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Thaler, Thaler, true Isko (Isco, Isaaco, eig. Isak)
* --17.1.1902 Bohorodtschany/Galizien (Bogorodtschany/UA), † --nach 1950 (Ort?)/I?. Komponist, Arrangeur. Sohn des Kaufmanns Salomon T. (* 1.10.1876 Bogorodtschany, † nach 1949 [Ort?]) und dessen Frau Debora, geb. Blumenstein (* 15.4.1879 Jasin/PL, † nach 1949 [Ort?]). Als Kind erhielt er Geigenunterricht und machte seine ersten Kompositionsversuche. Nach vier Klassen Volksschule und zwei Klassen Gymnasium trat er am 31.1.1917 in Wien in die MAkad. ein und studierte zunächst Harmonielehre bei C. Horn, 1918–20 Kontrapunkt bei E. Mandyczewski. Sein Vater lebte damals in Waidhofen an der Thaya/NÖ. Ob die im Wiener Verlag Rosé 1919 erschienenen Lieder und ein Nocturne für Klavier op. 5, Nr. 2 von ihm stammen, ist offen. 1920 folgte Th. F. Schreker nach Berlin an die Staatliche Akademische MHsch., um bei ihm von Oktober 1920 bis Juli 1923 Komposition zu studieren (Studienkollegen u. a. E. Krenek, A. Hába, K. Rathaus). Am 22.7.1922 spielte F. Petyrek seine Variationen für Klavier in einem Konzert der Kompositionsklasse Schrekers. Eine von ihm erhoffte Fortsetzung des Studiums war aus familiären Gründen nicht möglich und Th. kehrte zurück nach Wien. Am 20.7.1924 sang die Altistin Martha Fuchs einige seiner Lieder bei den Donaueschinger Musiktagen (im selben Konzert wie die öffentliche EA von A. Schönbergs Serenade, op. 24). Ab spätestens 1929 arbeitete Th. als Arrangeur für verschiedene Musikverlage, darunter die Universal Edition (Bearbeitung von Werken von M. Brand und H. Eisler), die Edition Bristol und A. Robitschek. Eine enge Zusammenarbeit bestand dabei mit seinem Freund J. Stutschewsky, mit dem er im Verlag Peters 15 Hefte Meisterweisen (u. a. Werke von G. F. Händel, L. v. Beethoven, Luigi Boccherini) herausgab. Stutschewskys Neue Etüden-Sammlung für Violoncell (1931) sowie das von ihm herausgegebene Jüdische Jugendalbum (1937) enthält auch Beiträge Th.s. 1936 erstellte er eine Orchesterfassung von Stutschewskys Groteskem Marsch (UA 24.11.1936 Schweizer Rundfunk). Außerdem war Th. ab 1930 auch für die Wiener Selenophon als Arrangeur für Platten- und Filmaufnahmen tätig. Möglicherweise damit in Zusammenhang wechselte er als Komponist in die Unterhaltungsmusikbranche und komponierte in den 1930er-Jahren mehrere Schlager. Im Juni 1934 wurde ihm von einer namhaften Jury, darunter F. Lehár, E. Eysler, E. Kálmán, R. Stolz, K. Lafite, im Rahmen der Internationalen Filmfestwochen der erste Preis eines Tonfilmschlager-Wettbewerbs für seinen Schlager Muß mein Herz denn schweigen? (T: J. Berg als Otto Forst-Berg) zuerkannt und von der Kapelle F. Fox uraufgeführt. Th. hatte jedoch bereits im Vorfeld die Rechte an R. Danbergs kleinen Ibis-Verlag abgetreten und konnte keinen materiellen Gewinn erzielen. In drei Programmen des Kabaretts ABC (Die Diktatur des Lachens, Aller Bester Carneval und Viva Don Quichote) sowie im einzigen Programm Narrenstreiche von Der Eulenspiegel, einer Abspaltung des ABC, fungierte er 1934/35 als Hauskomponist und musikalischer Leiter (Nachfolger: J. Berg). Für weitere Programme des ABC im Jahr 1935 vertonte er Texte u. a. von Hans Weigel, Frank Wedekind und Peter Hammerschlag. Weil er seine Eltern nicht in Wien zurücklassen wollte, verzichtete er nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten auf eine Emigration nach London (Exil). Im Juni 1939 gelang ihm mit seinen Eltern die Flucht nach Mailand, wo er bis Mai 1940 beim Musikverlag Edizioni Suvini Zerboni tätig war. Eine Flucht von Bengasi/LAR aus nach Israel scheiterte, und Th. wurde im September 1940, nach dem Kriegseintritt Italiens, gemeinsam mit seinen Eltern interniert und ins Lager Ferramonti/I überführt. Hier gründete und leitete er eine kleine Kapelle, die auch Konzerte gestaltete und einige seiner Werke, die er dort komponierte, aufführte. Im Oktober 1942 folgte der Transfer nach Capranica/I. Im Jänner 1943 kam Th. erneut nach Ferramonti, im Dezember 1943 wurde er befreit. Im April 1944 übersiedelte er nach Bari/I und arbeitete für den dortigen Rundfunk u. a. als Arrangeur und Tonmischer. Im September 1947 ging er nach Rom und begann eine Tätigkeit bei der RAI. Anfang 1949 versuchte Th., mit Hilfe der International Refugee Organization, in die USA zu gelangen und wartete auf ein Affidavit seines in New York lebenden Cousins. Drei Monate später zog er seinen Antrag jedoch wieder zurück, um in Italien zu bleiben. In den 1950er Jahren war Th. wieder als Komponist und Arrangeur tätig. Danach verliert sich seine Spur.
