebildeten Musikern an der Sch. Sowohl die Spilar-Schrammeln als auch das Klassische Wiener Schrammelquartett setzten wieder die G-Klarinette ein, die Werke der Brüder Schrammel und ihrer Zeitgenossen erlebten eine Renaissance. In den folgenden Jahrzehnten bildeten sich immer wieder neue Schrammelquartette in konzertanter Funktion. Das große Schrammelfest auf dem Wiener Rathausplatz 1993 und die Schrammel-Picknicks im Wiener Burggarten 2000–02 stellten dieSch. als bedeutendes Wiener Kulturgut an die Öffentlichkeit. Am Beginn des 21. Jh.s existieren in Wien mehr als 30 Schrammelquartette, darunter Philharmonia Schrammeln, Symphonia Schrammeln, Neue Wiener Concert Schrammeln, Wiener Art Schrammeln, Malat Schrammeln, Thalia-Quartett u. a.
W. Deutsch in ÖMZ 21/9 (1966); R. Kopschar, Die Kontragitarre in Wien , Dipl.arb. Wien 2001; R. J. L. Neuwirth, „die besten Schrammeln instrumental“ [Begleitheft zur CD Trikont US-0233] 1997; G. Stradner in Studia Organologica 1987; R. Zoder in Lebendige Stadt. Literarischer Almanach 5 (1955).