Sind Begriffe wie viola (italienisch, portugiesisch, katalanisch), viula (altkatalanisch) sowie auch die germanische Form fidel als allgemeine Bezeichnung für Saiteninstrumente schon im Mittelalter nachweisbar, tritt seit dem 15. Jh. der ital. Begriff Va. (oder frz. viole) für Streichinstrumente mit flachem Boden und flacher Decke und abgesetztem Hals auf. Gelegentlich wurde diese Bezeichnung auch für die lira da braccio gebraucht. Im frühen 16. Jh. kam es je nach der Art der Spielhaltung zur Unterscheidung in die Va. da gamba- und Va. da braccio-Familie bzw. (moderne Bezeichnung) Violinfamilie, wobei für die Instrumente der da braccio-Familie in den oberen Stimmlagen die waagrechte Haltung (auf Brust oder Schulter), ein bündeloses Griffbrett, vier Saiten und die Stimmung in Quinten als charakteristische Merkmale galten. Sonderformen stellen die sog. Va. da spalla, ein im 18. Jh. in der Armhaltung verwendetes Bassinstrument, die fünfsaitige Va. pomposa in Tenor-Basslage sowie die aus dem süddeutsch-österreichischen Raum zwischen 1760/85 belegte Schalmei-Geige (violino piffaro) und Fagott-Geige dar, die ausschließlich mit metallumsponnenen Darmsaiten gespielt wurden.
Die Größe der Va. war zunächst variabel. Gab es im 17. Jh. mehrere Größen, wobei die größeren Instrumente die Tenorlage (Va. tenore) im fünfstimmigen Satz übernahmen, wurde die Va. um 1780 in Zusammenhang mit der Entstehung der virtuosen solistischen Literatur auf 39 oder gar 37 cm verkleinert. Seit Beginn des 20. Jh.s beträgt die Korpuslänge ca. 42,5 cm. Ähnlich wie bei der Violine wurde auch bei der Va. um 1700 öfters die Skordatur angewendet, wie etwa bei H. I. F. Biber (Harmonia artificiosa-ariosa, posthum, Nürnberg 1712, Va. da braccio: es-b-es’-b’), Johann Fischer, 1646–1716/17 (Das Eins-Drey und Drey-Eins oder der habile Violiste, Bratsche: c-g-d’-g’), W. A. Mozart (Sinfonia concertante pour violon & alto KV 364, Va.: des-as-es’-b’) oder A. Rolla (Serenata per violino e viola accordata una terza sotto op. 8, Va.: As-es-b-f’).
In Zusammenhang mit dem fortschreitenden Hervortreten der Außenstimmen und der privilegierten Stellung der Violine im 17. Jh. wurde die Va. zunächst nur selten gebraucht, wie etwa in den Sonaten für Violine, Va. und B. c. (M. A. Ferro, Sonate a due, tre & Quattro op. 1, 1649; Philipp Friedrich Buchner, Plectrum musicum op. 4, 1662; oder H. I. F. Biber, Harmonia artificiosa-ariosa) oder aber sie erfüllte eher unbedeutende Aufgaben als harmoniefüllende Stimme oder Bassverstärkung. Lange Zeit unterschätzt blieb jedoch die – wenn auch zunächst nur eher quantitative – Erweiterung des Aufgabengebietes als Mittelstimme im Rahmen des sich um 1700 durchsetzenden vierstimmigen Orchestersatzes in der italienischen Oper. In den Wiener Opernpartituren wird die Va. hauptsächlich als Va. und gelegentlich als Violetta bezeichnet. Konnte der Begriff Va. im 17. Jh. allerdings noch eine Alt-Va. da Gamba bedeuten (ähnlich wie der Begriff Violetta sich auf die Violen da Gamba beziehen konnte), setzte sich seit dem Beginn des 18. Jh.s die aus Italien stammende Bezeichnung Va. bzw. Violetta für die Altviola da braccio durch. So sind etwa in M. A. Zianis La Flora (1706) die Bezeichnungen Va., Viole da braccio und Violette als Gegenbegriffe zur Va. da Gamba anzutreffen. Das deutsche Äquivalent Bratsche scheint dagegen in den Wiener Opernpartituren bis 1740 nicht auf, lediglich im Instrumenteninventar der Wiener Hofmusikkapelle aus 1706 (von G. Reutter d. Ä.) sind 11. Prädtschen erwähnt.
