
Bundeshymne
Offizielle Hymne der Republik Österreich. 1796 hatte J. Haydn das „Österreichische Nationallied“ mit dem Text „Gott erhalte Franz den Kaiser“ komponiert, das sich rasch verbreitete und bis zum Ende der Monarchie als sog. „Volkshymne“ fungierte. Wegen ihrer Assoziationen mit dem Kaiserhaus war diese 1918 obsolet geworden. Mehrere Ersatz-Vorschläge fanden zunächst keine Zustimmung der Regierungen. Auch die im Sommer 1920 präsentierte „Staatshymne“ von W. Kienzl nach einem Text des Staatskanzlers Karl Renner („Deutsch-Österreich, du herrliches Land“,
s. Nb.) wurde weder offiziell dekretiert noch von der Bevölkerung nachhaltig angenommen.Obwohl die Haydn-Melodie im August 1922 (mit dem Text „Deutschland, Deutschland über alles“) zur Hymne der Weimarer Republik (Deutschland) geworden war, wurde sie, mit einem Text von Ottokar Kernstock („Sei gesegnet ohne Ende“) versehen, am 13.12.1929 vom Ministerrat als „Österreichische Bundeshymne“ beschlossen (nach dem sog. „Anschluss“ 1938 brauchte man nur einen neuen Text zu lernen). Nach 1934 gewann daneben auch das sog. Dollfuß-Lied eine ähnliche Funktion. Da die Zweite Republik sich stärker von Deutschland absetzen sollte (Identität), veranstaltete die Bundesregierung 1946 zunächst ein Preisausschreiben für ein „Lied hymnischen Charakters, das den neuen österreichischen Bundesstaat und seine Menschen im In- und Ausland sowohl textlich als auch musikalisch würdig zu repräsentieren vermag“ (etwa 1800 Einsendungen). Sodann wurden 9 Dichterinnen und Dichter um einen Text zur Melodie des Schlusschors aus W. A. Mozarts „Bundeslied“ aus der Freimaurerkantate „Laut verkünde unsre Freude“ gebeten. Gekürt und am 25.2.1947 vom Ministerrat zur neuen B. erklärt wurde schließlich der Text „Land der Berge, Land am Strome“ von Paula v. Preradović (1887–1951). Am 8.3.1947, einem Samstag, zwischen 12:40 und 13:00, erklang die neue Hymne erstmals im Radio (Radio Wien), gesungen vom Wiener Schubertbund (Einstudierung: V. Keldorfer) und begleitet vom Rundfunkorchester unter M. Schönherr; einen Tag später erschien der Text samt Begleitinformation in der Wiener Zeitung. Mit der musikalischen Einrichtung für verschiedene Besetzungen wurde seitens des Unterrichtsministeriums V. Keldorfer betraut, M. Schönherr war für die Orchestrierung verantwortlich; diese „Offiziellen Ausgaben“ waren ab April 1947 käuflich erhältlich, eine erste Schallplattenaufnahme ab Juni 1947. Weder Versuche, die Haydn-Hymne von Deutschland „zurückzuerhalten“, noch große Zweifel an Mozarts Autorschaft (als alternativer Komponist wurde lange Zeit J. B. Holzer genannt, in neuerer Zeit sprechen Argumente auch für P. Wranitzky) für die Melodie haben bisher (2025) offizielle Folgen gezeitigt. Diskussionen hinsichtlich geschlechtsneutraler Modifizierung des Texts (u. a. auch angefacht durch Aktionen von T. Kainrath und Ch. Stürmer) mündeten jedoch in einer Änderung an zwei Stellen, die seit 1. Jänner 2012 gilt: Anstatt „Heimat bist du großer Söhne“ in der ersten Strophe tritt „Heimat großer Töchter und Söhne“ und in der dritten Strophe werden die „Bruderchöre“ durch „Jubelchöre“ ersetzt. Ebenfalls erst seit 1.1.2012 ist die B. gesetzlich verankert.
Literatur
F. Grasberger, Die Hymnen Österreichs 1968; U. Aichhorn/St. Jeglitsch, Österr. Hymnen im Spiegel der Zeit 2010; J. Steinbauer, Land der Hymnen 1997; O. Rathkolb in G. Kerschbaumer/K. Müller, Begnadet für das Schöne 1992; J. Diederichs in ÖMZ 73/1 (2018); B. Wieser in Juristische Bll. 111 (1989); MGÖ 3; Nationalhymnen. Texte und Melodien 21982; Neues Österreich 8.3.1947, 2; Wr. Ztg. 9.3.1947, 3; Tiroler Nachrichten 10.3.1947, 2; Arbeiterwille 3.4.1947, 4; Die Weltpresse 20.6.1947, Abend-Ausg., 3; Anzeiger f. den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel 15.7.1947, 43; Oesterr. Bibliographie 31.8.1947, 29; Bundesgesetzbl. f. die Republik Österreich 27.12.2011; www.orf.at (11/2011); www.de.wikipedia.org (2/2025).
F. Grasberger, Die Hymnen Österreichs 1968; U. Aichhorn/St. Jeglitsch, Österr. Hymnen im Spiegel der Zeit 2010; J. Steinbauer, Land der Hymnen 1997; O. Rathkolb in G. Kerschbaumer/K. Müller, Begnadet für das Schöne 1992; J. Diederichs in ÖMZ 73/1 (2018); B. Wieser in Juristische Bll. 111 (1989); MGÖ 3; Nationalhymnen. Texte und Melodien 21982; Neues Österreich 8.3.1947, 2; Wr. Ztg. 9.3.1947, 3; Tiroler Nachrichten 10.3.1947, 2; Arbeiterwille 3.4.1947, 4; Die Weltpresse 20.6.1947, Abend-Ausg., 3; Anzeiger f. den Buch-, Kunst- und Musikalienhandel 15.7.1947, 43; Oesterr. Bibliographie 31.8.1947, 29; Bundesgesetzbl. f. die Republik Österreich 27.12.2011; www.orf.at (11/2011); www.de.wikipedia.org (2/2025).
Autor*innen
Rudolf Flotzinger
Christian Fastl
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
31.1.2012
Empfohlene Zitierweise
Rudolf Flotzinger/Christian Fastl,
Art. „Bundeshymne“,
in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
31.1.2012, abgerufen am ),
https://dx.doi.org/10.1553/0x000202ef
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