Aufklärerisches Ideengut wurde in drei aufeinander folgenden Phasen in Österreich rezipiert. Die frühe erste bezog sich auf den italienischen Illuminismo in Neapel und Rom. Von daher inspirierte intellektuelle Zirkel in Salzburg und an der Wiener Hofbibliothek bereiteten die Bahn für den Geist der Erneuerung schon zu Beginn der Regentschaft Maria Theresias (Rezeption von Muratori, Giannone, Vico usw.). Das österreichische Vizekönigtum zu Neapel (1707–34) förderte neben dem intellektuellen auch den künstlerischen Austausch. Freilich war die Tätigkeit italienischer Musiker und die Kenntnis italienischer Musik an Habsburger Höfen seit dem späten 16. Jh. eine Selbstverständlichkeit. Studienaufenthalte von österreichischen Musikern in Neapel während der 1720er und 30er Jahre (J. Bonno, G. Reutter, I. Holzbauer oder der Kremsmünsterer Benediktiner F. Sparry) weisen jedoch auf ein spezielleres Interesse an dem „neuen Ton“ (J. Handschin) der sog. „Neapolitaner“ hin. Für das Vorhandensein eines aufklärerischen Gehalts lässt sich mit der Tendenz zur Einfachheit und Unmittelbarkeit der Wirkung, der Volkstümlichkeit und Beweglichkeit dieser Musik argumentieren. Sie wurde von den Zeitgenossen als etwas Neues empfunden und wenig später auch von französischen Aufklärern wie Rousseau als ein Zurückfinden der Musik zu sich selbst gepriesen. Diese Auffassung richtete sich gegen die traditionelle Nachahmungsästhetik und gegen die barocke Repräsentationsfunktion musikalischer Gattungen. Mit diesem „neuen Ton“ ist die österreichische Musikkultur früh und ohne den Umweg über ein französisches und englisches A.sschrifttum vertraut geworden. Was aber hierzulande weitgehend zu fehlen scheint, ist ein kritisches Räsonnement, das sich in Sachen Musik gegen einen „esprit de système“ wendet. Spuren von Ideologie lassen sich am ehesten in der Gattung Oper finden. Und hier ist an die Libretti von P. Metastasio zu denken, der seit den 1730er Jahren als Hofdichter in Wien lebte. Metastasio verbrachte seine Jugend in Rom und Neapel, wurde schon als junger Literat Mitglied der römischen Arcadia (der übrigens später auch Kaiser Joseph II. angehörte) und war mit dem sich abzeichnenden Wandel in der Gattung Oper wohl vertraut. Metastasios Libretti enthalten bei aller Typik und Konventionalität der Sujets im Kern ihrer Handlungen ein stets wiederkehrendes Agens, das den Repräsentationsgedanken der opera seria irritiert oder zumindest verändert: Der herrscherliche Protagonist ist einem inneren Kampf zwischen Pflicht und persönlicher Neigung ausgesetzt, er wird zum Bild einer unverstellten Menschlichkeit, die als eine letztlich versöhnende Kraft in die Staatsräson eindringt. Dieses aufklärerische Moment durchzieht auch den enormen Erfolg dieser Operndichtungen von den 1730er Jahren bis hin zu W. A. Mozarts La clemenza di Tito (1791). Wenn dieser Gehalt der Metastasianischen Texte von den Komponisten auch unterschiedlich intensiv gestaltet wurde, so konnte doch die opera seria zu einem Spiegelbild des „aufgeklärten Absolutismus“ werden.
Ging es bei der Rezeption des Illuminismo v. a. um Geschichts-, Rechts- und Staatsauffassungen, so brachte die 1753 mit dem Staatskanzler Wenzel Graf Kaunitz einsetzende Westorientierung (Österreichs Bündnis mit Frankreich 1756) einen verstärkten intellektuellen und künstlerischen Kontakt mit aufklärerischen Ideen aus Frankreich und England, die auch die Musik betrafen. Aber der schon zur Zeit Karls VI. vorhandene musikalische Austausch mit Frankreich und England erhielt keine markant größeren Impulse. Die Komplexität von in Wien zusammentreffenden Kulturströmen zeigt sich für die Zeit um und nach der Jh.mitte besonders deutlich am Beispiel der mit dem Namen Chr. W. Glucks verknüpften Ballettreform (Don Juan 1761). Sie wurde einerseits von den höfischen Ballettmeistern F. A. Chr. Hilverding (in Paris ausgebildet) und dem Florentiner G. Angiolini, andererseits von dem Pariser Balletttheoretiker J. G. Noverre getragen. Ein klarer Zusammenhang mit der A. ist nur bei Letzterem gegeben, dessen ballet en action, von den Enzyklopädisten angeregt, sich radikal gegen Regularien wendet und für einen natürlichen Ausdruck eintritt. Es ist für die Wiener Situation bezeichnend, dass die rigide, auf Divertissement verzichtende Umsetzung von (wie auch immer vermittelten) Forderungen Diderots nach Einfachheit, Kraft und Grandeur durch Gluck und Angiolini mit der Semiramis (1765) zum völligen Misserfolg führte.