Die Aufgaben der Va. erstrecken sich auf die Ausführung der Mittelstimme in den Instrumentalsätzen, Ritornellen und Arien, die Verstärkung der Oberstimme in den Arien Violini e Violae all’unissono (z. B. F. Conti, A. Caldara, G. Reutter) oder aber auf die Ausführung des Basses, die entweder durch Unisono des gesamten Orchesters (Arien „tutti suonano il basso“), selbständig mittels der sog. Bassetto-Technik (als zwei Violinen und Va. ohne Bass) oder in Form der Bassverdoppelung (col basso; Unisono mit Violoncello) stattfand. Die Arien, in denen die Violen im Unisono mit den Violinen geführt wurden (Violini e Violae all’unissono), stellen dabei aufgrund ihres affektbeladenen Charakters und des schnellen Tempos eine erhebliche Erweiterung der Va.-Technik dar.
Eine differenzierte Entwicklung lässt sich in der Wiener Oper seit den 1720er und insbesondere 1730er Jahren beobachten. Wurde in den Tutti-Stellen einerseits auf die selbständige Führung der Va. in zunehmendem Maße verzichtet, scheinen in der Wiener Oper vermehrt Arien mit obligater Va. auf (L. A. Predieri, Amor Prigioniero, 1732; J. Bonno, La Gara del Genio con Giunone, 1737, La Pace Richiamata, 1738, La vera Nobiltà, 1739, La Generosa Spartana, 1739; G. Reutter d. J., Il Parnaso. Accusato, e difeso, 1738, oder Predieri, Zenobia, 1740). Die erhöhte Aufmerksamkeit der Va. gegenüber korrespondiert dabei mit der Entwicklung in Deutschland und Italien, wo die Va. seit ca. 1720, bei Komponisten wie Pietro Locatelli (XII Concerti grossi op. 1), Francesco Geminiani, F. Durante, J. S. Bach (3. und 6. Brandenburgisches Konzert, BWV 1048, 1711–13; BWV 1051, 1708–13), Georg Philipp Telemann (Concerto G-Dur für Va., Streicher und B. c.), Johann Christoph Graupner, Johann Friedrich Fasch, Franz Benda, C. Ph. Emanuel Bach u. a. vermehrt in den Sonaten und als konzertantes Instrument eingesetzt wurde.
In der 2. Hälfte des 18. Jh.s und nach 1800 spielt die Va. eine erhebliche Rolle in der Kammermusik (Sonaten für Va. mit einem weiteren Streichinstrument bei C. Ditters v. Dittersdorf, Luigi Boccherini, J. N. Hummel oder A. Rolla), den Duos für Violine und Va. (18 Duos f. V. u. Va. sowie 3 Duos f. Va. u. Vc. von W. Pichl; W. A. Mozart, Duos G-Dur KV 423 und B-Dur KV 424; M. Haydn) oder etwa für Flöte und Va. (F. A. Hoffmeister) im Streichtrio, Streichquartett (auch mit zwei Violen) und Streichquintett der Wiener Komponisten wie J. und M. Haydn, J. G. Albrechtsberger sowie L. Hofmann, W. A. Mozart (Streichquintette B-Dur KV 174, 1773; C-Dur KV 515, 1787; g-Moll KV 516, 1787; c-Moll KV 406/516b, 1788; D-Dur KV 593, 1790; Es-Dur KV 614, 