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Ständchen
Aufführung einer kurzen Musik, die stehend vor einem bestimmten Haus zu Ehren des oder der darin Wohnenden dargebracht wird. In der Kunstmusik sind besonders die Serenade und das Notturno ursprünglich mit dieser Aufführungspraxis verknüpft. Bevorzugte Tageszeiten sind der Abend und die Nacht; hauptsächliche Motivation ist die Liebe. Das „Hofieren“ der Musiker „von Haus zu Haus“, auch Gassaten genannt, wird bereits im 16. Jh. als wichtige Einnahmequelle aktenkundig (z. B. in Tirol 1532, 1545), die man damals daher den „welschen Pfeifern und Geigern“ verbieten wollte. Tatsächlich scheint die Sitte besonders durch italienische Musiker verbreitet worden zu sein (vgl. Maitinade und Bonasera im historischen „Welschtirol“), doch gibt es später (1796, 1839) durchaus auch in der österreichischen Volksmusik Hinweise auf eine eigenständige diesbezügliche Lied- und Musiküberlieferung. Ein St. für die Angebetete war auch beim Brauch des „Fensterlns“ (Fensterllied) üblich. In Zusammenhang mit Hochzeiten ist in Österreich bis heute das St.-Singen für die Braut, meist am Abend vor der Hochzeit und durchgeführt von den Freundinnen, verbreitet (Hauptlied: Die Sonne neiget sich, geht nun zur Ruh). In Tirol findet bei dieser Gelegenheit an manchen Orten das scherzhafte Faule-Weib-Singen statt. Als Ehrung durch ein St. aufzufassen ist oft die Darbringung von Liedern und Musikstücken von Haus zu Haus im Rahmen von Jahresbräuchen (insbesondere beim Neujahrssingen, Neujahrsspielen, Maisingen; Brauch) und zu Geburts-, Namens- und anderen Ehrentagen von Honoratioren. Beim „letzten St.“ am offenen Grab erklingt ein passendes Standeslied oder das Lieblingslied des Verstorbenen. Im Gegensatz zu diesen ehrenden Aufführungen bedeutet ein St. mit Lärminstrumenten (Katzenmusik), wie dies heute wieder bei Demonstrationen angewendet wird, als „Rügebrauch“ Schande für den Adressaten.
Literatur
K. Beitl in JbÖVw 13 (1964); Beiträge v. F. Chiocchetti u. G. Haid in Th. Nußbaumer/J. Sulz (Hg.), Musik im Brauch der Alpenländer 2001; G. Haid in K. Drexel/M. Fink (Hg.), Musikgesch. Tirols 2 (2004), 649–738; K. Horak in JbÖVw 16 (1967); A. Reiterits, Dörfl. Gebrauchsmusik in einem burgenländischen Ort, ergänzt u. redigiert v. W. Deutsch 1988; J. Rohrer, Uiber die Tiroler. Ein Beytrag zur Österr. Völkerkunde, Wien 1796, 73; R. Zoder in JbÖVw 2 (1953).

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Ständchen‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e326
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