
Walter, Familie
Gustav:
* 11.2.1834
Bilin/Böhmen (Bílina/CZ),
† 30.1.1910
Wien.
Sänger (Tenor), Gesanglehrer.
Der einer Bäckerfamilie entstammende Sohn von Anton Walter († 1858) und dessen
Ehefrau Anna, geb. Herzum († 1866), studierte zunächst Violine am Prager Konservatorium sowie parallel am Prager
Polytechnikum und wurde 1853 Kanzellist sowie Ingenieur der Zuckerfabrik des Fürsten
Lobkowitz in Bilin. Sein
stimmliches Talent wurde durch den Schlosskaplan Anton Prochaska entdeckt, der ihn an
seinen späteren Gesanglehrer Franz Vogl in Prag vermittelte. 1855 debütierte W. am
Stadttheater Brünn als Lord Bucklaw in
G. Donizettis Lucia
di Lammermoor. 1856 folgte mit der Rolle des Gomez in Das Nachtlager in
Granada von C.
Kreutzer sein Debut an der Wiener Hofoper, wo er bis
1887 Ensemblemitglied blieb. Ab 1867 gehörte er auch der Wiener HMK an. An der Hofoper trat er auch
immer wieder als Heldentenor auf und reüssierte besonders in den Partien Rich. Wagners; so sang er u. a. in den
Wiener EAen von Der fliegende Holländer (1860), Die
Meistersinger von Nürnberg (1870) und Das Rheingold (1878).
Große Erfolge feierte W. auch in französischen Opern, insbesondere denen Charles
Gounods, wobei er und seine Duettpartnerin B.
Ehnn als ideales Liebespaar für die lyrische französische Oper galten. Zudem
war er u. a. auch in den EAen von G.
Meyerbeers Die Afrikanerin (1866) und Ambroise Thomas’
Mignon (1868) sowie in den deutschsprachigen EAen von Opern G. Verdis, z. B. Der
Troubadour (1859) und Ein Maskenball (1866) zu hören. In der
Eröffnungsvorstellung der neuen Hofoper (1869) sang er den Don Ottavio in W. A. Mozarts
Don Giovanni. In der UA von K. Goldmarks Königin von
Saba (1875) kreierte er den Assad. Gastspiele führten W. u. a. nach
Frankfurt am Main/D (1864), München (1868),
Wiesbaden/D (1874/75) und Prag (1885).
Wurde seine Darstellungsweise auch in zahlreichen Rezensionen, besonders durch H. Wolf, als starr und unbeholfen kritisiert,
reüssierte er besonders durch seine stimmlichen Fähigkeiten in der Verbindung aus
Deklamation und Belcanto. 1880 leitete er im Rahmen eines Regiekollegiums zusammen mit
E. Scaria und K. Mayerhofer die Wiener Hofoper. W. war
auch im Konzertsaal erfolgreich, insbesondere als Interpret von Werken Fr. Schuberts, J. Brahms’ – dessen Werke er z. T. zur
UA brachte, z. B. Rinaldo 1869 – und A. Dvořáks. Er gestaltete auch die
Eröffnung des Wiener Musikvereins 1870 musikalisch mit. Ab 1882 Prof. für Gesangstechnik am
Konservatorium der GdM, wo er u. a. Charles Cahier, Lula Mysz-Gmeiner und Franz Pácal
ausbildete. Seine fünf Phonogrammaufnahmen von 1904/06 zählen zu den weltweit ältesten
ihrer Art und ermöglichen einen Einblick in den Gesangsstil des 19. Jh.s. Seit
23.10.1858 verheiratet mit Laura Haag (* 27.2.1841 Wien, † 3.2.1911 Wien), der ledigen
Tochter von Wilhelmine Haag (1820–1855). Vater war vermutlich Olivier Freiherr v. Loudon
(1795–1881), der als Trauzeuge sowie auch als Taufpate von R. fungierte. Das Ehepaar
hatte mit M., R. und Hans (1875–1912) drei Kinder.
Gedenkstätten
ehrenhalber gewidmetes Grab am Wr. Zentralfriedhof.
ehrenhalber gewidmetes Grab am Wr. Zentralfriedhof.