1791), P. Wranitzky, A. Wranitzky (u. a. dessen Bearbeitung von J. Haydns Schöpfung f. 2 V., 2 Va. u. Vc., Wien: Artaria 1801), F. Krommer (26 Streichquintette), J. Eybler und L. v. Beethoven (Streichquintett C-Dur op. 29, 1802), Streichsextett (P. und A. Wranitzky) oder Septett (J. N. Hummel, L. v. Beethoven), v. a. im Konzert (C. Ditters v. Dittersdorf, F. A. Hoffmeister, J. B. Vanhal, Joseph Reicha, I. J. Pleyel oder A. Rolla) oder der konzertanten Sinfonie (C. Stamitz, W. A. Mozart, Sinfonia concertante f. V. u. Va. KV 364, I. Pleyel, A. Wranitzky, Concerto C f. 2 Va.). Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang unübliche Besetzungen bei Komponisten wie M. Haydn (Concerto C-Dur f. Va. u. Orgel, ca. 1761), I. Holzbauer (Concerto Es-Dur f. Va. u. Vc.), C. Ditters v. Dittersdorf (Sinfonia Concertante in D f. Va. u. Kb.) oder L. Hofmann (Concertino in Es f. 2 Bratschen u. Vc.). Charakteristisch für Wiener Komponisten wie J. G. Albrechtsberger, F. Aspelmayr, F. L. Gaßmann oder M. G. Monn ist die Verwendung von zwei Violen (als Trio mit zwei Violen und Bass), die ihre Wurzel in den geteilten Va.-Stimmen der Wiener Oper der 1730er Jahre zu haben scheint.
Im 19. Jh. wurden der Va. – von ihrer zunehmend exponierten Stellung im Orchester wie etwa in Siegfried von Rich. Wagner oder Capriccio von R. Strauss abgesehen – eher wenige größere Kompositionen gewidmet (C. M. v. Weber, Andante e Rondo ungarese f. Va. u. Orch., 1809; Hector Berlioz, Harold en Italie op. 16, 1834, R. Strauss, Don Juan op. 20, 1888/89, Don Quixote op. 35, 1898). Wie neben diesen Werken auch etwa die unbegleiteten Etudes von Hoffmeister (1803) oder die Grand Caprice op. 79 von J. v. Blumenthal zeigen, orientierte sich die Va.-Technik zunehmend an dem virtuosen Violinstil. In der 2. Hälfte des 19. Jh.s konnte sich die Va. von dieser Abhängigkeit jedoch befreien und wurde bevorzugt als kantables Instrument in mittleren und tieferen Lagen (J. Brahms, Vier ernste Gesänge op. 121, 1896) und oft alternierend mit Violoncello oder Klarinette verwendet (z. B. Brahms, Sonaten f. Klar. u. Kl. op. 120, 1895, vom Komponisten auch für Va. adaptiert, oder op. 107 von Max Reger). Bedeutende kammermusikalische Aufgaben für Va. finden sich in den Streichquintetten von J. Brahms (F-Dur op. 88, 1882, G-Dur op. 111, 1890) oder A. Bruckner (F-Dur, 1879), im Streichsextett (J. Brahms, Nr. 1 B-Dur op. 18, 1858/59, Nr. 2 G-Dur op. 36, 1864/65; A. Schönberg, Verklärte Nacht op. 4, 1899) sowie etwa in mehreren kammermusikalischen Werken von R. Fuchs (3 Terzette f. 2 V. u. Va. op. 61, 1898, Duette f. V. u. Va., Streichtrio op. 94, 1912, u. a.).
