Turkewytsch, Turkewytsch, true
Stefania (Turkewytsch-Lukijanowytsch, Lisows’ka)
*
-4 1898 -2525.4 1898
Lemberg (L’viv/UA),
†
1977 -04-088.4.1977
Cambridge/GB.
Komponistin, Pianistin, Pädagogin.
Aus einer Priesterfamilie stammend, deren sämtliche Mitglieder leidenschaftlich musizierten, begann T. ihre musikalische Bildung in Lemberg zunächst am Lyssenko-Musikinstitut bei Wasyl Barwins’kyj (Klavier) und 1916–19 an der Univ. bei Josef Chybinski (Musikwissenschaft). Ihre Klavierlehrer waren
V. Kurz und
J. Lalewicz an der MAkad. in Wien, wohin sie mit ihrer Familie vor der russischen Okkupation 1914–18 geflüchtet war. 1919 schrieb sie ihre erste Komposition
Die Liturgie für Chor a cappella, mit der sie der Kriegsopfer gedachte. 1921–23 studierte sie wieder in Wien Musikwissenschaft bei
G. Adler, Theorie bei
J. Marx und Klavier bei F. Wierer. Das Kompositionsstudium begann T. 1927 an der Berliner MAkad. bei
F. Schreker (zugleich besuchte sie den Unterricht bei
A. Schönberg), setzte es am Prager Konservatorium bei Otakar Śin fort und schloss es 1930 in der Meisterschule bei
V. Novák ab. 1934 promovierte sie über ukrainische Elemente in den Opernwerken von Peter I. Tschaikowsky bei Zdenĕk Nejedlý in Prag. T. unterrichtete Musiktheorie und Klavier in Lemberg, u. a. an der Univ. und am Konservatorium sowie am Konservatorium in Prag. Sie trat als Konzertmeisterin und Pianistin mit eigenen Werken auf und moderierte Musikprogramme für den Rundfunk. Der zentrale Platz in ihrem Schaffen gehört den sinfonischen Werken, die aber während ihrer Lebenszeit nie aufgeführt wurden. Der Krieg und die Emigration (seit 1943 in England und Irland;
Exil) führten dazu, dass ihre Werke in der Ukraine zunächst verboten, dann vergessen, und erst 1994 in Lemberg wiederaufgeführt wurden.
T.s musikalischer Stil ist als „neoklassizistisch“ (Klassizismus) einzustufen. Das Primat von Rationalität und Objektivität unterscheidet ihr Schaffen von anderen modernen ukrainischen Komponisten der 1920/30er Jahre. Spürbar ist der Einfluss der Berliner Komponistenschule, wie etwa in der neofolkloristischen Phantasie für Klavier auf ein ukrainisches Thema (1940), die der ausgebauten Tonalität von Paul Hindemith nahe liegt, in den fast atonalen Romanzen, in der durch chromatische Melodik und Harmonien stark dissonanten sinfonischen Dichtung La Vita (1965), im quasi seriellen Trio für Flöte, Klarinette und Fagott (1970). Die Autorin reduzierte die Rauheit der expressionistischen Ausdruckmittel, indem sie die Anregungen anderer Stilrichtungen verarbeitet: Klangfarben des Impressionismus in der Malars’ka symfonija ([Sinfonie über Malerei], 1962, rev. 1975) für Orchester, neoromantische Züge in der Sonate für Geige und Klavier e-Moll (1935). Ihre persönliche Vielschichtigkeit – sie war talentiert in Mathematik, Malerei und schrieb das Libretto zu eigenen Bühnewerken – hatte zur Folge, dass sie die intellektuelle Art der lyrischen Aussage in die ukrainische Musik des 20. Jh.s einführte. Sie gilt als die erste weibliche Vertreterin der Avantgarde in der ukrainischen Musik.
Werke: 7 Sinfonien, u. a. Space Symphony (1970), Double Strings (1976); 5 Ballette, u. a. Korali ([The Pearls], 1960, rev. 1970), f. Kinder Wesna ([Frühling], 1935, 1960); 4 Opern f. Kinder; Chöre u. Lieder f. Solo-Stimme u. Orch., bzw. m. Klavier, Volksliedbearbeitungen; Streichquartett 1970, Streichtrio 1970, Quintett f. 2 V., V., Vc. u. Kl. (1960–70); Klavierwerke.
S. Pawlyschyn, Perscha ukrajins’ka kompozytorka [Erste ukrainische Komponistin] 2004; R. Stelmaschuk in [Kgr.-Ber.] Musica Galicijana. Ivano-Frankiwsk 1999, R. Stelmaschuk, Zabutyj komposytor-neoklasyk, in: Lyssenko-Musikhochschule
(Hg.), Musica Galicijana. Ivano-Frankiwsk 1999. Lviv 1999, 276–281.hg. v. der Lyssenko-MHSch. 1999.
15.5.2006
Natalja Samotos,
Art. „Turkewytsch, Stefania (Turkewytsch-Lukijanowytsch, Lisows’ka)“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
15.5.2006, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x00034cc1
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