Ehrungen
P: k. k. Kammersänger 1866; zahlreiche Ehrenmitgliedschaften (Wr. Hofoper 1887, GdM 1871, Wiener Männergesang-Verein, Wiener Schubertbund, Biliner Männergesangsverein, Frankfurter Liedertafel; Ehrenbürger der Stadt Bílina; Träger der Schubert-Medaille; Ritter des königlich-hannoveranischen Guelphen-Ordens; Widmungsträger der Cigánské melodie von A. Dvořák (op. 55, 1880).
P: k. k. Kammersänger 1866; zahlreiche Ehrenmitgliedschaften (Wr. Hofoper 1887, GdM 1871, Wiener Männergesang-Verein, Wiener Schubertbund, Biliner Männergesangsverein, Frankfurter Liedertafel; Ehrenbürger der Stadt Bílina; Träger der Schubert-Medaille; Ritter des königlich-hannoveranischen Guelphen-Ordens; Widmungsträger der Cigánské melodie von A. Dvořák (op. 55, 1880).
Werke
Fünf Phonogrammaufzeichnungen 1904/06.
Fünf Phonogrammaufzeichnungen 1904/06.
Literatur
ÖBL 15 (2018); G. Gaiser-Reich, G. W. 2011; K-R 1997 u. 2003; M. Nunnenmacher-Röllfeld, Der Schubertsänger G. W. 1928; M. Jahn, Die Wr. Hofoper v. 1848 bis 1870. Personal – Aufführungen – Spielplan 2002; R. Wallaschek, Das k. k. Hofoperntheater 1909; J. Stern, Das Hof-Operntheater , 2 Bde. [o. J.]; NGroveDO 3 (1992); Eisenberg 1903; Czeike 5 (1997); Wurzbach 53 (1886); [Kat.] 100 Jahre Wr. Oper 1969, 49; E. Hanslick, Musikalisches Skizzenbuch 1888; E. Hanslick, Aus meinem Leben 1894; Trauungsbuch der Pfarre St. Augustin (Wien I) 1852–65, fol. 116; Taufbuch der Pfarre Mariahilf (Wien VI) 1841–45, fol. 20; https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Gustav_Walter (3/2021).
ÖBL 15 (2018); G. Gaiser-Reich, G. W. 2011; K-R 1997 u. 2003; M. Nunnenmacher-Röllfeld, Der Schubertsänger G. W. 1928; M. Jahn, Die Wr. Hofoper v. 1848 bis 1870. Personal – Aufführungen – Spielplan 2002; R. Wallaschek, Das k. k. Hofoperntheater 1909; J. Stern, Das Hof-Operntheater , 2 Bde. [o. J.]; NGroveDO 3 (1992); Eisenberg 1903; Czeike 5 (1997); Wurzbach 53 (1886); [Kat.] 100 Jahre Wr. Oper 1969, 49; E. Hanslick, Musikalisches Skizzenbuch 1888; E. Hanslick, Aus meinem Leben 1894; Trauungsbuch der Pfarre St. Augustin (Wien I) 1852–65, fol. 116; Taufbuch der Pfarre Mariahilf (Wien VI) 1841–45, fol. 20; https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Gustav_Walter (3/2021).
Seine Kinder
Minna (Wilhelmine Maria, verh. Pfeiffer v. Weissenegg): * 20.9.1859 Wien, † 25.8.1901 Ottensheim/OÖ. Sängerin (Sopran). Von frühester Kindheit an durch ihren Vater in Klavier und Gesang unterrichtet, trat sie schon mit 13 Jahren erstmals als Pianistin auf, u. a. als Begleiterin ihres Vaters. Sie studierte Gesang bei M. Marchesi und debütierte 1881 in Pressburg als Margarethe in Gounods Faust, wobei ihr Vater die Titelpartie verkörperte. Noch im selben Jahr gastierte sie an der Wiener Hofoper, wo sie erneut an der Seite ihres Vaters sang. 1881–86 war sie Mitglied der Oper in Frankfurt am Main, wo sie 1882 in der EA des Rheingolds die Freia und in Die Walküre die Sieglinde darstellte. 1886/87 hatte M. W. ein Engagement am Grazer Stadttheater, parallel dazu trat sie als Liedsängerin im Stefaniensaal auf. Ab 1887 sang sie an der Wiener Hofoper, u. a. als Elsa (Lohengrin), Agathe (Der Freischütz) und Micaela (Carmen). Nach ihrer Heirat mit Carl Pfeiffer Edlen v. Weissenegg in Bad Vöslau/NÖ 1889 beendete sie als 29-Jährige ihre Sängerkarriere. Mit ihm hatte sie zwei Töchter (Cornelia und Caroline).
