Dische Dische Cesia
(Dischówna), Familie
Cesia
(eig. Celina, Caecilia):
*
1896-10-1616.10.1896
Drohobytsch/Galizien (Drohobycz/UA),
†
--?.9.1941
Lemberg/Deutsches Reich (Ľviv/UA).
Pianistin.
D. war die Tochter des Bankdirektors Simon Isak D. (* 27.7.1864 Stanisławów/Galizien [Iwano-Frankiwsk/UA], † 23.4.1929 Wien) und wuchs in
Lemberg auf, wo sie bereits als Kind erste Auftritte absolvierte. Hier erhielt sie Unterricht bei Vilém Kurz und trat u. a. mit dessen Tochter Ilona Kurzová und der Cellistin Guilhermina Suggia öffentlich auf. Als sie etwa neun Jahre alt war, hörte Max Reger sie bei einem Konzert in Kolberg (Kołobrzeg/PL), woraufhin dieser sie ausbilden wollte (der Unterricht kam jedoch nicht zustande). In
Wien hatte D. bereits im Alter von acht Jahren debütiert und nahm hier ca. ab 1907–15 privat Unterricht bei
Th. Leschetizky. Um die Tochter zu fördern, übersiedelte die Familie spätestens 1914 ganz nach Wien. Hier studierte D. 1915–19 am Neuen Wiener Konservatorium (
Musiklehranstalten Wien) bei
R. Robert und begann eine rege Konzerttätigkeit. Sie trat im
Konzerthaus,
Musikverein,
Ehrbar-Saal sowie im Volksheim Ottakring (Wien XVI) auf, darüber hinaus konzertierte sie auch in Berlin und Dresden/D. 1919 spielte sie als Solistin mit den
Wiener Symphonikern (Leitung:
G. Szell) an einem Abend Klavierkonzerte von
F. Chopin (Nr. 2 in f-Moll),
W. A. Mozart (d-Moll KV 466) und Felix Mendelssohn Bartholdy (Nr. 1 in g-Moll). 1919/20 wirkte D. außerdem an fünf Aufführungen von
A. Schönbergs Verein für musikalische Privataufführungen mit und spielte hierbei zusammen u. a. mit
O. Novakovic,
E. Steuermann oder
E. Bachrich. Bereits mit 17 Jahren erkrankte D. an Schizophrenie, die in mehreren Krankheitsschüben verlief, sie konnte jedoch in den ersten Jahren ihre Konzerttätigkeit aufrechterhalten. Ab Anfang 1921 war es ihr nicht mehr möglich, aufzutreten. Alfred Adler übernahm ihre Behandlung, nachdem Sigmund Freud sie als Patientin abgelehnt hatte. D. verbrachte daraufhin einige Jahre in einer Nervenheilanstalt. Um 1929 verbesserte sich ihr Zustand, und sie gab 1930 wieder einige Konzerte, nach 1936 spielte sie wieder im Ehrbar-Saal und in der Toynbee-Halle (Wien XX). Ihr letztes Konzert gab sie am 30.1.1938 an der Urania. Nach dem „Anschluss“ floh sie mit ihrer Mutter Serafina Schiffra (geb. Reich; * 14.7.1874, Drohobytsch?, † ?.9.1941 Lemberg) nach Lemberg, wo sie in einem Haus von Verwandten unterkamen. Im September 1941 wurden die beiden auf offener Straße erschossen.
Ihre Schwestern
Mania (Marnia, eig. Amalia, verh. Peretz): * 18.3.1899 Drohobytsch, † 11.3.1990 Ness Ziona/IL. Violinistin. Sie hatte als Kind Geige gelernt und trat in Wien u. a. mit dem jungen R. Serkin auf. Nach dem Anschluss floh sie mit ihrer Schwester Ada nach Rumänien, ging jedoch in den 1950er Jahren nach Israel. Sie war verheiratet mit Hermann Peretz.
Ada (eig. Adela, Adele, Adila, verh. Gerspacher, später Diché): * 6.1.1902 Drohobytsch, † 30.12.1989 London. Pianistin und Tänzerin. Lernte zunächst Klavier bei der Leschetizky-Schülerin Vilma Jurenka und trat gelegentlich auch mit ihren Schwestern auf. Später erhielt sie Tanzunterricht bei der G. Bodenwieser-Schülerin Grete Cohl. 1939 heiratete sie den französischen Maler und Trickfilmregisseur Karl Gerspacher (eig. Charles, * 5.10.1892 Mülhausen/Elsass-Lothringen [Mulhouse/FR], † 11.6.1973 Wien), die Ehe zerbrach jedoch bald darauf. Die weiteren Kriegsjahre verbrachte Ada als Tänzerin in Rumänien und eröffnete nach Kriegsende eine Tanzschule in Paris (französische Staatsbürgerschaft). Kurze Zeit später ging sie zu ihrer Schwester Anula (eig. Anna, verh. Allerhand, später Allen, * 15.5.1900 Drohobytsch, † 16.8.1979 London) nach London. Diese hatte an der Warschauer Universität in Philosophie promoviert und war als Schriftstellerin tätig. In dieser Zeit lebte sie bei ihrem Onkel, dem Politiker und Publizisten Leon Reich (* 11.6.1879 Drohobytsch, † 1.12.1929 Lemberg). Anula emigrierte mit ihrem Ehemann Max Gustav Allerhand (später Geoffrey Allen, * 17.9.1896 Wien, † 25.1.1965 London) über Italien und Frankreich nach London, wo sie während des Zweiten Weltkriegs bei dem Maler Leonid Pasternak (* 3.4.1862 Odessa/UA, † 31.5.1945 Oxford/GB) – einem entfernten Verwandten von Max – unterkamen.
