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Tusch
Eine von einer Kapelle laut gespielte, kurze, markante Folge von Tönen, oft mit Dreiklangsbrechungen und einem durch Triller, Akkordwiederholungen oder Trommelwirbel verlängerten Schluss. Das Wort kommt vermutlich aus dem frz. touche, das „Anschlag auf einem Instrument“ bedeutet; der T. dient zur Einleitung oder Begleitung eines Hochrufs, einer Ehrung, eines Trinkspruches, einer Ansprache. Eine wichtige Rolle spielt er daher bei der brauchbegleitenden Musik, besonders bei traditionellen Hochzeits- und Primizfeiern und Kirchweihfesten. Bäuerliche Musikanten dürften dabei Intraden und Aufzüge übernommen haben, wie sie früher von den „Thurnern“ gespielt worden sind, und haben diese offensichtlich ihren bescheideneren Möglichkeiten angepasst; jedenfalls fühlten sich Volksmusikaufzeichner aus der Steiermark und aus Kärnten von 1813 und 1819 bemüßigt, solche T.s im Notensatz wiederzugeben und entsprechend ironisch zu kommentieren: „[...] wird mit allen Instrumenten das möglichste Geräusch ohne allen Musiksinn gemacht, welches nach meiner Vermuthung die Stelle eines Intrado mit Trompeten und Pauken vertretten soll [...]“ (Hofer 1970, 536). Namentlich bekannt wurden tuschartige Intraden, Aufzüge und Fanfaren, die beim Einzug des Pfarrers zu einem feierlichen Hochamt, wie auch bei Primizen und anderen kirchlichen und weltlichen Anlässen geblasen wurden (Zoder 1953, 74–76, Kohl 1908, 279); in Feldthurns/Südtirol (Velturno/I) erschallte bei einer Hochzeit am Schluss des Trauungsaktes in der Kirche der „Musikanten-T.“ (Kohl 1908, 222). Beim Hochzeits- oder Primizmahl wurden nach regionalem Gebrauch Vivat-Rufe, Ansprachen, Trinksprüche oder auch der Brauttanz von T.s eingeleitet. Mit T.s wurden bei solchen Gelegenheiten von den Musikanten auch Ehrengäste geehrt, die sich dafür mit einem entsprechenden Obulus zu revanchieren hatten (Geramb 1928; Hofer 1970, 536), wie dies auch vom Aufziagn (= Aufziehen) der verschiedenen Altersklassen und Berufsgruppen beim Kirchweihfest in Südmähren geschildert wird (Zoder 1953, 79f). In Straden in der Oststeiermark wurden Gstanzln als T.-Liadln bezeichnet, weil beim Tanzen im Fasching und auf Bauernhochzeiten der Brauch bestand, dass die Musikanten vor jedem Gstanzl einen T. spielten, damit man den Sänger oder die Sängerin besser hörte. In der Gegenwart kann man viele T.s via Fernsehen beim Villacher Fasching hören, wo sie die Gags der einzelnen Darsteller begleiten.
Literatur
G. Wahrig et al. (Hg.), Brockhaus-Wahrig. Dt. Wörterbuch 6 (1984); Zeit. Das Lex. in 20 Bde.n. Dt. Wörterbuch 19 (2005); V. v. Geramb (Hg.), Die Knaffl-Hs. Eine obersteirische Volkskunde aus dem Jahre 1813, 1928; G. Hofer (Hg.) in ÖMZ 25 (1970); F. Hurdes, Die niederösterr. Bauernhochzeit 1949; F. F. Kohl, Die Tiroler Bauernhochzeit 1908; L. Kretzenbacher in JbÖVw 4 (1955); R. Zoder in JbÖVw 2 (1953).

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Tusch‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e528
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