Die ständische Ordnung der Habsburgermonarchie hatte auch eine hierarchische Strukturierung des Tanzes und seiner Erscheinungsformen zur Folge, was in dem von Kaiser Karl VI. 1718 erneuerten Tanzpatent (Codex Austriacus, Wien 1777, 552, A-Wst C 16) deutlich zum Ausdruck kam. Tanzveranstaltungen des Herrscherhauses standen naturgemäß auf der obersten Stufe dieser Hierarchie. Wie für den französischen Hof war auch für die Hofbälle in Wien die stete Gegenwart eines Hoftanzmeisters, eines Zeremonienmeisters sowie eine reglementierte Tanzfolge unentbehrlich. Doch war nicht der Tanz an sich, sondern die Repräsentation und Zurschaustellung von Glanz und Macht der eigentliche Zweck eines H.es. Die am französischen Hof im 17. und 18. Jh. praktizierte Einbeziehung von Darbietungen des Ballet de cour in den Ablauf eines H.es unter Mitwirkung der Majestäten findet sich ebenso am Wiener Hof, wo Mitglieder des Kaiserhauses bei Balletten der Hofbühne mitwirkten. Im Unterschied zum französischen Hof wurde bei den Hofbällen in Wien das Eröffnungszeremoniell flexibler gehandhabt, so pflegte man z. B. keine Rois de bal zu benennen. Die Bezeichnung Bal paré blieb ab der Mitte des 18. Jh.s nicht auf den höfischen Bereich begrenzt, sondern wurde auch auf vornehme nicht-höfische Tanzveranstaltungen übertragen.
Ab der 2. Hälfte des 19. Jh.s wurde am kaiserlichen Hof in Wien zwischen Hofbällen und Bällen bei Hofe unterschieden. Klassifizierendes Merkmal bildete der jeweils eingeladene Personenkreis. Zum H. hatten weitere Kreise Zutritt, wie das Diplomatische Corps, aktive Offiziere der Wiener Garnison, nobilitierte Bürgerliche und hohe Beamte, somit all jene, die Zutritt zum Kaiserhof hatten. Zu dem exklusiveren Ball bei Hofe war nur „die allerhöchste Creme“ (Allgemeine Illustrirte Zeitung, Wien 1886, Bd. 55, Nr. 21, S. 463) geladen.
Neben den unmaskierten Bällen waren an den Höfen Maskenbälle sehr beliebt; hiebei boten die sog. offenen Bälle oder Freibälle ab der Mitte des 18. Jh.s sogar Bürgerlichen Zutritt, allerdings nur in Maskierung. Höfische Maskenbälle unterschieden sich von den unmaskierten Bällen sowohl durch die jeweils praktizierten Gesellschaftstänze sowie durch eine verstärkte Einbeziehung theatralischer Darbietungen.
Ab der Mitte des 19. Jh.s schlugen sich historistische Tendenzen bei höfischen Maskenbällen nicht nur in den Kostümierungen, sondern auch in den Tanzordnungen nieder.
Eine besonders aufwendige Art der Kostümierung erforderten die in der Faschingszeit veranstalteten Wirtschaften und Bauernhochzeiten, die am Wiener Hof bereits im 16. Jh. nachzuweisen sind. Bei diesen in romanischen Ländern unbekannten Festen übernahm das Kaiserpaar selbst die Rolle der Wirtsleute.
Eine weitere Besonderheit unter den Hoffesten des deutschsprachigen Raumes stellten die sog. Damencaroussele dar. Diese ausschließlich von adligen Damen gestalteten Ballette mit Ross und Wagen waren stets mit einem H. gekoppelt. (z. B. 2.1.1743 in Wien in der Spanischen Hofreitschule unter Teilnahme von Kaiserin Maria Theresia).
Die für die Bälle des französischen und des englischen Hofes charakteristische tänzerische Vielfalt und den Variantenreichtum stets neu erfundener Choreographien wiesen die Hofbälle des deutschsprachigen Raumes, und so auch die des Wiener Hofes, nicht auf. Neben dem Menuett, das im 18. Jh. den wesentlichen Tanz am Wiener Hof darstellte, wurden v. a. Kontertänze (Countrydance) in der Form des Longway-Typus geschätzt, die in Wien bereits um 1700 getanzt wurden. Auch nach dem Bekanntwerden der französischen Contredanses gegen 1720 wurden von Hof und Adel weiterhin die englischen Kontertänze favorisiert. Kaiserin Maria Theresia beispielsweise ließ sich von einem Sachkundigen spezielle Tanzfiguren erstellen (24 Figuren für den Contretanz. Wien, HHStA, Sammelbände 66: fol. 687–690). Für die französischen Kontertänze in Vierpaaraufstellung findet sich in der Wiener Tanzliteratur lediglich eine handschriftliche Quelle (Wiener Kontertanzhandschrift, A-Wn SM 1824), sie wurden jedoch als theatralische Schautänze bei höfischen Maskenbällen – insbesondere in Choreographien von G. Noverre – geschätzt. Ab der Mitte des 18. Jh.s wurde am Wiener Hof neben Menuetten und Kontertänzen auch „deutsch getanzt“ (Deutscher Tanz).
Politisch relevante Ereignisse fanden stets in der Abhaltung von Hofbällen sowie in den für diese Bälle verfassten Tänzen ihren Niederschlag. So wurden beispielsweise für die anlässlich des Wiener Kongresses 1814/15 stattfindenden Hofbälle von J. Wilde „Alexander’s Favorit-Taenze“ komponiert. Für den im Anschluss an den Slavenkongress 1848 in Prag veranstalteten Slavenball in Wien komponierte Adolf Winter Quadrillen, deren Untertitel slavische Völkernamen enthielten. Musikalisch wurden diese nationalen Differenzierungen jedoch selten zum Ausdruck gebracht. Hofbälle und Maskenbälle waren diejenigen Ballarten, bei denen die Quadrille am längsten in den Tanzordnungen aufschien.
In den letzten Jahrzehnten des 19. Jh.s, als der H. auch in Wien ein erstarrtes Requisit darstellte, wurden von Komponisten Konzertprogramme zusammengestellt, die als Potpourris Tänze früherer Hofbälle zur Aufführung brachten (z. B. E. Strauss am 18.11.1883 unter dem Titel: „Chronik der Wiener Tanzmusik. Vorführung der Musik zu den Tänzen, welche bei den k.k. Hoffestlichkeiten in den k.k. Redoutensälen während der Regierungszeit Ihrer Majestäten Kaiserin Maria Theresia, Leopold II., Ferdinand I. und Franz Joseph I., wie auch in den damaligen Vergnügungs-Localen Wien’s ausgeführt wurden“).
J. P. Cunningham, Dancing at the Inns of Court 1965; H. Lager/H. Seidl, Kontratanz in Wien 1983; E. Grossegger, Theater, Feste und Feiern zur Zeit Maria Theresias 1742–1776, 1987; A. Sommer-Mathis, Die Tänzer am Wiener Hofe im Spiegel der Obersthofmeisteramtsakten und Hofparteienprotokolle bis 1740 , 1992; M. Fink, Der Ball. Eine Kulturgesch. des Gesellschaftstanzes im 18. und 19. Jh. 1996.