Der Bruder
Zacharias (* 18.2.1895 Sambor/Galizien [Sambir/UK], † 17.1.1988 Englewood, New Jersey/USA) war Biochemiker („Dische-Probe“). Dessen Frau, die Pathologin Maria Renate (geb. Rother, * 24.7.1920 Breslau/D [Wrocław/PL], † 29.12.2001 New York/USA) hatte als Jugendliche Klavier gelernt und nahm in New York zeitweise Unterricht bei P. Wittgenstein. Deren Tochter ist die Schriftstellerin Irene Seraphine (* 13.2.1952 New York/USA). Diese verarbeitete ihre Familiengeschichte u. a. in den Romanen Der Doktor braucht ein Heim (1990) und Großmama packt aus (2005) sowie im Dokumentarfilm Zacharias (1986).
W. Szmolyan in
Schönbergs Verein für musikalische Privataufführungen Innsbruck, (Gert). 429ff..Ammann Graz, 1-7, Prag, Kassel, in Aderhold in: Werner (Michael). Litschauer/Walburga Kube Salzburg, 1971/72 55.Internationale Stiftung Mozarteum
Linz, 14/1 und 14/2, völlig neu bearbeitete Auflage/ Berlin, in Stammler in: Wolfgang (Kurt). Ruh Wien, in Grasberger in: Renate (Erich Wolfgang Anton Bruckner Dokumente und Studien). PartschJournal of Musicological Research. Aufl. 2-3 133–145. Atzenbrugg, Stuttgart, in Hermand in: Jost (Reinhold). Grimm Prag, Wien, 58 Musical Quarterly. Aufl. 349–364. 43, 281.39 Singende Kirche. Aufl. 127–132. New York, (Murray). Current Musicology. Aufl. 37-38 75–88.Dineen28 Musikforschung. Aufl. 153–156. 15, Berlin, in Müller in: Gerhard (Gerhard Theologische Realenzyklopädie). 770–778KrauseWien Innsbruck, Tutzing, (Hubert). 335ff..Unverricht Graz, Die Wiener Schule und die Alte Musik, Wien, in Muxeneder in: Therese (Eike Journal of the Arnold Schönberg Center 15). 247–259Feß Berlin, (Werner). 54 Schuder 29, Studien zur Musikwissenschaft. Aufl. 171–195. Lanham, Malmö, 1984;
Kuryer Lwowski (Lemberger Courier) 5.11.1910, 10, 9.2.1911, 4, 14.2.1911, 4, 30.4.1913, 10, 6.3.1914, 3, 12.3.1914, 4, 17.3.1914, 4;
Signale f. die musikalische Welt H. 52 (1913), 1963f, H. 47 (1920), 1128, H. 8 (1921), 152;
Fremden-Bl. 17.5.1915, 12;
NFP 21.12.1916, 13, 24.12.1916, 21, 27.1.1917, 12, 29.11.1930, 12;
Wr. Allgemeine Ztg. 14.5.1917, 2;
Der neue Tag 7.12.1919, 11, 11.1.1920, 10;
Neues Wr. Journal 31.12.1919, 10;
Freie Stimmen 11.7.1930, 8;
Kleine Volks-Ztg. 1.2.1930, 7, 14.1.1936, 11;
Die Stunde 31.5.1933, 9;
Gerechtigkeit 13.2.1936, 12;
Neues Wr. Tagbl. 30.1.1938, 14;
www.geni.com/people/Cesia-Dische/ (3/2021);
www.biospektrum.de (3/2021);
www.abil.at (3/2021);
https://yvng.yadvashem.org (12/2020);
www.ushmm.org/ (4/2021);
https://gedenkbuch.univie.ac.at (12/2020);
www.wikitree.com (4/2021); eigene Recherchen (Lehmannʾs Adresskalender;
www.anno.onb.ac.at [3/2021];
www.konzerthaus.at [3/2021];
www.jewishgen.org [4/20210];
www.ancestry.com [3/2021];
www.geni.com [3/2021]); pers. Mitt. Irene D. (3–5/2021).
4.2.2022
Meike Wilfing-Albrecht,
Art. „Dische (Dischówna), Familie“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
4.2.2022, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x003c1c1e
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