H. war Gründungsmitglied mehrerer Vereine: Wiener Künstlerverbindung Wartburg (1864; Präsident 1865), Grazer Singverein (1866, Mitglied bis 1869) Grazer Wagnerverein (1873, bzw. 1883). 1886–94 im Direktorium des Musikvereins für Steiermark. Als Leiter der Vereinsschule führte er Reformen im Sinne seiner eigenen, auf die Persönlichkeitsentwicklung ausgerichteten Ästhetik und nach dem Vorbild Rich. Wagners durch: Dem Gesang kam als Medium unmittelbaren Ausdrucks eine Vorrangstellung zu und Chorübungen bildeten die verpflichtende Basis jeglichen Musikunterrichts. H. bewirkte die Einrichtung einer Schule für dramatischen Sologesang im Stile Wagners, geleitet von dem Balladensänger und -komponisten M. Plüddemann, und einer Klavierklasse mit dem Liszt-Schüler K. Pohlig. Auf seine Anregung wurde ein Saal für dramatische Übungen mit verdecktem Orchester nach Bayreuther Vorbild gebaut. 1868 bemühte sich H. mit seiner Schrift Die Instrumentalmusik und das Programm erstmals um Habilitierung als Privatdozent an der Philosophischen Fakultät der Univ. Graz. Erst mit seiner zweiten Habilitationsschrift (Musik und Sprache) erlangte er 1872 die venia legendi für „Theorie und Geschichte der Musik“. Diese Abhandlung und eine Reihe kleinerer musikhistorischer und -theoretischer Aufsätze bilden die Grundlage für seine physiologisch und psychologisch fundierte „Ästhetik von Innen“, der zufolge das Wesentliche der Musik in einem „geläuterten, zur edelsten Wirkung gesteigerten Ausdruck“ eines besonderen, „produktiven“ psychischen Zustands liege, der durch Mitempfindung unmittelbar und unbewusst rezipiert werde. H.s Ästhetik steht im Gegensatz zur formalästhetischen Position E. Hanslicks und wurde lange Zeit vornehmlich im Zusammenhang mit dem Parteienstreit zwischen Wagnerianern und Anhängern von J. Brahms rezipiert. Durch das neu erwachte Interesse am subjektiven Ausdruck seit den 1970er Jahren hat die Ästhetik H.s. wieder Aktualität erlangt. Außerdem stellt sie ein interessantes wissenschaftsgeschichtliches Dokument im Vorfeld der Psychoanalyse und für die Musiktherapie dar.
H.straße (Graz XIV).
R. Flotzinger (Hg.), Frühe Schriften und Essays 1986; Die Musik als Ausdruck 1885; Das Jenseits des Künstlers 1893; Die Anfänge der Harmonie: Ein Beitrag zur Geschichte des musikalischen Ohres 1895; Die künstlerische Persönlichkeit 1895; Gedanken eines Schauenden, gesammelte Aufsätze hg. v. S. v. H. 1903; Briefwechsel mit Peter Rosegger, hg. v. S. v. H. 1924; Gesammelte Schriften, hg. v. S. v. H. 1939. – Musikkritiken in: Der Volksfreund (Wien 1860–1898), Grazer Tagespost (1865–86), Deutsche Presse (1886/87) und Grazer Tagblatt (1891–98). – Dichtungen (ca. 63 Gedichte, Märchen, dramatische Texte für szenische Vertonungen u. Kantaten bzw. Deklamationen mit Gesang.)
einige Vokalwerke für Solo- und Chorgesang; Klaviertrio.
MGG 5 (1956); StMl 1962–66; R. Flotzinger in MusAu 6 (1986); K. Marsoner in O. Kolleritsch (Hg.), Entgrenzungen in der Musik 1986; E.-J. Danz, Die objektlose Kunst. Untersuchungen zur Musikästhetik F. v. H.s 1981.
Sein Sohn Siegmund: * 16.8.1872 Graz, † 10.10.1948 München/D. Komponist, Dirigent, Musikpädagoge, Musikschriftsteller. H. erhielt seine musikalische Ausbildung in Graz durch seinen Vater, durch den Dirigenten E. W. Degner und den Liszt-Schüler K. Pohlig. Neben seinem Univ.sstudium Beteiligung als Pianist und Ensembleleiter an konzertanten Aufführungen im Grazer Wagnerverein (konzertante Aufführung der gesamten Ring-Tetralogie mit Klavierbegleitung) und Komposition der ersten Oper Helfried (UA 1890 in Graz). Nach Debüt als Gastdirigent der Grazer Oper (1896/97) Tätigkeit als Komponist, Dirigent, Musikpädagoge und Musikschriftsteller in Deutschland.
Als Pädagoge bemühte sich H. wie sein Vater um die Erschließung der ethischen Werte der Musik für die Persönlichkeitsbildung mit dem Schwerpunkt auf der Entwicklung des Empfindungsvermögens und strebte eine umfassende Erweiterung der Musikausbildung im universitären Sinne an. H. war mit der Sängerin Hertha, geb. Ritter (1873–1913), Tochter des Komponisten Alexander Ritter, verheiratet.
Orchesterwerke (Dionysische Phantasie, Symphonische Dichtungen Barbarossa u. Wieland der Schmied, Natursymphonie mit Schlusschor, Aufklänge, symphonische Variationen über ein Kinderlied); Vokalmusik (ca. 50 Klavierlieder, 3 Lieder nach altdt. Dichtungen, 3 Gesänge nach mhdt. Dichtungen f. Frauenst., Va. u. Klav., 4 Gesänge f. Tenor u. Orch., 8 Männerchöre, Requiem für 8-st. gem. Chor, Der arme Kunrad f. 4-st. Männerchor, 3 gem. Chöre nach Dichtungen Josef Weinhebers 1938, Morgensegen f. gem. Chor, Tenor-Solo, Orch. u. Orgel), Opern (Helfried, Zinnober).
Alexander Ritter. Ein Bild seines Charakters und Schaffens 1907; Betrachtungen zur Kunst. Gesammelte Aufsätze 1921; A. Bruckner. Wissenschaftliche und künstlerische Betrachtungen zu den Originalfassungen, hg. v. d. IBG [o. J.].
Deren Sohn Friedrich von H.: * 19.12.1912 Hamburg/D, † 9.8.2000 Hannover/D. Violinist und Geigenpädagoge. Er studierte in Köln, München und Göttingen und war Prof. für Violine und Kammermusik an der Hsch. für Musik und Theater in Hannover/D; Konzerttätigkeit mit dem H.-Kammerorchester; 1977–87 2. Präsident der deutschen Sektion der European Piano Teacher Association (EPTA).
MGG 5 (1956); StMl 1962–66; E.-J. Dantz, Die objektlose Kunst. Untersuchungen zur Musikästhetik F. v. H.s 1981.