Theater an der Wien
Historisches Theatergebäude in Wien (VI, Linke Wienzeile 6). 1797–1800 erbaut, ersetzte es das
Freihaustheater auf der Wieden und wurde am 13.6.1801 mit
F. Teybers Oper
Alexander eröffnet. Erster Direktor war
E. Schikaneder (1801/02; 1805/06), ihm folgten
B. Zitterbarth (1802–04) und
P. v. Braun (1804–06), der das Gebäude 1804 auch kaufte. 1806–13 führte die
Gesellschaft der Cavaliere das Haus. Nach dem Scheitern des späteren Besitzers
Fe. Pálffy-Erőd (1813–25) mietete
C. Carl (1825–45) das Theater, 1845–50 führte
F. Pokorny das
Th. a. d. W. in Personalunion mit dem
Theater in der Josefstadt. Nachdem die Direktionszeit seines Sohnes
A. Pokorny (1850–62) mit Konkurs endete, übergab ein Gläubiger-Konsortium
F. Strampfer die Leitung (1862–69). Das Repertoire des
Th.s a. d. W. war von Beginn an breit gefächert und umfasste
Opern,
Operetten,
Singspiele,
Akademien,
Pantomimen und Schauspiele. So fanden hier zahlreiche UA.en statt, so von Werken
L. v. Beethovens (u. a.
Fidelio 1805 und die 5. Symphonie 1808), ebenso wie Heinrich von Kleists
Käthchen von Heilbronn (1810),
F. Grillparzers
Ahnfrau (1817),
Fr. Schuberts Bühnenmusik zu
Rosamunde (1823),
J. Nestroys
Einen Jux will er sich machen (1842) und
Der Zerrissene (1844). Unter Strampfer wurde der Schwerpunkt auf Operettenproduktionen gelegt, beginnend mit Werken
J. Offenbachs. Die Doppeldirektion
M. Geistinger und
M. Steiner (1869–75; Steiner allein 1875–80) setzte diesen Kurs fort und konnte mit
Joh. Strauss’ Sohn
Indigo und die vierzig Räuber (1871) und
Die Fledermaus (1874) Sensationserfolge erzielen, die
F. Steiner (1880–84) mit Strauss’
Lustigem Krieg (1881; Durchbruch des seit 1874 engagierten
A. Girardi) und
C. Millöckers
Bettelstudent (1882) fortsetzte. Unter Steiners Nachfolgern
A. v. Schönerer (1884–1900), Karl Langkammer (1900–01),
W. Karczag (1901–23),
H. Marischka (1925–35), Hans Knappl (1935–36) und Arthur Hellmer (1936–38) klang schließlich die Ära der Operetten-UA.en am
Th. a. W. mit Joh. Strauss’
Zigeunerbaron (1885),
C. Zellers
Vogelhändler (1891) und
Obersteiger (1894),
E. Eyslers
Bruder Straubinger (1903) und
Gold’ner Meisterin (1927),
F. Lehárs
Lustiger Witwe (1905) und
Graf von Luxemburg(1909),
L. Falls
Dollarprinzessin (1907),
E. Kálmáns
Gräfin Mariza (1924) und
Zirkusprinzessin (1926),
P. Abrahams
Victoria und ihr Husar (1930),
F. Kreislers
Sissy (1932) und
R. Benatzkys
Axel an der Himmelstür (1936) erfolgreich aus.
Während des Zweiten Weltkriegs war das Theater geschlossen, 1945–55 diente es als Ausweichbühne für die zerbombte Staatsoper. 1960 kaufte die Gemeinde Wien das Gebäude und eröffnete es nach einem Umbau durch Otto Niedermoser 1962 als Musical-Bühne (u. a. deutschsprachige EA von Mitch Leighs Mann von La Mancha 1968, UA der Eigenproduktion Helden, Helden von U. Jürgens 1972 und E. Halletz’ Die Gräfin vom Naschmarkt 1978), die aber auch zeitgenössischen Werken des Musik- und Sprechtheaters offen stand (Thomas Bernhards Die Berühmten 1976, G. v. Einems
Jesu Hochzeit 1980, F. Cerhas
Netzwerk 1981). Nach den Direktionen F. Klingenbecks (1962–65) und Rolf Kutscheras (1965–83) und dem 1981 erfolgten Einbau von modernen Licht- und Tonanlagen übernahm 1983 P. Weck die Intendanz des Hauses und konnte mit der deutschsprachigen EA von Andrew Lloyd Webbers Musical Cats eine Produktion vorstellen, die bis 1988 gespielt wurde. Daran schlossen sich Aufführungsserien von Das Phantom der Oper (1988–90, M: A. L. Webber), Les Miserables (1988–90, M: Claude Michel Schönberg) und der Eigenproduktion Freudiana (1990–92, M: Eric Woolfson) an. 1987 wurde das Th. a. d. W. zusammen mit dem Raimundtheater und dem Ronacher den Vereinigten Bühnen Wien eingegliedert. Letzte Premiere der Intendanz Weck war Elisabeth von Michael Kunze und Sylvester Levay (1992–98, 2003 wieder aufgenommen und bis 2005 gespielt), inszeniert von H. Kupfer. Auf Weck folgte 1993 R. Klausnitzer, der 1999–2000 mit Mozart!, einem weiteren Musical von Kunze und Levay, ebenfalls reüssieren konnte. 2006–2022 leitete der 2003 bestellte Kulturmanager Roland Geyer (* 29.12.1952 Wien) das Th. a. d. W. wieder als Opernhaus mit einem Schwerpunkt auf selten gespielten musikdramatischen (auch konzertant aufgeführten) Werken des 17. und 18. Jh.s sowie zeitgenössischen Werken gewidmet wurde. Seit 2022/23 ist der norwegische Opernregisseur Stefan Herheim (* 13.3.1970 Oslo) Intendant des Th. a. d. W.
Österreichischer Musiktheaterpreis „Goldener Schikaneder“ 2013 (Kategorie „Beste Gesamtproduktion“).
Czeike 5 (1997);
ÖMZ Sternstunden am Theater an der Wien. Eine Rückschau anlässlich der Wiedereröffnung (Österreichische Musikzeitschrift 17, Heft 6/7). 1962.17 (1962); A. Bauer,
150 Jahre Th. a. d. W. Anton Bauer, 150 Jahre Theater an der Wien. Zürich–Leipzig–Wien 1952. 1952; F. Hadamowsky,
Das Th. a. d. W.Franz Hadamowsky, Das Theater an der Wien. Wien 1962. 1962; A. E. Láng,
Das Th. a. d. W. Vom Singspiel zum Musical Attila E. Láng, Das Theater an der Wien. Vom Singspiel zum Musical. Wien–München 1976.1976; G. Tolar,
So ein Theater! Die Geschichte des Th.s a. d. W. Günter Tolar, So ein Theater! Die Geschichte des Theaters an der Wien. Wien 1991.1991;
www.theater-wien.at (1/2006);
www.musiktheaterpreis.at (6/2013); eigene Recherchen.
17.7.2024
Stefan Schmidl,
Art. „Theater an der Wien“,
in:
Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung:
17.7.2024, abgerufen am
),
https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e470
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