Zu den aufklärerisch geprägten Reformen, die Maria Theresia gleich nach ihrem Regierungsantritt durchzuführen begann, zählt das Zurückdrängen (nicht Abschaffen) von spanischem Zeremoniell und Repräsentation am Kaiserhof. Der viel beklagte Niedergang der Hofmusikkapelle hatte hierin seinen positiven Sinn. Gezielt gefördert wurde über die Hofhaltung hinaus jener Bereich der Musik (besonders der modernen Instrumentalmusik), der im sozialfunktionalen Stilverständnis des Barock als musica da camera eine nachgereihte Stellung innehatte. Aber auch in Kirche und Theater trat ein Wandel ein. Dort wie da sind in Distanz zur repräsentativen Funktion hoher Kunst volkspädagogische Tendenzen hervorgekehrt worden. Reformen der Gottesdienstgestaltung (Enzyklika Annus qui 1749) waren ab der Jh.mitte eine allgemeine Erscheinung im Katholizismus. Spezifischer waren Veränderungen im Theaterbetrieb. 1741 gewährte Maria Theresia einem zahlenden Publikum den Zugang zu Aufführungen im Burgtheater. Man begann dort auch Konzerte (Akademien) zu veranstalten. Daraus entwickelte sich, mit Verzögerung zu London und Paris, in Wien und seinem Einflussbereich eine musikalische Öffentlichkeit. Wiederum einiges später als in Paris entstanden während der 1760er Jahre in adeligen Kreisen erste Musiksalons (Salon). Der Anteil des Bürgertums an der Pflege von Kunstmusik gewann erst zur Regierungszeit Josephs II. eine mitbestimmende Bedeutung. Auffallender ist schon in den 1750er und 60er Jahren ein sich ausweitendes Interesse für neue Musizierformen frei von sozialreformerischen Absichten. Die so beliebten Sinfonien, Divertimenti, Solokonzerte etc. fanden ihre Verbreitung außerhalb Wiens oder anderer Residenzen v. a. dort, wo man eine Vorstellung von bürgerlicher A. am wenigsten erwarten würde, nämlich in Klöstern (siehe z. B. die erhalten gebliebenen Notenbestände von Kremsmünster oder des ehemaligen Chorherrnstiftes Rottenmann).
Der Fortschritt in Musik und Musikleben und die A. sind nicht deckungsgleich, auch wissen wir über die Geisteshaltung der hierzulande tätigen Musiker dieser Zeit wenig. Greifbarer wird all dies im „Josephinismus“. Erst unter Joseph II. setzt eine dritte Phase der Rezeption mit einer stärkeren Hinwendung zur deutschen (und englischen) A. ein (etwa im deutschen Singspiel, in Haydns späten Oratorien usw.). Und die Brücke dorthin bildet die überragende Persönlichkeit J. Haydns. Haydn war als Knabe im Kapellhaus zu St. Stephan mit moderner italienischer (und auch alter) Kirchenmusik vertraut geworden, als Jüngling lernte er die modische Instrumentalmusik, etwas später auch die Theatermusik von der Praxis her kennen. Sein wichtigster Mentor, nicht nur in musikalischen Dingen, war der weit gereiste Neapolitaner N. Porpora. Haydns Lebensziel scheint es schon früh gewesen zu sein, als Musiker zu einem aufgeklärten gentilhomme zu werden. Ein ähnliches Lebensbild wurde dem jungen Mozart durch seinen Vater L. Mozart vermittelt, der aufklärerisches Gedankengut auch in seiner berühmten Violinschule 1756 zu erkennen gibt).
H. Benedikt, Das Königreich Neapel unter Karl VI. 1927; S. Dahms, J. G. Noverre. „Ballet en action“ 1988; M. Eybl in MusAu 18 (1999); R. Flotzinger in Muzikološki zbotrnik 18 (1982); E. Garms-Cornides in Fr. Engel-Janosi et al. (Hg.), Formen der europäischen A. 1976; H. Haslmayr, Joseph Haydn 1999; J. P. Larsen in Beiträge zur Aufführungspraxis 1 (1972); E. Schenk in Almanach der ÖAW 109/1959 (1960); H. Sturmberger in MIÖG 53 (1939); E. Winter, Barock, Absolutismus und A. in der Donaumonarchie 1971.