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Adorno,Adorno,true Theodor Ludwig Wiesengrund
* 1903-09-1111.9.1903 Frankfurt am Main/D, † 1969-08-066.8.1969 Visp/CH. Philosoph, Soziologe, Musikästhetiker. A. studierte Philosophie und Musikwissenschaft in Frankfurt a. M., Komposition zunächst bei Bernhard Sekles, später in Wien bei Alban Berg (nach Hören der Wozzeck-Fragmente 1924), bei E. Steuermann Klavier, Musikvorlesungen bei G. Adler. Er leitete 1928–32 die Zeitschrift Musikblätter des Anbruch (seit 1929 Anbruch), 1931 in Frankfurt a. M. habilitiert, Mitarbeiter am Frankfurter Institut für Sozialforschung, Emigration (1934 Oxford/GB, 1938 New York/USA), Mitarbeit am Princeton Radio Research Project, 1949 Rückkehr nach Frankfurt/M., 1956 Ordinarius für Philosophie, 1959 Direktor des Instituts für Sozialforschung, 1963 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. In den späten 1920er und frühen 1930er Jahren führte A. einen Briefwechsel mit E. Krenek über freie Atonalität, Zwölftontechniken, musikalische Form u. dgl. Im amerikanischen Exil arbeitete er mit H. Eisler an einem Filmmusikprojekt und beriet Thomas Mann bei den musikalischen Passagen von dessen Doktor Faustus. In seiner Philosophie der Neuen Musik stellte er A. Schönberg und Igor Stravinsky als zwei gegensätzliche Pole der Neuen Musik gegenüber. A.s musikphilosophische und -soziologische Ausführungen sind von einem emphatischen Autonomie- und Kunstbegriff getragen: Die Wahrheit über die Gesellschaft könne nur jene Musik/Kunst aussprechen, die sich von gesellschaftlichen Einflüssen befreie. Gerade dadurch sei sie befähigt, die sozialen Widersprüche aufzuzeigen. Im Vertrauen auf die Tendenz des musikalischen Materials, das er als historisches und nicht als naturgegeben erkannte, können natürlich geglaubte Entwicklungen überwunden werden. A.s Ästhetik ist durch einen hohen moralischen Anspruch gekennzeichnet, dem die kommerzielle, von der Kulturindustrie (durch Technisierung) geprägte Musik, aber auch der Jazz nicht genügen könne, weil sie die Bildung autonom entscheidender Individuen verhinderten. Seine Hörertypologie spiegelt seine musikalischen Präferenzen: Vom analytisch-strukturell hörenden Rezipienten sinkt die Skala bis zum Unterhaltungshörer. In seinen Kompositionen ist er der Zweiten Wiener Schule, insbesondere Schönberg verpflichtet. In den 1950er und 1960er Jahren unterrichtete er bei den Darmstädter Ferienkursen und übte einen großen Einfluss auf Komponisten wie Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez, G. Ligeti und John Cage aus.
Ehrungen
Schönberg-Medaille 1954; Deutschland Kritikerpreis für Literatur 1959; Goetheplakette der Stadt Frankfurt a. M. 1963.
Schriften
(Die Musik betreffend:) gem. m. H. Eisler, Composing for the films 1947 [Originalausgabe allein unter Eislers Name]; Philosophie der Neuen Musik 1949; Versuch über Wagner 1952; Dissonanzen. Musik in der verwalteten Welt 1956, 31963; Klangfiguren 1959; Mahler 1960; Einleitung in die Musiksoziologie 1962; Der getreue Korrepetitor. Lehrschriften zur musikalischen Praxis 1963; Quasi una fantasia 1963; Moments musicaux 1964; Impromptus 1968; Berg. Der Meister des kleinsten Übergangs 1968; Ästhetische Theorie 1970; Beethoven. Philosophie der Musik, Fragmente und Texte, hg. v. R. Tiedemann 1993; Gesellschaftliche Schriften, hg. v. R. Tiedemann 1970–1986; Nachgelassene Schriften, hg. v. Th. W. A.-Archiv, seit 1993; Artikel und Rezensionen für Pult und Taktstock, Die Musik, Zeitschrift für Musik undNeue Musikzeitung.
Werke
Lieder, Chöre, Instrumentalmusik (Sechs kurze Orchesterstücke).
Literatur
MGG 1 (1999); NGroveD 1 (2001); C. Dahlhaus in Schönberg und andere 1978; W. Cramer, Musik und Verstehen. Eine Studie zur Musikästhetik Th. W. A.s 1976; O. Kolleritsch (Hg.), A. und die Musik 1979; R. Kapp in Notizbuch 5/6 (1982); Br. Sonntag (Hg.), A. in seinen musikalischen Schriften 1987; K.-H. Metzger/R. Riehn (Hg.), Th. W. A., der Komponist 1989; H. Steinert, A. in Wien 1989; W. Welsch in Ästhetisches Denken 1990; A. Riethmüller in AfMw 47 (1990); R. Klein in Musik & Ästhetik 1 (1997); R. Klein/C.-St. Mahnkopf (Hg.), Mit den Ohren denken. A.s Philosophie der Musik 1998; A. Williams, New Music and the Claims of Modernity 1998.

Autor*innen
Barbara Boisits
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Barbara Boisits, Art. „Adorno, Theodor Ludwig Wiesengrund“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f668
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Fotografie, 1953© ÖNB
© ÖNB

DOI
10.1553/0x0001f668
GND
Adorno,Theodor Ludwig Wiesengrund: 118500775
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