In den primär an Dilettanten (und nicht an die professionellen Organisten) adressierten deutschen Tabulaturbüchern des 16. Jh.s treten V.en (gegenüber Tänzen und Einrichtungen von Vokalwerken) in den Hintergrund. Dagegen werden während des 16. Jh.s in Italien im Zuge der Etablierung von Formen genuiner Orgelmusik als schriftlich fixierter Kunstmusik V.en, v. a. für das Ordinarium missae (Messe) und das Magnificat, zunehmend von renommierten Orgelkomponisten (nun teilweise auch im Druck) vorgelegt, woran um 1600 H. L. Hassler anschloss.
Mit der anhaltenden Bedeutung der alternatim-Praxis, der Eignung als Lehr- und Übungsstück und einem durchaus gehobenen kompositorischen Anspruch hängt zusammen, dass im österreichischen Raum bis weit in das 18. Jh. eine umfangreiche V.en-Literatur entstand, zu der zahlreiche, auch namhafte Autoren beigetragen haben (W. Ebner, J. C. Kerll, A. Poglietti, F. T. Richter, G. Reutter d. Ä., M. Gugl, J. B. Peyer, Go. Muffat, J. E. Eberlin, G. Ch. Wagenseil, M. G. Monn, C. Adlgasser, M. Haydn). Charakteristisch ist dabei die Ende des 17. Jh.s endgültig vollzogene Lösung vom Choral-c. f., die eine flexible liturgische Verwendung und zugleich die Übernahme von Satz- und Stilarten aus allen gängigen Genres der Tastenmusik erlaubte, sowie die (aus den Magnificat-V.en stammende) Anlage von Sammlungen, die für jede der (zunächst acht, später zwölf) Kirchentonarten eine Folge aus einer toccatenartigen Einleitung und mehreren, häufig fünf bis sechs, fugierten Sätzen vorsieht. Diese Struktur führte (im Wege eines Prozesses der Reduktion bzw. Integration der fugierten Teile) während der 1. Hälfte des 18. Jh.s zur zweiteiligen Form aus Präludium (oder Toccata) und Fuge (in Österreich insbesondere bei Eberlin), weiterhin zu den seit Ende des 18. Jh.s auch unter Einfluss von J. S. Bachs Wohltemperiertem Clavier verbreitet auftretenden Zyklen von Präludien und/oder Fugen für Klavier oder Orgel durch alle (nunmehr Dur- und Moll-)Tonarten. In direkter Nachfolge der barocken V.en stehen die bis in das 19. Jh. hinein in großer Zahl (und heute [2006] noch in einzelnen Ausläufern) produzierten handschriftlichen oder gedruckten Sammlungen von tonartlich geordneten, im Regelfall spiel- und satztechnisch schlichten Orgelvor-, -zwischen- und -nachspielen für den gottesdienstlichen sowie pädagogischen Alltagsgebrauch.
A. Mielke, Untersuchungen zur Alternatim-Orgelmesse 1996; A. Edler, Gattungen der Musik f. Tasteninstrumente. Tl. 1: Von den Anfängen bis 1750 , 1997; F. P. Constantini, Die Entwicklung der V.en-Komposition vom ausgehenden Mittelbarock bis zum Rokoko, Diss. Wien 1967; F. Pagitsch, Salzburger V.en-Komposition im 18. und 19. Jh., Diss. Wien 2005.