Gedenkstätten
Statue auf ihrem Grab am Hietzinger Friedhof von Johannes Benk.
Statue auf ihrem Grab am Hietzinger Friedhof von Johannes Benk.
Literatur
G. Gaiser-Reich, G. W. 2011; Eisenberg 1903; K-R 1997; Taufbuch der Pfarre Wieden (Wien IV) 1859–61, fol. 109; Trauungsbuch der Pfarre Bad Vöslau 1870–98, fol. 172.
G. Gaiser-Reich, G. W. 2011; Eisenberg 1903; K-R 1997; Taufbuch der Pfarre Wieden (Wien IV) 1859–61, fol. 109; Trauungsbuch der Pfarre Bad Vöslau 1870–98, fol. 172.
Raoul (Raul Olivier): * 16.8.1863 Wien, † 21.8.1917 München. Sänger (Tenor), Schauspieler. Der nach einer der Lieblingsrollen seines Vaters benannte R. wurde schon früh musisch in Klavier und Gesang gefördert und betätigte sich als Schauspieler, Klavierspieler (Ausbildung an der Horak-Msch.) und Sänger. Nach der Matura in Leitmeritz betrieb er ab 1881 auf Wunsch des Vaters juristische Studien in Wien, promovierte 1886 zum Dr. jur. und arbeitete zunächst bei der Finanzprokuratur. Bei seinem Vater studierte er Gesang. Parallel dazu war er Mitglied im Wiener Singverein und Wiener Männergesang-Verein. 1886 erster öffentlicher Auftritt, 1888 debütierte er als Operettensänger am Theater an der Wien, 1889 als Opernsänger in Brünn. 1891–1917 war er an der Hofoper München engagiert, hier wirkte er in den UA.en von S. Wagners Herzog Wildfang (1901) sowie Ermanno Wolf-Ferraris Die neugierigen Frauen (1903) und Die vier Grobiane (1906) mit. Gastspiele in St. Petersburg/RUS, Moskau, Zürich/CH, Frankfurt a. M. und Wien (1894, 1899). Sein Repertoire umfasste Rollen wie Lyonel (Martha), Tamino (Die Zauberflöte), Raoul (Hugenotten), Arnold (Wilhelm Tell), Manrico (Der Troubadour) und Walther von Stolzing (Die Meistersinger von Nürnberg). Er war auch als Liedsänger erfolgreich. R. W. heiratete am 10.11.1888 in Wien die Apothekertochter Emilie Seipel, mit der er vier Kinder bekam; die Tochter Maria heiratete 1931 J. Patzak.
Ehrungen
1. Preis in der Ausbildungsklasse f. Klavier der Horak-Msch. 1877; kgl. bayrischer Kammersänger 1894; Ritter des Franz Joseph-Ordens 1900; Widmungsträger von R. Strauss’ Vier Lieder für hohe Stimme mit Pianofortebegleitung op. 36.
1. Preis in der Ausbildungsklasse f. Klavier der Horak-Msch. 1877; kgl. bayrischer Kammersänger 1894; Ritter des Franz Joseph-Ordens 1900; Widmungsträger von R. Strauss’ Vier Lieder für hohe Stimme mit Pianofortebegleitung op. 36.
Literatur
ÖBL 15 (2018); G. Gaiser-Reich, G. W. 2011; Eisenberg 1903; K-R 1997; Morgen-Post 27.6.1877, 4; Taufbuch der Pfarre Wieden 1862–63 [1863], fol. 165.
ÖBL 15 (2018); G. Gaiser-Reich, G. W. 2011; Eisenberg 1903; K-R 1997; Morgen-Post 27.6.1877, 4; Taufbuch der Pfarre Wieden 1862–63 [1863], fol. 165.
Autor*innen
Michael Jahn
Francesca-Maria Raffler
Francesca-Maria Raffler
Letzte inhaltliche Änderung
14.11.2024
Empfohlene Zitierweise
Michael Jahn/Francesca-Maria Raffler,
Art. „Walter, Familie“,
in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
14.11.2024, abgerufen am ),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e622
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