Erhöhtes Interesse für die Va. als kammermusikalisches und konzertantes Instrument lässt sich im 20. Jh. beobachten (v. a. Paul Hindemith, Arthur Honegger, Darius Milhaud, Béla Bartók, Benjamin Britten, Dmitrij Schostakowitsch), wobei dieses Instrument, ähnlich wie die Violine, in der experimentellen Musik erheblich seine bisherigen klanglichen und spieltechnischen Grenzen überschritt (z. B. etwa Luciano Berio, Sequenza VI f. Va., 1967). Die ungebrochen wichtige Stellung der Va. belegen auch zahlreiche Werke österreichischer Komponisten wie Sonaten (F. Cerha, Sonate f. Bratsche u. Git. [Laute], 1951, Sonate f. Va. u. Kl., 1951; H. Kratochwil, Sonate f. Va. u. Kl. op. 21, 1962, G. v. Einem, Solosonate f. Va. op. 60, 1980, R. Faber, An den zerschlagenen Mond, Erste Sonate f. Va. solo op. 10, 1988; G. Ligeti, Sonata, 1991–94), Werke in verschiedenen kammermusikalischen Besetzungen (Ferd. Weiss, Kammersonate f. Va. u. Vc. op. 98, 1965; H. Kratochwil, Spiegelungen f. Va., Vc. u. Kl. op. 120, 1980; D. Babcock, Für neun Bratschen op. 14, 1986; B. J. Schaeffer, Spring Music . Va. u. Kl., 1988; R. Faber, Ecce homo fragilis. Trio f. Va., Vc. u. Kb. op. 11, 1988; A. F. Kropfreiter, Trois Preludes f. Va. u. Hf., 1994; Th. D. Schlee, De Profundis f. Bratsche u. Kb. op. 43, 1996/97), als Soloinstrument (R. Bischof, Va. tricolor. 32 Variationen f. Bratsche solo op. 16, 1982), Konzerten oder konzertanten Stücken (J. F. Doppelbauer, Konzert f. Bratsche u. Orch. 1953/68, H. E. Apostel, Kleines Kammerkonzert f. Fl., Va. u. Git. op. 38, 1964, H. Kratochwil, Konzert f. Va. u. Kammerorch. op. 67, 1970; I. Eröd, Konzertante Fantasie f. Va. u. Streichorch. op. 35, 1980/81, Va.-Konzert op. 30, 1979/80; A. F. Kropfreiter, Concerto a tre f. V., Va., Vc. u. Str., 1988; G. Schedl, Konzert f. Va. u. Orch., 1988; F. Cerha, Konzert f. Bratsche u. Orch., 1993; B. Breit, Konzert f. Bratsche u. Streichorch., 1996; B. J. Schaeffer, Konzert f. Va. u. Orch., 1997) sowie die Verwendung der Va. in der elektronischen Musik (G. E. Winkler, Hybrid II f. Va. u. interaktive Live-Elektronik, 1996). Zu den Komponisten, die der Va. im Rahmen ihres Œuvres größere Aufmerksamkeit widmeten, zählen P. Kont (Sechs Lieder f. Bariton u. Va., 1947/78, Etüde für Streicher II, 1950/86, 1. Trio facile f. V., Va. u. Vc., 2. Trio facile f. Va., Vc. u. Kb.; Musica marina, 1978, 1. Duo f. 2 Va., Duo f. Va. u. Vc., 3. Trio f. 2 Va. u. Vc., Sonate f. Va. m. Kl.-Begleitung, 1979, Ballade f. Va. u. Git., 1980) oder die Interpreten und Komponisten in Personalunion wie P. Angerer (Konzert f. Cb., Va. u. fünf Blasinstrumente, 1946, Musik f. Va. allein, 1948, Musik f. Streichinstrumente VII. Trio f. 2 Va. u. Kb., 1950; Konzert f. Va. u. Blechblasinstrumente, 1950, Konzert f. Va. u. Orch., 1962/75) oder P. W. Fürst (Konzert f. 2 Va. u. 16 Holzbläser op. 23, 1956, Omedeto f. 12 Bratschen op. 54, 1974, Emotionen. Sieben Duos f. Va. u. Kb. op. 57, 1976, Doppelkonzert f. Va., Vc. u. Orch. op. 58, 1976, Kaiserwalzer [Joh. Strauss Sohn], Bearbeitung f. 12 Bratschen op. 63, 1980, Bratschen-Trio f. drei Bratschen op. 67, 1982, Egoton. Trio f. Va., Vc. u. Kb. op. 68, 1982 u. a.).
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