Ehrungen
1. Preis und Ehrenpreis des Unterrichtsministeriums für seinen Schlager Muß mein Herz denn schweigen? (T: O. Forst-Berg) beim Tonfilmschlager-Wettbewerb der Internationalen Filmfestwochen Wien 1934; Widmungsträger von J. Stutschewskys Three Pieces for Piano 1941.
Tondokumente
TD: Franz Schreker's Masterclasses in Vienna and Berlin Vol. 4 (EDA records 2020).
Werke
Klavierwerke (Variationen, Im Hof des Rabbi); Lieder; Schlager (Zu jedem kommt einmal das große Glück, Warum immer Foxtrot, Ich hab’ eine kleine Liebe, Schenk mir deinen süßen Mund, Muß mein Herz denn schweigen?, Du, du nur allein, kleine Madonna, Komm’, schenk mir Dein Vertrauen); Bearbeitungen.
Literatur
S. Del Zoppo, „Ferramonti vergessen wir nicht“: Historical and Aesthetical Perspectives on Music in a Fascist Internment Camp 1940-45, Diss. Heidelberg 2018 (online: https://air.unimi.it); R. Deluca, Tradotti agli estremi confini. Musicisti ebrei internati nell’Italia fascista 2019; D. Schenk et al. (Hg.), Franz Schrekers Schüler in Berlin 2005; K. Voigt, Zuflucht auf Widerruf 2 (1993), 198; S. Pribil, „Die Freiheitsstatue um fünf Schilling“. Das „Cabaret ABC“ (1934-38), Diss. Wien 2017, 512f; Th. Stengel/H. Gerigk, Lex. der Juden in der Musik 1940; H. Brückner/C. M. Rock, Judentum u. Musik 31938; P. Gradenwitz, Music and musicians in Israel 1959; Neue Musik-Ztg. 8 (1924), 197f; Mein Film 444 (1934), 6; Die Stunde 29.12.1934, 4; Signale für die musikalische Welt 89 (1931), H. 49, 1157; Die Stimme 4.2.1938, 6; https://digitalcollections.its-arolsen.org (7/2022); www.eda-records.com (8/2022); Mitt. Archiv MUniv. Wien (7/2022); Mitt. Archiv Univ. der Künste Berlin (7/2022); eigene Recherchen (Jahresberichte der staatlichen akademischen HSch. f. Musik Berlin, www.anno.onb.ac.at).

Autor*innen
Monika Kornberger
Letzte inhaltliche Änderung
30.11.2022
Empfohlene Zitierweise
Monika Kornberger, Art. „Thaler, Isko (Isco, Isaaco, eig. Isak)‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 30.11.2022, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003ddaa2
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Neue Musik-Ztg. 45/8 (1924), 198© DigiZeitschriften
Die Stunde 23.6.1934, 3 © ANNO/ÖNB
Zeichenstunde aus Jüdisches Jugendalbum 1937© ÖNB
© ÖNB

DOI
10.1553/0x003ddaa2
GND
Thaler, Isko (Isco, Isaaco, eig. Isak): 1239208014
OBV
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